Der Kadaverräumer

Die Rede war von fünf toten Füchsen, die an der ungarisch-serbischen Grenze auf der Straße lagen. Als die Männer vom Räumkommando dort ankommen, sind es Dutzende Kadaver, auch Hunde und Katzen – erschossen, wie sich herausstellt, von Grenzposten, die sich die Zeit vertreiben wollten. Der Krieg auf dem Balkan ist lange vorbei, dennoch sind es Erlebnisse wie diese, die den Erzähler in seine Vergangenheit zurückstoßen. Im Garten einer Berliner Klinik, in der er gestrandet ist, um seine quälenden Verdauungsprobleme loszuwerden, holt ihn die Musik eines Kusturica-Films ein, und er bricht in Tränen aus, „vielleicht, weil... alles anzeigen expand_more

Die Rede war von fünf toten Füchsen, die an der ungarisch-serbischen Grenze auf der Straße lagen. Als die Männer vom Räumkommando dort ankommen, sind es Dutzende Kadaver, auch Hunde und Katzen – erschossen, wie sich herausstellt, von Grenzposten, die sich die Zeit vertreiben wollten. Der Krieg auf dem Balkan ist lange vorbei, dennoch sind es Erlebnisse wie diese, die den Erzähler in seine Vergangenheit zurückstoßen.



Im Garten einer Berliner Klinik, in der er gestrandet ist, um seine quälenden Verdauungsprobleme loszuwerden, holt ihn die Musik eines Kusturica-Films ein, und er bricht in Tränen aus, „vielleicht, weil sie an die Oberfläche brachte, wovor er gerne weggelaufen wäre, jene alles verwüstenden, alles ausbeinenden Jahre, die einfach kein Ende nehmen konnten oder wollten, die immer noch andauerten“.



Wer ist dieser Erzähler, der in einem reißenden Redestrom zwischen den traumatischen Schauplätzen seines Lebens hin und her taumelt? Einem Kadaverräumkommando angehörte, das einmal eine ganz andere Aufgabe übernommen hatte? Ist er Opfer, Täter? Ein Überlebender, der im Sprechen Heilung sucht?



Der Jugoslawienkrieg und sein Nachleben haben Zoltán Danyi nie losgelassen – fast zwei Jahrzehnte lang scheiterte er an dem Versuch, eine monströse Realität einzufangen, die ihn selbst fast verschlungen hätte. Eines Tages war der Ton da – ein Sound, der einen beim Lesen bezwingt. Der Text schillert wie die Oberfläche eines verseuchten Gewässers. Schicht für Schicht wird sie abgedeckt. Ein Buch, gebaut wie ein komplexes Musikstück, dessen Schönheit Distanz und Berührung gewährt.





Zoltán Danyi, 1972 in Senta, Jugoslawien geboren, studierte moderne Literatur an der Universität Novi Sad, Serbien, und an der Universität Szeged, Ungarn. Ab 2003 veröffentlichte er mehrere Gedichtbände und Kurzgeschichten. Sein Debütroman

Der Kadaverräumer aus dem Jahr 2015 erhielt bedeutende ungarische Literaturpreise, darunter den Miklós-Mészöly-Preis, den Tibor-Déry-Preis und den Milán-Füst-Preis. Die deutsche Übersetzung des Romans stand 2019 auf der Shortlist für den HKW-Literaturpreis. Sein zweiter Roman

Rosenroman wurde mit dem einzigen unabhängigen ungarischen Literaturpreis, dem Merítés-Preis, ausgezeichnet. Die deutsche Übersetzung des Romans wurde 2023 von der Darmstädter Jury zum Buch des Monats gewählt. Ebenfalls 2023 erschien in der Edition Thanhäuser

Aus dem Tagebuch des Gärtners. Zoltán Danyi lebt als Rosenzüchter und Schriftsteller in Senta, Serbien.

Terézia Mora, geboren 1971 in Sopron, Ungarn, ist Schriftstellerin, Drehbuchautorin und Übersetzerin. Sie zog 1990 nach Berlin, studierte Hungarologie und Theaterwissenschaften an der Humboldt-Universität und absolvierte anschließend eine Ausbildung zur Drehbuchautorin an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Seit 1998 arbeitet Sie als freie Autorin und übersetzt ungarische Literatur ins Deutsche.





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  • Autor find_in_page Zoltán Danyi
  • Mit find_in_page Terézia Mora
  • Autoreninformationen Zoltán Danyi, 1972 in Senta, Jugoslawien geboren, studierte moderne… open_in_new Mehr erfahren
  • Wasserzeichen ja
  • Verlag find_in_page Suhrkamp Verlag
  • Seitenzahl 240
  • Veröffentlichung 10.09.2018
  • ISBN 9783518758984

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