Ein Verteidiger

Ein Verteidiger Dietrich Theden - "Er verließ den Steg, ging über die Wiese und durch eine kleine Holzung und trat auf ein Roggenfeld, um nach Kornblumen und Mohn zu suchen. Die künftige Frau Bendring liebte die schlichte Kaiserblume und die grellrote Blüte des aufdringlichen Mohns, und wie der alte Fischer nachts, wenn alle schliefen, an den Gebäuden und unter den Hecken nach Metten für den Anwalt suchte, so durchstreifte er morgens, wenn die aufgehende Sonne ihre Strahlen belebend über die Landschaft sandte, die Felder nach den Lieblingen der jungen Braut." Dietrich Theden war der Sohn eines Landwirts. Er besuchte die Volksschule in seinem... alles anzeigen expand_more

Ein Verteidiger Dietrich Theden - "Er verließ den Steg, ging über die Wiese und durch eine kleine Holzung und trat auf ein Roggenfeld, um nach Kornblumen und Mohn zu suchen. Die künftige Frau Bendring liebte die schlichte Kaiserblume und die grellrote Blüte des aufdringlichen Mohns, und wie der alte Fischer nachts, wenn alle schliefen, an den Gebäuden und unter den Hecken nach Metten für den Anwalt suchte, so durchstreifte er morgens, wenn die aufgehende Sonne ihre Strahlen belebend über die Landschaft sandte, die Felder nach den Lieblingen der jungen Braut."



Dietrich Theden war der Sohn eines Landwirts. Er besuchte die Volksschule in seinem Heimatort und bereitete sich auf den Beruf des Volksschullehrers vor. Nachdem er einige Jahre als Hilfslehrer tätig gewesen war und das Lehrerseminar in Eckernförde absolviert hatte, wirkte er von 1879 bis 1884 als Lehrer an Waisenhäusern in Wandsbek und Hamburg. Während dieser Zeit veröffentlichte er einen "Führer durch die Jugendliteratur" und erste erzählerische Werke. Ab 1884 gehörte Theden der Redaktion der "Gartenlaube" in Leipzig an, die 1888 nach Stuttgart wechselte. Ab 1890 gab er die Jugendzeitschrift "Universum" heraus und von 1894 bis 1896 die Wochenzeitschrift "Zur guten Stunde". Ab 1896 war er freier Schriftsteller.Dietrich Theden war Verfasser von Romanen und Erzählungen; er betätigte sich u. a. auf dem Gebiet der Jugendliteratur und des Kriminalromans. Daneben gab er die Werke von Friedrich Gerstäcker und Balduin Möllhausen heraus.Aus einem Nachwort von Barbara Neuhaus (Quelle: Verlag Das Neue Berlin/DDR 1985): Der Autor ist heute fast vergessen. Noch nicht dreissig, vertauschte er die ländliche Umgebung mit der Metropole Berlin. Seine Erfahrungen als Pädagoge und Bewohner einer Grossstadt hinterliessen Spuren in seinem einzigen Kriminalroman Menschenhasser,1904. Diese Geschichte spricht für Thedens Gerechtigkeitsgefühl. Er streitet für Wahrheit, Ehrbarkeit und Güte. Es ist das Berlin zwischen den ersten und zweiten Gründerjahren. Rund um den Potsdamer Platz, wo Thedens Figuren hauptsächlich agieren, gibt es leerstehende Wohnhäuser und Geschäftsräume, schmierige Anwälte hauen ihre Klienten übers Ohr, Makler und Spekulanten haben ihren Erwerb verloren, und Armut geistert durch die Stadt. Theden wertet dies nicht als Widerspiegelung sozialer Verhältnisse, er betrachtet die Erscheinungen als gottgewollt und damit der Ordnung oder als Ergebnis menschlichen Verhaltens. Auch blickt zuweilen der Pädagoge Dietrich Theden durch, der davor warnt, Kindern und Jugendlichen gefühlsroh und mit Unverständnis zu begegnen. Er setzt damit fort, was er zuvor in seinen zahlreichen Kinderbüchern vertreten hat. Was aber inspirierte den Schriftsteller zu den Abenteuern seines Hauptakteurs Hunter alias "Menschenhasser" in Australien ? Nach der Kolonialpolitik Bismarcks wurden ferne Länder für Bürger und Kleinbürger interessanter. Die allgemeinen Vorstellungen davon verbanden sich mit Gefahr und Reichtum. Und man wollte immer mehr davon kennenlernen. Die Konsumenten der unterhaltenden Zeitschriften, bei denen Theden als Redakteur wirkte wollten sich erschaudernd an sogenannten wahren Berichten laben. Naheliegend, dass Theden Bedürfnisse befriedigen und etwas Neues bieten wollte. Bei der Gestaltung der Charaktere sowie bei Sprache und Stil mögen auch die damaligen Wochenblätter Pate gestanden haben. Der Verfasser unterscheidet sich darin in keiner Weise von den Unterhaltungsschriftstellern der Jahrhundertwende. Lesen war zu Thedens Zeit kein Privileg mehr. Es schmökerten in ihren Zirkeln die Bürgertöchter, die Dienstmädchen heimlich in der Küche. Sie alle wollten von Bösen aufgeregt werden und sich mit Guten einig sein.

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