Gascha

Eine Geschichte aus der Ukraine 1918–1919

Im eisigen Winter 1919 steht eine kleine Bahnstation in der Ukraine im Zentrum eines dramatischen Konflikts. Der rote Panzerzug Nr. 75 ist blockiert, die Rotarmisten sind erschöpft und von Feinden umzingelt. In dieser spannungsgeladenen Nacht tritt Gascha, eine mutige Frau mit einer geheimnisvollen Vergangenheit, in das Leben der Soldaten. Ihre Geschichte, geprägt von Leid, Widerstand und unerschütterlichem Mut, enthüllt sich inmitten des Bürgerkriegs. Entdecken Sie ein packendes E-Book, das von Tapferkeit und Kampfgeist erzählt und dabei tief in die Geschichte und das Schicksal einer außergewöhnlichen Frau eintaucht. Lassen Sie sich von... alles anzeigen expand_more

Im eisigen Winter 1919 steht eine kleine Bahnstation in der Ukraine im Zentrum eines dramatischen Konflikts. Der rote Panzerzug Nr. 75 ist blockiert, die Rotarmisten sind erschöpft und von Feinden umzingelt. In dieser spannungsgeladenen Nacht tritt Gascha, eine mutige Frau mit einer geheimnisvollen Vergangenheit, in das Leben der Soldaten. Ihre Geschichte, geprägt von Leid, Widerstand und unerschütterlichem Mut, enthüllt sich inmitten des Bürgerkriegs. Entdecken Sie ein packendes E-Book, das von Tapferkeit und Kampfgeist erzählt und dabei tief in die Geschichte und das Schicksal einer außergewöhnlichen Frau eintaucht. Lassen Sie sich von Friedrich Wolfs meisterhafter Erzählkunst in eine vergangene Epoche entführen, die noch heute nachhallt.



Dann kam jener Tag. Ein Julitag. Ein starkes Gewitter war niedergegangen. Sie trieb mit Wasja die Pferde von der Koppel, um sie zu striegeln. Auf der Veranda des Gutshauses saß bei dem Obersten eine dicke blonde Frau; sie lachte, wie eine fette Henne gluckst. Es war die Frau des deutschen Gutsbesitzers Keller aus dem benachbarten Kolonistendorf. Sie tranken Kaffee und aßen Kuchen. Der Oberst rief jetzt: „Wasja, zeige der gnädigen Frau die Rappen!“ Wasja zog die zwei Traber wieder aus dem Stall und wollte sie kunstgerecht in gestrecktem Lauf vorführen; aber er glitt auf dem Lehm aus, schlug hin, die Pferde rasten im Galopp zurück in den Stall. „Idiot! Tölpel!“, schrie der Oberst, warf seine Tasse nach Wasja, die englischen Hunde sprangen hinzu. Gascha wischte Wasja den Lehm vom Rock und wollte mit ihm zum Stall. „Hiergeblieben!“, schrie der Oberst. „Da, warten!“

Der alte zaristische Offizier hatte sich für seine Diener und Batraken eine besondere Erziehungsmethode ausgedacht Rechts von dem gepflasterten Zugangsweg zur Veranda war eine aufgeweichte Stelle, wohin die Regentraufe des Daches ablief, ein richtiges Schlammloch. Dort ließ der Oberst Bernazkij hin und wieder seine Batraken, die mit Gesuchen kamen, warten, eine halbe Stunde, eine Stunde und mehr. Sie sanken dann langsam in den Lehm, bis zu den Knien, bis zum Bauch. Sie konnten sich ihr Gesuch nochmals „in Ruhe“ überlegen. Die beiden englischen Hunde standen abgerichtet daneben und verschwanden erst auf einen Pfiff ihres Herrn.

So stand auch Wasja jetzt auf dem Wartepunkt. Gascha war trotzig zu ihm getreten; sie waren Mann und Weib, sie gehörten zusammen. Nach dem Gewitterregen gab der lehmige Boden bald nach. Sie sanken ein bis über die Knie, ja bis zu den Schenkeln. Wie zwei eingerammte Pfosten staken die beiden lebenden jungen Menschen in der Erde. Oben auf der Veranda saßen der russische Oberst und die deutsche Gutsbesitzerin, Madame Keller, beim Kaffee. Nach einer halben Stunde kamen sie herunter. Wasja sollte einspannen, nur schwer arbeitete er sich aus dem Schlamm. Gascha stak so tief in der Erde, dass ihr Kopf der Gutsbesitzerin kaum bis zur Hüfte reichte. Wasja zog sie aus dem Lehm. Madame Keller meinte zu dem Obersten mit einem Lächeln: „Das ist sie? Ganz nett, bloß etwas schmutzig.“ – Gascha wurde blutrot vor Scham.



Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied; † 5. Oktober 1953 in Lehnitz) war ein deutscher Arzt, Schriftsteller und Dramatiker, der sich besonders durch seine politische und literarische Arbeit einen Namen machte.

Friedrich Wolf wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Er studierte von 1907 bis 1912 Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte in verschiedenen deutschen Städten und promovierte 1913 in Medizin. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Truppenarzt und entwickelte sich zum entschiedenen Kriegsgegner. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Dresden.

Wolf war ab 1928 Mitglied der KPD und verfasste zahlreiche politisch engagierte Werke. Sein bekanntestes Drama, "Cyankali" (1929), prangerte das Abtreibungsverbot des § 218 an und löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitete er als Arzt und engagierte sich für die Rechte der Arbeiterklasse.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Wolf 1933 in die Sowjetunion, wo er weiterhin literarisch aktiv war und für Radio Moskau arbeitete. Während des Spanischen Bürgerkriegs versuchte er, als Arzt an den Internationalen Brigaden teilzunehmen, blieb aber in Frankreich. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in Frankreich interniert, konnte jedoch 1941 mit sowjetischer Hilfe nach Moskau zurückkehren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR kulturpolitisch. Er war Mitbegründer der DEFA und der Deutschen Akademie der Künste. Zudem diente er von 1949 bis 1951 als erster Botschafter der DDR in Polen. Friedrich Wolf starb 1953 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.

Wolf hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das durch seinen politischen und sozialen Einsatz geprägt ist. Seine Söhne Markus und Konrad Wolf setzten sein Erbe als bedeutende Persönlichkeiten der DDR fort.

Staatliche Auszeichnungen

1943: Orden Roter Stern

1949: Nationalpreis der DDR II. Klasse für das Theaterstück Professor Mamlock

1950: Nationalpreis der DDR I. Klasse für den Film Rat der Götter.

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