Treck der verlorenen Seelen

Missouri - Band 3

Wenn die rothaarige Angela Redgrave nicht gewesen wäre, hätte ich diesen Job niemals angenommen. Aber Angela hatte nun einmal dieses gewisse Etwas, dem ein Mann nicht so leicht widerstehen kann. Ich schloss also einen ganz bestimmten Pakt mit ihr. 5000 Dollar sollte mir die ganze Sache einbringen. Es ging darum, eine ganz bestimmte Fracht ins Goldland der Sierra Naril zu schaffen, doch worum es in Wirklichkeit ging, merkte ich erst, als ich mitten im größten Verdruss meines Lebens steckte. Es war wirklich das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann … Ein Ruck ging durch die Overland-Postkutsche, als der Driver das Sechsergespann abbremste. Achsen... alles anzeigen expand_more

Wenn die rothaarige Angela Redgrave nicht gewesen wäre, hätte ich diesen Job niemals angenommen. Aber Angela hatte nun einmal dieses gewisse Etwas, dem ein Mann nicht so leicht widerstehen kann. Ich schloss also einen ganz bestimmten Pakt mit ihr. 5000 Dollar sollte mir die ganze Sache einbringen. Es ging darum, eine ganz bestimmte Fracht ins Goldland der Sierra Naril zu schaffen, doch worum es in Wirklichkeit ging, merkte ich erst, als ich mitten im größten Verdruss meines Lebens steckte. Es war wirklich das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann …



Ein Ruck ging durch die Overland-Postkutsche, als der Driver das Sechsergespann abbremste. Achsen quietschten gequält. Das grelle Wiehern der Pferde riss mich aus meinem Halbschlummer.

Außerdem war ich durch das ruckartige Abbremsen nach vorn gerutscht und beinahe auf dem Schoß einer reizenden Lady gelandet, die mir gegenübersaß. Mit uns saßen noch vier weitere Passagiere in der Stage Coach der Wells Fargo Company.

»Entschuldigung, Ma'am«, sagte ich und lehnte mich wieder zurück.

Die rothaarige junge Frau schenkte mir ein reizendes Lächeln. Dabei straffte sich ihr schlanker Körper, der wie eine einzige Herausforderung wirkte. Dass die Lady eine tadellose Figur besaß, war mir schon aufgefallen, als sie in Tombstone die Kutsche bestiegen hatte.

Die vier anderen Mitreisenden starrten mit entsetzten Gesichtern aus den Fenstern. Und erst jetzt sah auch ich die Reiter, die links und rechts die Postkutsche flankierten.

Das Gefährt wurde langsamer und blieb dann abrupt stehen.

Ich tastete zum Revolver, als ich die Colts und Gewehre in den Fäusten der Reiter sah. Dann zog ich die Hand aber rasch wieder zurück.

Es mussten mehr als fünf Männer sein, denen es gelungen war, die Postkutsche anzuhalten. Und sie würden die Stage Coach in ein Sieb verwandeln, sobald wir uns zur Wehr setzten.

Die rothaarige Lady starrte mich entsetzt aus ihren grünen Katzenaugen an. Ihre sonst so lockenden Lippen öffneten sich zu einem lautlosen Schrei.

»Ein Überfall«, ächzte ein dicker Mann, über dessen Glatze plötzlich große Schweißperlen rannen.

Der Dicke griff an sein Herz. Ich vermutete aber, dass er mehr nach seiner Brieftasche tastete, um deren Inhalt er sich sorgte.

Die drei übrigen Männer, es mussten Cowboys oder Goldgräber sein, sanken auf ihre Plätze zurück. Sie sahen alle nicht danach aus, als würden sie große Dollarbeträge mit sich herumschleppen.

Die beiden Drivers auf dem Kutschbock fluchten. Auch sie hatten nicht zu den Waffen gegriffen. Daher vermutete ich, dass es weit mehr Outlaws waren, als wir von hier drinnen sehen konnten.

»Aussteigen, Ladies und Gentlemen«, rief eine heisere Stimme. »Verhalten Sie sich ruhig, dann wird keinem etwas geschehen. Wir wollen, dass alles sehr friedlich über die Bühne geht!«

Ich lächelte hart. Sprüche dieser Art kannte ich. Es war nicht das erste Mal, dass ich in einer Postkutsche saß, die von verdammten Hundesöhnen angehalten wurde.

Meist hatte ich mich wie ein Tiger gewehrt. Doch diesmal verhielt ich mich ruhig.

Warum sollte ich mein Leben riskieren, wo ich höchstens noch fünf Dollar besaß?

Die rothaarige Lady senkte den Kopf. Ihr vorher so rosiges Gesicht war fahl geworden.

Jetzt sah sie mich an - hilfesuchend, flehend. Ihr Blick ging mir durch und durch.

Heiliger Rauch - ich konnte wenigstens im Moment nichts tun, sonst würde ich so viel Blei schlucken, dass es mir wieder zu den Ohren herauslief.

Die vier anderen Mitreisenden verließen die Kutsche und blieben mit erhobenen Händen vor dem Gefährt stehen.

»Nach Ihnen, schönes Kind«, sagte ich und lächelte beruhigend. »Wird schon nicht so schlimm werden. Diese Halunken haben es nur auf harte Greenbacks abgesehen. In ein paar Minuten geht für uns alle die Reise weiter.«

Die rassige Schöne schüttelte stumm den Kopf.

»Verdammt noch mal!« polterte die heisere Stimme. »Wenn ihr .nicht gleich rauskommt, lasse ich euch holen. Gleich ist es mit meiner Geduld vorbei. Wir können auch ein Preisschießen veranstalten, wenn's euch lieber ist!«

»Vorwärts, Lady«, sagte ich nickend. »Diese Typen spassen nicht. Wir dürfen sie nicht reizen, sonst drehen diese Höllenhunde durch.«

Meine reizende Begleiterin schluckte mehrmals. Ein dicker Kloß schien in ihrer Kehle zu stecken.

Dann aber kletterte sie zur Stage Coach hinaus.

Ich folgte ihr.

Und jetzt war ich richtig froh, dass ich mich nicht gewehrt hatte. Es waren acht hartgesottene Outlaws, die lässig in den Sätteln hockten und mit ihren Waffen auf uns zielten.

Einige der Kerle grinsten spöttisch.

Als sie meinen tiefgeschnallten Revolver sahen, verwischte ihr Lächeln. Sie sahen mich aus schmalen Augen an, ahnten wohl, dass ich meinen Colt nicht nur zur Zierde trug. So war es auch.

Ich konnte mit meinem Eisen die Hölle loslassen. Das hatte ich schon oft bewiesen.

Ich hatte als Marshal mehr als eine wilde Stadt gezähmt und auch als Kopfgeldjäger so manchen Halunken hinter Gitter gebracht.

Dann verloren die Banditen plötzlich das Interesse an mir. Sie starrten die rothaarige Schöne an. Und ich ahnte plötzlich, dass der Überfall allein der jungen Frau galt, die hilflos neben mir stand und sich wohl am liebsten in ein Mauseloch verkrochen hätte.

Einer der Outlaws hielt ein gesatteltes Pferd an den Zügeln. Und das verstärkte meinen Verdacht.

Die beiden Stage-Coach-Fahrer saßen mit erhobenen Händen und verbiesterten Gesichtern auf dem Kutschbock. Sie drohten an ihrem Grimm zu ersticken. Ihre Schrotflinten lagen nach wie vor neben ihnen.

»He, Miss«, sagte ein bulliger Mann um die Vierzig, anscheinend der Anführer dieser rauen Horde. »Sie sollten ganz schnell in den Sattel des Braunen klettern, damit wir verschwinden können. Vorwärts, sonst helfe ich nach! Es wäre bestimmt reizvoll, Sie in den Sattel zu heben.«

Der bullige Mistkerl lachte dreckig. Sicherlich malte er sich in Gedanken aus, wie es sein würde, die reizvolle Lady auf die Arme zu nehmen.

»In Ordnung, Mister«, sagte die Frau gepresst. Sie ließ die Schultern sinken und ging auf den hochbeinigen Braunen zu. Schon wie sie in den Sattel stieg, sagte mir, dass sie eine erfahrene Reiterin war.

»So ist es richtig, Rotschopf«, sagte der Anführer der Outlaws. Dann wandte er sich mir und meinen vier Mitreisenden zu. »Das wär's gewesen, Leute. An euren Dollars sind wir nicht interessiert. Ihr solltet jetzt einsteigen und eure Reise fortsetzen. Und wenn ihr klug seid, dann vergesst diesen kleinen Zwischenfall.«

Der Schurke sah uns hart an.

Besonders mich fixierte er etwas länger als meine Begleiter. Ich verzog keine Miene.

»Ihr solltet wissen, dass die Lady ihrem Mann ausgerissen ist. Wir bringen sie nur zu ihm zurück. Das ist alles - eine Familienangelegenheit. So, nun ab mit euch in die Kutsche!«

Mein Blick kreuzte sich mit dem der schönen Frau. Und sie schüttelte plötzlich kaum merkbar den Kopf, als wolle sie die Worte des bulligen Kerls als Lüge abtun.

Ich reagierte nicht, sondern stieg in die Kutsche. Die vier Männer folgten mir. Besonders dem dicken Reisenden stand die Erleichterung ins Gesicht geschrieben.

Der Kutscher trieb sein Gespann lautstark an und geizte auch nicht mit saftigen Flüchen. Die Peitsche knallte, während die Stage Coach anruckte und Staub aufwirbelte.

Ich hielt meinen Kopf zum Fenster hinaus und blickte zurück. Die acht Outlaws starrten uns hinterher. Und die rothaarige Schöne wirkte sehr verloren zwischen diesen rauen Burschen.

Verdammt - sie tat mir leid.

Wenn ich mir vorstellte, wie diese Dreckskerle über die Frau herfielen, dann begann mein Blut zu kochen.

Fahrtwind kühlte mein Gesicht. Meine dunkelblonden Haare flatterten. Ich setzte mich wieder.

»Das ist verdammt knapp gewesen«, brummte der dicke Begleiter. Ich hielt ihn für einen Viehhändler oder Minenboss »Jetzt brauche ich aber 'nen kräftigen Schluck, um den Schock zu verdauen.«

Der fette Mann zog einen Flachmann aus irgendeiner Tasche, öffnete den Verschluss und setzte die Flasche an die wulstigen Lippen. Gurgelnd rann der scharfe Alkohol in seine Kehle.

»Na, na, lassen Sie ruhig noch was übrig«, sagte einer der Cowboys grinsend. »Auch uns steckt der Schreck gehörig in den Knochen, Mister. Sie wollen uns doch nicht verdursten lassen?«

Der Dicke reichte die Flasche nur widerwillig weiter. Ich lehnte dankend ab. Mir war es jetzt nicht nach einem Drink.

Ich streckte den Kopf erneut zum Fenster hinaus. Die Banditen ritten auf die Whetstone Mountains zu. Ich prägte mir ihren Trail ein.

Mein Entschluss stand fest.

Ich würde die rothaarige Lady den Klauen dieser Halunkenbrut entreißen. Ich konnte es einfach nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, eine hilflose Frau in den Händen dieses Gesindels zu lassen.



*



»Sie scherzen wohl, Mister?« fragte einer der bärtigen Wells-Fargo-Drivers und sah mich ungläubig an. »Wollen Sie wirklich diesen Kerlen hinterher reiten? Das sind acht harte Brocken.«

Ich lächelte nur salzig.

Auch meine vier Mitreisenden sahen mich verblüfft an. Es erschien ihnen wohl unglaublich, dass ich Kopf und Kragen riskieren wollte, um die Gefangene zu befreien.

»Einer muss es ja tun, Oldman«, sagte ich zu dem bärtigen Kutscher. »Ich möchte nur ein Pferd aus dem Gespann. Das ist schon alles. Ich liefere es bei der nächsten Pferdewechselstation wieder ab.«

»Hören Sie, Mister. Das sind keine Reitpferde. Außerdem haben wir keinen Sattel. Das wird . . .«

Langsam verlor ich die Geduld.

»Das weiß ich alles, zum Geier. Rücken Sie jetzt einen Ihrer Klepper raus oder nicht?«

Fünf Minuten später ritt ich davon. Dem Kutscher hatte ich noch seine Parker Gun abgeschwatzt. Und gegen diese Schrotflinte war kein Kraut gewachsen - vorausgesetzt, die Entfernung zum Gegner war nicht zu groß.

Der Vierbeiner aus dem Gespann gab sich schon nach einigen hundert Yards sehr willig. Ich saß wie festgeschweißt auf dem Pferderücken. Schließlich hatte ich das Reiten vor dem Laufen gelernt, denn ich war auf einer Ranch in Texas aufgewachsen.

Eine halbe Stunde später erreichte ich den Ort des Überfalls. Von den Kidnappern war nichts zu sehen. Sie waren in dem hügeligen, unwegsamen Gelände untergetaucht.

Die Frage war, ob die Strolche mit Verfolgern rechneten und sich dementsprechend abgesichert hatten. Das aber würde ich schnell herausfinden, denn in Spielchen dieser Art kannte ich mich aus.

Ich folgte den Fährten, die sich deutlich abzeichneten, und lauerte ins weite Rund wie ein Lobo, der mit hungrigem Magen eine Beute suchte.

Der Vorsprung der Banditen war nicht sehr groß. Falls es keine Schwierigkeiten geben würde, musste ich die Strolche sehr schnell eingeholt haben. Um nicht in einen Hinterhalt zu geraten, ritt ich auf einen Hügel zu, von dessen Kuppe ich mir eine gute Aussicht versprach.

Ich wurde nicht enttäuscht.

Die acht Kidnapper waren über eine halbe Meile entfernt. Sie hielten auf ein kleines Wäldchen zu. Nun wusste ich, dass keiner der Mistkerle zurückgeblieben war, um den Trail zu beobachten.

Vor der Waldinsel sprangen die Burschen aus den Sätteln. Die Rothaarige wurde von einem der Burschen brutal vom Pferderücken gerissen. Der Kerl wollte sich auf das Girl werfen, doch seine Kumpane hielten ihn zurück.

Mir wurde schnell klar, was die Halunken dort drüben vorhatten. Sie wollten die Lady entehren und anschließend umbringen. Letzteres schien der Auftrag der Outlaws zu sein.

Sie wollten noch ein bisschen Spass mit ihrem hilflosen Opfer haben. Ich aber nahm mir vor, den Kanaillen kräftig in die Suppe zu spucken!

Viel Zeit würde mir nicht bleiben, um das Leben der jungen Frau zu retten. Ich sputete mich sehr. Eine Dreiviertelmeile legte ich auf dem Rücken meines Braunen und den Rest zu Fuß zurück.

Bald hatte ich mich bis auf eine knappe Steinwurfweite an das Gesindel herangeschlichen.

Die Rothaarige lag regungslos am Boden. Ihre Bluse war zerrissen. Ihre festen Brüste drängten ins Freie. Das Girl starrte aus geweiteten Augen auf die acht Hundesöhne, die sie umringten und die Reihenfolge auslosten, in der sie über ihr Opfer herfallen wollten.

Meine Augen wurden schmal. Ich kroch noch näher an die Galgenvögel heran und richtete dann die Parker Gun auf die acht Outlaws.

Ich war bereit, die Hölle loszulassen, falls mich die Hundesöhne dazu zwingen sollten!

Einer der Kerle lachte dröhnend und schlug sich auf die Oberschenkel, dass es nur so krachte. Er streifte die Hosenträger von den Schultern und nickte seinen sieben Kumpanen zu.

»Haut ab, Amigos«, röhrte er. »Ich vertrag's nicht, wenn mir jemand dabei zuschaut.«

Mir reichte es jetzt endgültig.

Ich richtete mich hinter dem Feigenkaktus hoch, der mir als Deckung gedient hatte, und blieb kerzengerade vor diesem menschlichen Abschaum stehen.

Noch hatte mich keiner dieser Dreckskerle gesehen, denn sie wandten mir die Rücken zu und hatten nur Augen und Ohren für die rothaarige Schönheit zu ihren Füßen.

»Der Spass ist zu Ende, ihr Ratten!« stieß ich zornig hervor. »Nehmt die Pfoten hoch, oder ich fülle euch mit heißem Blei!«

Sie schienen zu erstarren. Dann drehten sie sich langsam und vorsichtig um.

Ihre Gesichter verloren einiges an Farbe, als sie mich sahen. Und auch die Parker Gun verfehlte ihre Wirkung nicht.

»Du solltest dich da raushalten, Mister«, sagte der bullige Anführer der Outlaws, nachdem er den ersten Schock weggesteckt hatte. »Wir haben dich nicht zu dieser Party eingeladen. Also schleich dich schon, mein Junge. Anschließend kannst du mit dem Girl machen; was du willst.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Hoch mit den Händen!« kommandierte ich. »Wenn einer von euch auch nur eine unvorsichtige Bewegung riskiert, geht die Schrotflinte los. Und ihr könnt euch leicht ausrechnen, dass dann kein Auge trocken bleibt!«

Die Banditen starrten mich noch immer an. Anscheinend rechneten sie sich eine Chance aus, mit mir fertigzuwerden. Immerhin waren sie zu acht. Und wenn sie sich schnell genug bewegten, konnte ich sie niemals alle gleichzeitig mit der Schrotflinte erwischen.

Ich las es Sekunden später deutlich in ihren Augen, dass sie nicht daran dachten, sich von einem einzelnen Mann besiegen zu lassen.

Dann ging es auch schon los.

Der bullige Anführer kreischte wie ein angeschossener Puma los. Die Outlaws sausten auseinander, als wäre in ihrer Mitte eine Granate eingeschlagen. Dabei schrien sie heiser, um sich gegenseitig anzufeuern.

Natürlich zuckten auch ihre Hände blitzschnell nach den Colts an ihren Oberschenkeln.

Ich hatte keine Wahl; ich musste feuern.

Die Parker Gun dröhnte wie eine kleine Kanone, als ich beide Läufe abfeuerte. Und es wurde schlimm für diese Mistkerle.

Alle bekamen das heiße Blei zu schmecken. Ihre triumphierende Schreie wandelten sich in klägliches Stöhnen und Wimmern. Zwei der Halunken rührten sich nicht mehr. Andere kauerten fassungslos am Boden.

Nur drei der Kerle hatten noch nicht genug.

Ich ließ die nutzlos gewordene Schrotflinte sinken und zauberte meinen Colt aus dem Holster.

Obwohl meine drei Gegner ihre Eisen bereits gezogen hatten, war ich schneller.

Mein Eisen schien sich in ein Lebewesen zu verwandeln. Es spuckte Feuer und Blei.

Diese verdammten Mistkerle kamen nicht zum Schuss. Sie ließen ihre Colts fallen. Ich hatte ihnen heißes Blei in ihre Revolverarme gejagt.

Die Banditen hatten genug.

Der Kampf war vorbei.

Ich entwaffnete die Verwundeten, deren Gesichter kreidebleich waren. Die Halunken stöhnten und jammerten.

Dann trat ich auf das Girl zu, das zum Glück nichts von der heißen Bleisaat abbekommen hatte. Ein Seufzer drang von ihren Lippen. Dann richtete sie sich auf und raffte hastig die zerrissene Bluse zusammen, um ihre Blößen zu bedecken.

»Danke, Mister«, hauchte sie. »Sie haben mir das Leben gerettet. . .«

Ich winkte ab.

»Schon gut, Kleines«, sagte ich. »Mein Name ist Eric Russel. Sie sollten ganz schnell die letzten Minuten vergessen. Sie sind in Sicherheit. Ich bringe Sie zur nächsten Pferdewechselstation.«

»Angela Redgrave«, flüsterte sie. »Ich stehe tief in Ihrer Schuld, Mr. Russel. Wenn Sie nicht gekommen wären . . .«

Das Girl sprach nicht weiter. Sie schauderte zusammen.

Ich blickte zu den acht Halunken hinüber, die noch immer vor Schmerzen stöhnten. Alle Kaltschnäuzigkeit und Überheblichkeit war aus ihren Gesichtern verschwunden.

»Ich verbinde die Wunden der Kerle«, sagte ich zu Angela Redgrave. »Dann aber sollten Sie mir erzählen, warum Sie in diese Klemme geraten sind. Natürlich nur, wenn Sie es wollen.«

Ich versorgte die Verwundeten. Das Blei aus der Parker Gun und meinem Revolver holte ich den Kerlen nicht heraus. Das sollte ein Doc tun.

»Irgendwann wirst du dafür büßen«, drohte mir der bullige Boss der rauen Horde. »Du hättest dich nicht in dieses Spiel einkaufen sollen. Das kostet dich den Kopf. Verlass dich darauf!«

»Wenn deine anderen Kumpane auch solche Pfeifen sind, wie ihr es seid, dann ist mir davor nicht bange«, antwortete ich grinsend. »Du solltest lieber deine Klappe halten und klein und hässlich werden, sonst schieße ich dir eine Kugel durch deinen dummen Schädel!«

Der bullige Halunke schwieg erschrocken.

Ich marschierte zu der rothaarigen Schönen zurück. Die Angst war aus ihren grünen Katzenaugen gewichen. Sogar ein freundliches Lächeln stahl sich auf ihre vollen Lippen.

»Nochmals vielen Dank, Eric«, sagte Angela. »Ich finde, wir sollten alle Förmlichkeiten lassen.«

Ich nickte ihr zu.

»Einverstanden, Angela. Und jetzt solltest du mir vielleicht erklären, welcher Hundesohn dir diese acht Höllenhunde auf den Hals gehetzt hat!«

Das Girl zögerte und sah mich forschend an. Ich hielt ihrem Blick stand, bis sie errötend den Kopf senkte.

»Ich habe dich kämpfen sehen, Eric Russel«, sagte sie leise. »Es gibt nicht viele Männer, die es mit einer Horde von acht Banditen gleichzeitig aufgenommen hätten. Du hast alles riskiert - und gewonnen.«

Ich lächelte matt.

»Weißt du, Angela, ich habe in den letzten Jahren dem Teufel öfters in die Suppe gespuckt. Dieses raue Land hat mich hart gemacht. Ich weiß meinen Mann zu stehen, Und ich kann es nun einmal nicht ausstehen, wenn ein Hilfloser gequält wird. Schon gar nicht, wenn es sich dabei um eine Frau handelt.«

Sie griff impulsiv nach meiner Hand.

»Hilf mir, Eric. Ich würde dich auch gut dafür bezahlen. Ich stecke bis über beide Ohren in der Klemme. Das ist erst der Anfang gewesen. Und wenn Joe Forsyth erfährt, dass ich noch lebe, wird er erneut nach Mitteln und Wegen suchen, um mich zu töten.«

Sie ließ meine Hand los. Ich bedauerte das sofort, denn es war sehr angenehm gewesen, ihre zarten Finger zu spüren.

»Wer ist John Forsyth?«

»Hast du noch nie von dem Big Boss aus Tucson gehört?« fragte sie zurück und sah mich misstrauisch an.

»Nein, ich komme aus Mexiko und will weiter nach Utah. In Tucson wollte ich für einige Tage eine längere Pause einlegen.«

»Ich bin früher seine Partnerin gewesen, doch dann schmeckten mir die Praktiken dieses Mannes nicht mehr. John Forsyth geht über Leichen. Er macht lange Schritte, wie man so sagt.«

»Warum will er dich töten? Weißt du zu viel von ihm, oder bist du mit seinem Bargeld abgehauen?«

Angela Redgrave wich einen Schritt zurück.

»Für wen hältst du mich eigentlich?« fauchte sie. »Ich bin weder eine Diebin noch ein Flittchen. Ich bin auch niemals Forsyths Geliebte gewesen, obwohl er es immer wieder versucht hat, mich in sein Bett zu ziehen. Ich bin stets für klare Verhältnisse. Mit einem Geschäftspartner läuft da überhaupt nichts.«

Ich musste unwillkürlich das Gesicht verzogen haben, denn nun lächelte die rothaarige Tigerkatze spöttisch.

»Ich biete dir 5 000 Dollar, Eric Russel, wenn du in meine Dienste trittst und dafür sorgst, dass ich am Leben bleibe.«

Ich zog die rechte Augenbraue in die Höhe.

»5 000 Bucks?« fragte ich interessiert. »Hast du überhaupt so viel?«

»Gewiss!«, antwortete Angela.

»Warum schwingst du dich nicht einfach auf eines der Pferde und verschwindest über alle Berge?«

»Wenn's nur so einfach wäre«, murmelte sie. »Ich war auf dem Weg nach Tucson, also geradewegs in die Höhle des Löwen. Big Boss Forsyth wollte mit allen Mitteln verhindern, dass ich mein Ziel erreiche. Darum ließ er mich von diesen acht Mistkerlen aus der Kutsche holen.«

Angela Redgrave legte eine Pause ein und sah mich schon wieder mit diesem forschenden Blick an.

»Nur zu, Kleines«, munterte ich sie auf. »Ich kann mir schon denken, dass da irgendwo noch ein ganz gewaltiger Haken ist.«

»Richtig, Eric. In Tucson erwartet mich ein Wagentreck, den ich finanziert habe. Und meine Mittelsmänner haben alles prächtig vorbereitet. Nicht einmal Forsyth ahnt, was ich vorhabe. Wir haben ihn täuschen können, obwohl seine Leute alles überwachen.«

»Du machst es aber verdammt spannend«, entgegnete ich. »Warum redest du andauernd um den heißen Brei herum?«

»Gut, Eric. Ich denke, dass ich dir vertrauen kann. Und solltest du an dem Job nicht interessiert sein, dann bitte ich dich, das alles schnell zu vergessen.«

Angela Redgrave sah mich fragend an.

»Einverstanden, Rotschopf.«

»In der Sierra de la Maril - ungefähr 150 Meilen von Tucson entfernt - wurde Gold gefunden. Dort hausen mehr als fünfhundert Diggers unter sehr elenden Verhältnissen. Lebensmittel werden im wahrsten Sinne des Wortes mit Gold aufgewogen. Und mein Frachtzug besteht aus zehn Conestogas, bis obenhin gefüllt mit lebensnotwendigen Dingen für die Goldgräber.«

»Das Geschäft deines Lebens, nicht wahr?«

Angela nickte.

»So ist es. Ich vermute, dass auch Big Boss Forsyth von der Sache Wind bekommen hat. Es ist gut möglich, dass er in den letzten Tagen ebenfalls einen Treck ausgerüstet hat. Ich muss die Goldberge zuerst erreichen, sonst ist alles verloren. Wenn Forsyth erfährt, was ich vorhabe, wird er alle Hebel in Bewegung setzen, damit mein Frachtzug niemals das Goldland erreicht.«

Ich nickte nur.

»Und du glaubst, dass ich der richtige Mann bin, um das alles zu schaukeln?«

»Du könntest es schaffen, Eric Russel. Du bist aus einem besonderen Holz geschnitzt. Das habe ich im ersten Augenblick erkannt – bereits in der Kutsche. Du bist ein Mann, der niemals aufgibt.«

»Wenn ich einige Jahre jünger wäre, würde ich jetzt bestimmt einen roten Kopf vor so viel Lob bekommen«, spottete ich. »Gut, Kleines. Lass uns zusammen nach Tucson trauen. Ich überlege mir unterwegs, ob ich bei dir einsteigen will.«

Ich blickte zu den acht Halunken hinüber, die abseits hockten und noch immer unter ihren Schmerzen litten.

»Was soll mit diesem Gesindel geschehen?«

»Wir lassen die Kerle ohne Pferde zurück. Sie sollen zu Fuß nach Tombstone zurückmarschieren.«

»Du brauchst einen Vorsprung, denke ich. Gut, keiner der Kerle ist so schwer verwundet, dass er den Marsch nicht durchhalten könnte. Außerdem haben diese Höllenhunde genügend Zeit, um über alles nachzudenken.«

»In Ordnung, Eric. Dann lass uns reiten. Wir haben wirklich nicht viel Zeit zu verlieren, sonst gewinnt Forsyth einen Vorsprung, der nicht mehr einzuholen ist. Und ich möchte den Big Boss schlagen. Es muss mir gelingen, ihn in die Schranken zu weisen und ihm endlich mal seine Grenzen zu zeigen!«

Unterdrückter Hass schwang in ihrer Stimme mit.

Einige Minuten später ritten wir los und nahmen die restlichen Pferde und auch das Gespannpferd mit. Die acht Banditen blieben fluchend zurück.

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