Hundert Jahre Frist

Terra-Utopia - Band 6

Nur hundert Jahre bleiben der Menschheit, den zerstörerischen Umgang mit ihrem Planeten zu ändern und zu einer besseren Gesellschaftsordnung zu kommen. Gelingt ihr das nicht, droht ihre Vernichtung durch außerirdische Kräfte. Eine Gruppe parapsychologisch begabter Menschen unternimmt den Versuch, das schier unmögliche zu schaffen. Wird ihr Vorhaben gelingen? Ein SF-Bestseller in Neuauflage – heute aktueller den je. John W. Prexter ließ mit einem Knopfdruck einen Teil der Außenwand seines Bungalows transparent werden. Sein Blick schweifte wohlgefällig über die Natur, die sein Haus in wilder Schönheit umgab. Abermals... alles anzeigen expand_more

Nur hundert Jahre bleiben der Menschheit, den zerstörerischen Umgang mit ihrem Planeten zu ändern und zu einer besseren Gesellschaftsordnung zu kommen. Gelingt ihr das nicht, droht ihre Vernichtung durch außerirdische Kräfte.

Eine Gruppe parapsychologisch begabter Menschen unternimmt den Versuch, das schier unmögliche zu schaffen. Wird ihr Vorhaben gelingen?

Ein SF-Bestseller in Neuauflage – heute aktueller den je.



John W. Prexter ließ mit einem Knopfdruck einen Teil der Außenwand seines Bungalows transparent werden. Sein Blick schweifte wohlgefällig über die Natur, die sein Haus in wilder Schönheit umgab.

Abermals drückte er einen Knopf. Aus verborgener Quelle wehte kühler Morgenwind durch das Zimmer, voll natürlicher Würze.

Tief atmete John W. Prexter, Professor für Parapsychologie, durch. Er war mit sich und der Welt zufrieden. Die Erde hatte sich in den vergangenen Jahren in einen weltweiten Park verwandelt. Wüsten und undurchdringlicher Dschungel waren gewichen oder zu stark verkleinerten Sehenswürdigkeiten geworden.

Wo waren die von Futurologen des zwanzigsten Jahrhunderts prophezeiten Folgen menschlicher Misswirtschaft? Wo war die Atomwüste, der durch Abfall und Industrie vergiftete Planet Erde? Wo die Überbevölkerung, die zum tödlichen Stress hätte führen sollen?

John W. Prexter Wandte sich dem Innern des Zimmers zu. Er schloss sekundenlang die Augen.

Ein Park! Wie hier sah es überall in der Welt aus - abgesehen von kleineren Nuancen, die ihren Ursprung in der Verschiedenheit der Wetterzonen hatten.

Der Professor trat zu einem Schaltpult und wählte sein Frühstück. Zwei Minuten würde es auf sich warten lassen. Er verließ den Raum, den man bei großzügiger Auslegung als eine Art Küche bezeichnen konnte, und betrat den Flur. Die Tür zum Fitnessraum hatte er vorhin offengelassen. Prexter schloss sie und lenkte seine Schritte zum Bad.

Den total durchgeschwitzten Trainingsanzug überließ er einem der Wäscheschlucker. Der Haushaltscomputer würde ihn reinigen und automatisch auf seinen Platz zurücklegen.

John W. Prexter schaltete die Dusche ein. Wie mit tausend Nadeln prasselte das Wasser aus dem Duschkern an der Decke auf seine Haut. Das Gesicht des Wissenschaftlers war entspannt. Er fand das Leben herrlich. Natürlich besaß er dank seiner Dienststellung gewisse Vorrechte, aber der Lebensstandard war allgemein so hoch, dass die Unterschiede kaum ins Gewicht fielen.

Ein Schatten huschte über sein Gesicht, als er daran dachte, dass es nicht immer so positiv aussah. Sehr gut erinnerte er sich an die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Damals war tatsächlich erkennbar, dass die Menschheit in einer Sackgasse steckte, mit bereits vorprogrammiertem Untergang. '

Und dann gab es die unerwartete Wende im Schicksal der Menschheit. Die Historiker würden sich noch in tausend Jahren darüber wundern.

Prexter schüttelte den Kopf. Er hatte es sich längst abgewöhnt, über das Unmögliche nachzudenken. Es gab einfach keine vernünftige Erklärung.

Er trat hinaus. Hinter ihm verschwand der Duschskopf in der Decke. Unterwegs trocknete sich Prexter mit einem Handtuch ab, das nach Gebrauch ebenfalls in den Wäscheschlucker wanderte.

Das Frühstück stand im Ausgabeschacht. Prexter brachte es zum Tisch und setzte sich.

Noch immer war er nackt. Er liebte es, wenn kühle Morgenluft die beim Frühsport entstandene Hitze aus seinem Körper trieb - einem Körper, der bereits über hundert Jahre alt war!

Ja, auch das gehörte zum allgemeinen Fortschritt, an den sich die Menschen gern gewöhnt hatten und der dennoch überraschend gekommen war.

Nach dem Frühstück ging Prexter zum Hologrammschirm. Heute morgen durfte er sich Zeit lassen. Der Tag begann nicht wie immer um acht Uhr im Forschungszentrum. Prexter hatte endlich eingewilligt, seine Freizeit in Anspruch zu nehmen. Doch Langeweile würde es für ihn nicht geben. Sein Tagesprogramm stand schon fest.

Wie selbständige Wesen tanzten seine Finger über die Bedienungstastatur. Dabei beobachtete er seine rechte Hand. Prexter war als Krüppel zur Welt gekommen, mit verkümmerten Gliedmaßen. Dass er sich heute bewegen konnte wie jeder gesund geborene Mensch, verdankte er der modernen Medizin. Mit eigenen Zellen hatte man unter genetischer Steuerung Gliedmaßen nachgezüchtet und anschließend verpflanzt - so perfekt, dass nicht einmal Narben sichtbar blieben.

Prexters Gedanken schweiften ab, als der Schirm hell wurde. Dreidimensional brachte er die ersten Nachrichten. Prexter überflog den für ihn unwichtigen Text und rief Bildmaterial ab, wenn er etwas Interessantes entdeckt zu haben glaubte.

Eine Viertelstunde später verließ er den Kommunikationsraum. Damit hatte Professor John W. Prexter seine Morgenroutine beendet und schritt zum Transmitter.

In den letzten Tagen waren ihm recht eigenartige Gedanken gekommen. Es gab nur einen einzigen Menschen, mit dem er sich in dieser Hinsicht besprechen konnte, und das war sein Freund Samuel Downster. Hoffentlich kam er nicht ungelegen, denn Prexter hatte sich nicht angemeldet ...



*



Sam tat einen kräftigen Zug aus der Zigarette und schützte dabei die aufleuchtende Glut mit der hohlen Hand. Er blickte zum Höhleneingang, versuchend, die Dunkelheit zu durchdringen.

Mit dem Absatz trat er den Zigarettenrest aus. Vorsichtig tat er das, damit die verräterische Glut nicht draußen gesehen wurde.

Langsam richtete sich Samuel Downster auf und tastete sich an dem schroffen Fels entlang zum Eingang. Die Höhle war leer, davon hatte er sich längst überzeugt. Falls ihm Gefahr drohte, dann nur von draußen.

Sam versuchte, etwas zu erkennen. Seine Augen begannen zu tränen. Mit dem Handrücken wischte er darüber.

Unter ihm zog sich die Schlucht mit den steil aufragenden Felswänden dahin. Die Dunkelheit barg seltsame Schatten, die sich kaum zehn Meter unter Downster unruhig hin und her zu bewegen schienen.

Die Schlucht war etwa fünfzig Meter tief und fast ebenso breit. Downsters Unterschlupf befand sich in der unteren Hälfte. Er konnte den Abstieg wagen, doch der Weg nach oben war in der Nacht ohne Hilfsmittel unmöglich. Die schmale Felsspalte am Ausgang der Schlucht bildete den einzigen Weg, diesem Gefängnis zu entrinnen.

Lauschend hob Downster den Kopf. Er glaubte, leise Geräusche zu hören - Rascheln und Kratzen von Horn auf Stein. Wurde es von dem Kleingetier verursacht, das trotz der Unfruchtbarkeit der Felsen zu überleben verstand?

Vorsichtig machte er sich an den Abstieg, immer wieder nach allen Seiten sichernd.

Und da erstarrte er in der Bewegung. Eine eiskalte Hand schien nach seinem Herzen zu greifen. Er hatte an eine optische Täuschung geglaubt, doch die Schatten da unten bewegten sich wirklich!

Seine Finger krallten sich in den Felsen. Die Knie zitterten in der unbequemen Haltung.

Wieder die Geräusche, die ihm vorhin aufgefallen waren. Die Schatten entpuppten sich als mächtige, in der Dunkelheit unförmig erscheinende Kolosse. Sie hatten Samuel Downster entdeckt und kletterten ihm entgegen.

Sam unterdrückte die aufkeimende Panik. Mit der Linken hielt er sich fest. Die Rechte fuhr an den Griff der Strahlenwaffe. Das beruhigte den rasenden Herzschlag. Mit dem Daumen legte er den Sicherungsflügel herum und stellte den Strahler auf volle Leistung.

Grimmig blickte Samuel Downster den drohenden Schatten entgegen. Noch wusste er nicht, ob es Freund oder Feind war. Doch er fühlte sich gewappnet.

In diesem Augenblick krachte etwas knapp neben Sams Füßen gegen den Felsen. Die Wucht war so groß, dass sich kleinere Steine lösten und auf den weiter unten steil abfallenden Hang prasselten.

Sams Herz vergaß für einen Moment zu schlagen. Sprunghaft erhöhte sich sein Adrenalinspiegel.

Angriff!

Der Gedanke fraß sich in ihm fest und erzeugte Hass. Aber Sam hütete sich vor Unüberlegtheiten. Die Schatten waren keine Menschen. Das zeigte allein ihre Größe. Und sie waren aggressiv.

Downster zog sich höher, soweit das mit einer freien Hand möglich war. Sein Atem ging keuchend.

Wieder krachte etwas gegen die Felswand - dorthin, wo er sich eben noch befunden hatte.

Fast lautlos näherten sich die Schatten. Fauliger Atem schlug Sam entgegen. Eine Windböe riss ihn beinahe aus der Wand. Nein, den Aufstieg zur Höhle würde er nicht rechtzeitig schaffen.

Es gab nur noch einen Ausweg. Er richtete den Strahler nach unten. Das goldgelb schimmernde Beschleunigungsfeld stabilisierte sich. Es konzentrierte die am Lauf austretende Strahlung, die nur für eine Nanosekunde aufleuchtete, zu einem nadelfeinen Vernichtungsstrahl.

Die Wirkung war verheerend. Die Energie traf einen der Kolosse, leitete eine atomare Kettenreaktion ein. Der Koloss verwandelte sich in eine expandierende Hitzekugel, die nach Sekunden in sich zusammensackte und verglühte.

Samuel Downster spürte einen Stich in der Herzgegend. Er verabscheute die Gewalt und redete sich ein, dass er keine andere Wahl hatte.

Tatsächlich stoppte der Angriff. Samuel Downster blieb eine Verschnaufpause.

Bis das dritte Wurfgeschoss heran zischte und ein Stück Felsen aus der Wand schlug.

Downsters Pech, dass er ausgerechnet an diesem Stück Halt gefunden hatte.

Er ruderte verzweifelt mit den Armen. Mit der Rechten hätte er sich vielleicht irgendwo festkrallen können, doch er bangte um den Strahler. Ehe er die Waffe in die Linke wechseln konnte, war es zu spät. Er kippte rückwärts. Ein Schrei entrang sich seiner Kehle - heiser und voller Todesangst. Den Strahler schützte er mit seinem Körper. Geistesgegenwärtig schaltete er ihn ab. Eine reine Routinesache. Sie hatten es so oft geübt, dass sich diese Handlung längst automatisch vollzog.

Samuel Downster fiel auf den steilen Abhang. Eine rasende Abwärtsfahrt. Gnadenlos schienen Unsichtbare auf ihn einzuschlagen.

Er überstand es, kam lebend am Boden der Schlucht an.

Keine Bedenkzeit. Der geschundene Körper gehorchte noch immer seinem Willen. Sam sprang auf, brachte die Waffe in Anschlag. Schwankend stand er da, die Schmerzen in seinem Körper ignorierend.

Die Schatten kamen von allen Seiten.

Samuel Downster feuerte wie ein Wahnsinniger und taumelte zum Ausgang der Schlucht - ein Ziel, das er mehr ahnte als sehen konnte.

Einen Moment lang wunderte er sich, dass er überhaupt noch zu einer solchen Flucht in der Lage war. Da traf ihn etwas mit brutaler Gewalt an der Schulter, stieß ihn nach vorn.

Bäuchlings landete Sam auf dem Boden. Der Strahler schepperte davon.

Die Schatten waren dicht hinter ihm ...

Schwindel erfasste Samuel Downster. Alles begann sich um ihn zu drehen. Seine Umwelt verwandelte sich in feurige Spiralen, die sein Bewusstsein packten und es durch Zeit und Raum zu schleudern drohten, damit es sich dort für immer verlor.

Und dann erwachte er.

Kreidebleich sah er sich um. Auf dem Bildschirm vor ihm tauchte der Kopf eines freundlich lächelnden Ansagers auf.

„Die nächste Fortsetzung unseres Spieles IM REICH DER SCHATTEN sehen Sie morgen um die gleiche Zeit! Dieses Spiel wird am Abend wiederholt. Sie können ..

Ärgerlich löste Sam den Psikontakt mit dem Gerät und schaltete ab. Mit einer fahrigen Bewegung strich er sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Langsam klang die Folgespannung der Erlebnissendung ab.

Da ertönte das Warnsignal des Transmitters.

Samuel Downster erhob sich. Die Kabine des Haustransmitters befand sich im Flur. Fasziniert beobachtete der Mann, wie sich das flimmernde Feld des Empfängers allmählich aufbaute.

Sekunden später stand Professor Prexter jenseits der Scheibe. Er blickte besorgt, als er seinen Freund erkannte, und stieß die Tür auf.

„Du machst einen angegriffenen Eindruck, Sam. Was ist los? Fühlst du dich nicht wohl? Sollen wir eine Medoeinheit.. ?“

Sam winkte mit beiden Händen ab. „Unsinn! Hat nichts mit meiner Gesundheit zu tun. Komme eben aus dem REICH DER SCHATTEN.“ Prexter schüttelte missbilligend den Kopf.

„Ich verstehe nicht, wie du dich diesen trivialen Spielen hingeben kannst! Mein Ich ist mir viel zu schade, als dass ich es mit einer Figur identifiziere, die sich irgendein Wirrkopf ausgedacht hat.“

Samuel Downster philosophierte: „Im Trivialen steckt die Wahrheit unverhüllter. Das angeblich so Anspruchsvolle ist nur Genuss für Rätselfreunde, die gern im Meer von Langeweile und komplizierter Sprachverwirrungen waten - auf der oftmals vergeblichen Suche nach Inhalt. Gib dich einmal einem guten Erlebnisspiel hin und du wirst erfahren, was meine Worte nur unzulänglich auszudrücken vermögen.“

John W. Prexter lächelte amüsiert. „Salbungsvoll gesprochen“, lobte er, „doch erinnern mich diese Spiele mehr an eine Droge, die nur in der Werbung das Bewusstsein erweitert, es in Wahrheit jedoch tötet.“

Sam erwiderte das Lächeln. „Wahre Freundschaft ist, wenn man sich nicht in allen Punkten einig wird und sich trotzdem verträgt!“ Er klopfte Prexter auf die Schulter.

„Tritt näher und erkläre mir, welchem Umstand ich deinen überraschenden Besuch verdanke!“

Sie gingen zum Wohnzimmer, setzten sich in die bequemen Sessel, die sich sofort ihren Körperkonturen anpassten.

Prexter machte es spannend. Seine Fingerkuppen berührten sich. Die Hände bildeten ein spitzes Dach, das er betrachtete wie eine Kostbarkeit. Dann hob er den Blick.

„Ich bin ein Parapsychologe. Mich fasziniert die Möglichkeit des Übersinnlichen. Es gilt, Nachweise zu erbringen. Mehrmals gelang es mir, Menschen mit unerklärlichen Begabungen zu entdecken. Sie hat es schon immer gegeben. Nur gingen sie unter in der Masse der Gaukler und Scharlatane. Du kennst meinen letzten Fall: Fred Steinwell, der Telepath und Wunderheiler. Meine Beweisführung erregte in ihrer Stichhaltigkeit weltweites Aufsehen.“

Downster lehnte sich zurück.

„Was soll diese Einleitung, John?“

„Das Objekt meiner neuerlichen Überlegungen ist die Seelenwanderung. Wenn ein Telekinet in der Lage ist, kraft seines Geistes einen Gegenstand zu bewegen, dann existiert eine von der sterblichen Hülle unabhängige Kraft. Meine Erklärung: Während des Vorgangs verlässt ein Teil seines Geistes den Körper. Weiter: Wenn ein Telepath sendet, sucht sein Geist, teilweise losgelöst, den Kontakt mit einem räumlich entfernten Empfänger. Der Unterschied zur echten Seelenwanderung besteht darin, dass es dem Telepathen möglich ist, den Raum zwischen sich und der Kontaktperson zu erfassen. Mein theoretisches Modell sieht also bei der echten Seelenwanderung ein Loslösen der geistigen Kraft vom Körper, ohne dass es einem Empfänger wie bei der Telepathie und ohne dass es visuell gesichtete materielle Angriffspunkte wie bei der Telekinese gibt. Eine dünne Verbindung zum Körper bleibt, eine Art Kommunikationsbrücke. Gestatte mir den Vergleich mit einem Radar. Der entsprechend begabte Mensch gibt die geistige Kraft frei, die außerhalb des Körpers Informationen sammelt, um hernach zurückzukehren.“

Samuel Downster gab sich verwirrt.

„Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst, John. Zwar sind deine Gedanken interessant, doch kann es doch nicht die Aufgabe eines Parapsychologen sein, theoretische Denkmodelle aufzustellen über Phänomene, die er nicht praktisch erfasst hat.“ Erregt sprang John W. Prexter auf. Er begann, auf und ab zu laufen. Vor Downster blieb er abrupt stehen.

„Du hast recht, Sam, aber in diesem speziellen Fall sieht es anders aus. Es fällt mir schwer, es zu sagen, mein Freund, aber Fred Steinwell und ich haben uns über dich unterhalten.“ Samuel Downster blickte überrascht.

„Über mich? Was willst du damit zum Ausdruck bringen? Wieso diese Andeutungen über Seelenwanderung?“

„Ganz einfach, Sam. Thema war zunächst ganz allgemein die Problematik der Psiphänomene und die Schwierigkeit ihrer Erforschung. Wir gerieten zur Seelenwanderung, wobei ich bedauerte, dass ich bis heute noch keinen Menschen getroffen habe, der diese Sache beherrscht, der es versteht, losgelöst von der trägen Materie seines Körpers . . .“

Jetzt sprang auch Samuel Downster auf. Seine Augen blitzten.

„Wann hörst du endlich auf, um den heißen Brei zu reden?“

Unbeirrt sagte» Prexter: „Fred Steinwell gönnte mir einen eigenartigen Blick. Er riet mir, mich doch einmal ein wenig näher mit dir zu beschäftigen, Sam. Siehst du, normalerweise bleibst du meinem Institut hartnäckig fern. Die Begegnung zwischen dir und Steinwell erfolgte zufällig. Er behauptete, dass eine psibegabte Person unter gewissen Umständen in der Lage sei, eine ähnlich begabte Person zu erkennen. Vergiss nicht, er ist Telepath. Natürlich kann er nicht die Gedanken eines jeden Menschen lesen, doch besitzt er eine gewisse Sensibilität, die ...“ Downster verlor für einen Augenblick die Beherrschung.

„Schluss!“ fauchte er. Es sah so aus, als wollte er seinen Freund an die frische Luft setzen. Aber dann kehrte seine Beherrschung zurück. Ein feines Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

„Alle Achtung, John. Wie lange kennen wir uns jetzt?“

„Sehr lange!“

„Und dir ist noch nichts aufgefallen?“

„Nein!“

„Aber das Gerede Steinwells hat dich misstrauisch gemacht?“

„Ja! Ich bin hier, um die Wahrheit zu ergründen. Möglich, dass sich Fred Steinwell irrt, dass König Zufall eine gewichtige Rolle spielt. Nun, es ist einfach herauszubekommen, Sam. Komm mit mir ins Institut!“

„Nein, John, so leicht mache ich es dir nicht! Wenn du gerade vom Zufall sprichst: Offenbar hat meine unerwartete Begegnung mit Steinwell gewisse Weichen gestellt. Meine Bitte an dich: Lass mir Zeit!“

Prexters Augen weiteten sich.

„Soll das heißen, dass ...“ Er brach erschrocken ab.

Downsters Lächeln war unergründlich.

„Überlassen wir es getrost der Zukunft, John. Ich möchte keine weiteren Andeutungen machen. Kommst du morgen wieder? Um die gleiche Zeit?“

Professor John W. Prexter zögerte. Dann wandte er sich schweigend ab und ging zum Transmitter.

Downster sah zu, wie sich sein Freund scheinbar in Nichts auflöste. Dabei dachte er: Es hätte keinen Sinn, länger Versteck zu spielen. Die Würfel sind gefallen. John hat im Institut eine Ausrüstung, die jeden entlarvt. Kein Wunder im Zeitalter der Psi-Erlebnisspiele und Transmitter. Man ist sogar in der Lage, menschliche Psiimpulse technisch zu verstärken. Sonst gäbe es keine psionischen Funkoffiziere in der Raumfahrt. Telepathie ist der beste Verständigungsfaktor in der Unendlichkeit des Weltraums, in dem normale Funkwellen als Nachrichten- und Informationsträger uninteressant sind.

Er drehte sich um, als der Transmittervorgang abgeschlossen war. Seine Züge wirkten plötzlich schlaff und eingefallen, als wäre er um Jahre gealtert.



*



Samuel Downster nutzte die Zeit. Er traf seine Vorbereitungen und fasste einen bestimmten Plan.

Es wurde eine unruhige Nacht für ihn. Schlimme Träume plagten den Mann.

Am Morgen stand er auf und fühlte sich zerschlagen. Die Frühroutine beendete er rechtzeitig zum Beginn der Erlebnissendung.

Dass er auf die Sendung so erpicht war, hatte seinen Grund in der Tatsache .... Nein, John W. Prexter würde es erfahren, wenn die Umstände reif dazu waren. Der Wissenschaftler ahnte nicht einmal, dass Samuel Downster als Hauptautor speziell für diese Sendung fungierte.

Wie lange habe ich auf diesen Augenblick gewartet? dachte Samuel Downster, als er sich einschaltete. Und jetzt kommt alles auf einmal. John W. Prexter, du wirst es noch bereuen, dass du die Sache ins Rollen bringst!



*



Jemand packte Samuel Downster, der sich voll und ganz mit der Figur von Ken Kelly identifizierte, und zog ihn hoch. Er wollte sich verzweifelt zur Wehr setzen, doch der Jemand zischte: „Renne, so schnell du kannst, zum Ausgang der Schlucht! Ich gebe Rückendeckung!“

Ken Kelly war verwirrt und fühlte sich wie in einem Alptraum. Der Schmerz in der Schulter raubte ihm fast das Bewusstsein. Er stolperte mehr, als dass er lief.

Energiestrahlen zuckten hinter ihm auf, ließen die Angreifer in Sonnenglut vergehen. Sie hätten ihn fast erreicht; die Rettung erfolgte in letzter Sekunde.

Erschöpft erreichte er den Ausgang aus der tödlichen Falle, zwängte sich durch die enge Felsspalte. Die riesigen Schatten würden ihm nicht folgen können.

Ken Kelly geriet in eine weite, steinige Ebene. Der klare Sternenhimmel übergoss palmähnliche Bäume mit unwirklichem Licht. Etwa hundert Meter weiter ragten sie empor wie grüßende Hände.

Ken Kelly lehnte sich gegen den kühlen Felsen und fragte sich, wem er die Rettung verdankte.

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