Marusja, die tatarische Feldscherin
Der Autor erzählt das bewegende Schicksal einer jungen Frau, die mit unerschütterlichem Mut und unbändiger Hingabe den Verwundeten der Roten Armee im 2. Weltkrieg beisteht. Marusja, liebevoll "Schwesterchen" genannt, hat ihre Eltern und Schwester in den Wirren des Bürgerkriegs verloren und wuchs in einem Kinderheim auf. Sie entwickelte ein außergewöhnliches Organisationstalent und eine tiefe menschliche Verbundenheit, die ihr half, über sechzig Schwerverwundete aus einem brennenden Lazarettzug zu retten.
Diese historische Erzählung von Friedrich Wolf schildert die heroischen Taten einer tatarischen Krankenschwester an der Front und beleuchtet die unerschrockene Kraft und das Mitgefühl, das Menschen in den dunkelsten Zeiten hervorbringen können. Eine Geschichte über Tapferkeit, Zusammenhalt und die unermüdliche Hoffnung auf Frieden.
Marusjas Vorliebe für ihren späteren Beruf als Heilgehilfin äußerte sich vorerst noch in einer sehr primitiven Form. „Es machte mir eine besondere Freude, in sauberer weißer Schürze, in einem weißen Kittel herumzuwirtschaften“, erklärt sie uns lächelnd. Aber was sie vor allem lernte, als Vollwaise, in mehreren Kinderheimen, das war: ein gutes tätiges und freundliches Verhältnis zu Menschen zu gewinnen, sich in jeder Situation zurechtzufinden und eine Gruppe von Menschen zu einer gewissen Arbeit zusammenzufassen.
Dieses ihr besonders eigene Organisationstalent, von frühster Jugend geweckt und geübt in all den Kinderheimen, war entscheidend für ihre große erfolgreiche Leistung während des 6. und 7. Oktober 1941. In jenen Tagen, im Brennpunkt der gigantischen Schlacht um Moskau, rettete die kleine tatarische Feldscherin über sechzig Schwerverwundete aus einem brennenden Lazarettzug. Sie brachte unter dem Bombenregen der deutschen Stukas die Verwundeten während des Tages am Bahndamm in Sicherheit. Sie setzte in der Dämmerung die Leichtverwundeten in Marsch, nachdem sie in dem Wirrwarr der in nächster Nähe tobenden Schlacht die Abmarschmöglichkeit erkundet hatte. Sie trieb in stockfinsterer Nacht, im Wirbel der Truppenbewegungen, zwei Lastautos auf, brachte diese zu dem noch brennenden Zug, half selbst ihre sechzig Schwerverwundeten auf die Automobile umbetten und brachte dann alle bis auf den Letzten zu dem rückwärtigen Sanitätsbataillon nach Gshatsk. „Wenn etwas wirklich durchgeführt werden musste, so wurde es auch durchgeführt“, erklärt sie, „auch manche Sachen in den Kinderheimen an der Wolga waren nicht einfach, aber wir haben gelernt, uns in jeder Situation zurechtzufinden.“
Und noch ein zweites. Die Kämpfer der Roten Armee sind ihre Kinder, ihre Brüder. Alle nennen sie „Schwesterchen“. Ich glaube, das bezieht sich nicht so sehr auf ihren Beruf als Krankenschwester als vielmehr auf ihr Verhältnis, das sie zu den Menschen hat. Als sie spät am 8. Oktober die von ihr geretteten sechzig Schwerverwundeten dem Lazarettzug in Gshatsk zum Weitertransport übergab, da musste sie plötzlich weinen. „Es war mir so, als müsste ich meine Kinder hergeben.“ Sonst hat sie immer die Verwundeten getröstet. Jetzt mussten die Verwundeten sie trösten.
Das ist Marusja, die tatarische Feldscherin der Roten Armee. Sie ist wie ein gedrungener kraftgeladener Panzer, der jedes Hindernis überrennt. Sie ist zugleich ein gutes, gefühlvolles Mädel, dem die Tränen kommen, wenn sie ihre Verwundeten verlassen muss.
Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied; † 5. Oktober 1953 in Lehnitz) war ein deutscher Arzt, Schriftsteller und Dramatiker, der sich besonders durch seine politische und literarische Arbeit einen Namen machte.
Friedrich Wolf wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Er studierte von 1907 bis 1912 Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte in verschiedenen deutschen Städten und promovierte 1913 in Medizin. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Truppenarzt und entwickelte sich zum entschiedenen Kriegsgegner. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Dresden.
Wolf war ab 1928 Mitglied der KPD und verfasste zahlreiche politisch engagierte Werke. Sein bekanntestes Drama, "Cyankali" (1929), prangerte das Abtreibungsverbot des § 218 an und löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitete er als Arzt und engagierte sich für die Rechte der Arbeiterklasse.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Wolf 1933 in die Sowjetunion, wo er weiterhin literarisch aktiv war und für Radio Moskau arbeitete. Während des Spanischen Bürgerkriegs versuchte er, als Arzt an den Internationalen Brigaden teilzunehmen, blieb aber in Frankreich. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in Frankreich interniert, konnte jedoch 1941 mit sowjetischer Hilfe nach Moskau zurückkehren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR kulturpolitisch. Er war Mitbegründer der DEFA und der Deutschen Akademie der Künste. Zudem diente er von 1949 bis 1951 als erster Botschafter der DDR in Polen. Friedrich Wolf starb 1953 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.
Wolf hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das durch seinen politischen und sozialen Einsatz geprägt ist. Seine Söhne Markus und Konrad Wolf setzten sein Erbe als bedeutende Persönlichkeiten der DDR fort.
Staatliche Auszeichnungen
1943: Orden Roter Stern
1949: Nationalpreis der DDR II. Klasse für das Theaterstück Professor Mamlock
1950: Nationalpreis der DDR I. Klasse für den Film Rat der Götter.
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- Artikel-Nr.: SW9783689120726458270
- Artikelnummer SW9783689120726458270
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Autor
Friedrich Wolf
- Wasserzeichen ja
- Verlag EDITION digital
- Seitenzahl 30
- Veröffentlichung 01.08.2024
- ISBN 9783689120726
- Wasserzeichen ja