Der lange Winter

Roman

Von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag wächst der Schnee, es sind Kristalle ohne Gewicht, die sich vereinen und bis zum Fensterbrett der untersten Fenster hinaufwachsen. Der Haufen kriecht hoch wie eine Hecke, eine Mauer, er verdunkelt die Küchen. Wenn ich vor Vandas Fenster vorübergehe, schaue ich immer, ob sie hinter den Scheiben steht. Ich hoffe es jedes Mal. Der Gussstein ist direkt vor dem Fenster; sie kämmt sich die Haare im hellen Tageslicht, wobei sie die Arme hebt und den Kopf etwas nach hinten wirft. Giovanni Orelli, geboren am 30. Oktober 1928 in Bedretto, studierte in Zürich und Mailand und war Lehrer in Lugano. Seine erste Erzählung "L'anno... alles anzeigen expand_more

Von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag wächst der Schnee, es sind Kristalle ohne Gewicht, die sich vereinen und bis zum Fensterbrett der untersten Fenster hinaufwachsen. Der Haufen kriecht hoch wie eine Hecke, eine Mauer, er verdunkelt die Küchen. Wenn ich vor Vandas Fenster vorübergehe, schaue ich immer, ob sie hinter den Scheiben steht. Ich hoffe es jedes Mal. Der Gussstein ist direkt vor dem Fenster; sie kämmt sich die Haare im hellen Tageslicht, wobei sie die Arme hebt und den Kopf etwas nach hinten wirft.



Giovanni Orelli, geboren am 30. Oktober 1928 in Bedretto, studierte in Zürich und Mailand und war Lehrer in Lugano. Seine erste Erzählung "L'anno della valanga" machte ihn schnell bekannt. Es folgten verschiedene Romane und Gedichtbände. Auf Deutsch erschienen "Der lange Winter", "Ein Fest im Dorf" und "Monopoly". Heute lebt Giovanni Orelli in Lugano.



«Das Besondere des Romans, der jetzt dank einer überarbeiteten Neuausgabe im Limmat Verlag wieder entdeckt werden kann, ist die nüchtern-skeptische Perspektive des Erzählers, der präzis die Zuspitzung der Lage registriert. Als Antidot gegen die Todesfurcht fungieren hier nicht etwas die tradierten katholischen Gebets-Rituale, sondern der hedonistische Liebeshunger des Erzählers, der sich bei jeder Gelegenheit in erotische Abenteuer mit den verbliebenen jungen Dorffrauen stürzt.»



«Im Gegensatz zu den damaligen Schriftstellerkollegen Piero Bianconi, Plinio Martini und Alberto Nessi ist Giovanni Orelli in den folgenden Werken nie mehr auf das Thema seiner Jugend im Bergdorf zurückgekommen, ein Thema, das die Literatur der italienischen Schweiz seit ihren Anfängen bei Francesco Chiesa und Giuseppe Zoppi fast uneingeschränkt beherrschte. Orellis Erstling ist in seiner einfachen lyrischen Intensität so gelungen, weil er als Abschied von der Jugend konzipiert war, als Distanznahme von der prekären Idylle der Bergbauernwelt, was auf den letzten Seiten des Buchs in fast didaktischer Weise zum Ausdruck kommt: Die jungen Leute bleiben in der Stadt und lassen die Alten allein ins Dorf zurückkehren. Der Ich-Erzähler seinerseits verabschiedet sich vom naiven Schreiben: ‹Du wirst nie pathetische Idyllen über dein Dorf schreiben; du wirst nie die Elegie der Erinnerung zelebrieren, welche am Ende jenen nützt, die schlecht regieren und daran schuld sind, dass dein Dorf zerstört wird.›»



«Auch vierzig Jahre nach der Erstveröffentlichung hat dieser Roman nichts an Frische eingebüsst, selbst wenn er deutlich das Ambiente und die Moralvorstellungen eines abgelegenen Tals in den Fünfzigerjahren mit sich führt. Aber Orellis Sprache, klar und präzis, ist von jener verhaltenen Schönheit, der man sich willig hingibt.»

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