Orte der Erinnerung
Heft 1 und 2 über den Alten Friedhof Schwerin
Diese beiden Hefte sind eine Einladung zu einem Spaziergang – zu einem ungewöhnlichen Spaziergang. Denn deren Ziel ist der Alte Friedhof Schwerin. Die rund 24 Hektar große Anlage liegt in einer hügeligen Parklandschaft und erweist als sich als ein Ort des historischen Gedächtnisses der ehemaligen Residenzstadt. Ein Spaziergang auf einem der ältesten deutschen Landschaftsfriedhöfe wird zu einer Art Zeitreise durch die Schweriner Vergangenheit. Denn dort finden sich zahlreiche Grabanlagen von Personen, die die Geschichte des Landes und der Stadt Schwerin mitgestaltet haben, aber auch Grabanlagen von architektonischer Bedeutung.
So stellen die Autoren in Heft 1 unter anderen die Schweriner Verlegerdynastie Bahn vor, erinnern an den Geodäten Friedrich Paschen, den Reedereidirektor der Hamburg-Amerika-Linie Eduard Huben und an die Offiziersfamilie von Passow. Unbedingt zu erwähnen ist auch Karl-Heinz Oldag, dessen Einsatz zum Erhalt des Alten Friedhofs wesentlich zur Gründung des Fördervereins beitrug: Mit großer Exaktheit und Detailgenauigkeit erforschte der Hobby-Historiker Grabstätten – und stellte damit seine im Berufsleben angeeignete „Pingeligkeit“ glückhaft unter Beweis. Beim Künstlerehepaar Eni und Margarete Kraze, bei der Tochter Charlotte des Komponisten Albert Lortzing und beim Botschaftsrat Wilhelm Friedrich von Vietinghoff bat er die Öffentlichkeit um Mithilfe. Mit dem „Plattdütsch Kring tau Swerin“, dem der schreibende Forscher in den letzten anderthalb Jahrzehnten seines Lebens angehörte, aber auch mit vielen anderen Interessierten unternahm er immer wieder Exkursionen über den Friedhof am Obotritenring, dessen Erhalt ihm in der Tat wesentlich zu danken ist. Im 92. Lebensjahr, am 2. November 2005, starb Karl-Heinz Oldag in Schwerin. Der Alte Friedhof wurde seine letzte Ruhestätte.
Neben seiner Publikation über Schweriner Originale (Husum, 1990) entstand die informationsreiche Dokumentation „Unvergessen – Ein Spaziergang über den Alten Schweriner Friedhof“ (Schwerin, 1995). Die aktuelle Fortschreibung liegt jetzt vor Ihnen.
Die Autoren von Heft 2 präsentieren unter anderen die Architektenfamilien Clewe und Hamann, den Architekten Ehmig, den Schöpfer des bekannten „Weihnachtsfensters“ im Schweriner Dom, Ernst Gillmeister. Aber auch heute vergessene Persönlichkeiten wie zum Beispiel der Soldat, Hofbeamte und Gegner des Gauleiters Hildebrandt Bernhard von Hirschfeld werden vorgestellt.
Als sehr nützlich erweist sich auch der beigefügte Friedhofsplan.
Zum Geleit (Uwe Lange)
Statt eines Vorwortes (Lutz Dettmann)
Karl-Heinz Oldag - Retter des Alten Friedhofs in Schwerin (Dieter W. Angrick)
Ein Patenkind des Großherzogs Paul Friedrich (Detlev Dietze)
Eine Schweriner Verlegerfamilie (Lutz Dettmann)
Der General und die Dichterin - Heinrich und Elisabeth von Igel (Detlev Dietze)
Eduard Huben - ein Schweriner Reeder (Detlev Dietze)
Friedrich Heinrich Christian Paschen - Jurist, Geodät, Astronom (Lutz Dettmann)
Konrad von Loeben (Detlev Dietze)
Die Familie von Passow im Dienste Mecklenburgs (Detlev Dietze)
Ein versehentlicher Mord? Barnim von Zeuner (Detlev Dietze)
Hofmarschall der Großherzogin Marie - Generalmajor Friedrich von der Lühe (Detlev Dietze)
Ernst Gillmeister – ein Glasmaler von Rang
Der Mecklenburg-Schweriner General der Infanterie Alwin Albert August Carl von Bilguer
Der Marienschwesternverein und das Marienkrankenhaus in Schwerin
Drei Generationen Schweriner Pädagogen – Hense, Budde, Bassewitz
Bernhard von Hirschfeld – Soldat, Hofbeamter und Gegner des Gauleiters Hildebrandt
Gottlieb Fürchtegott Michael Rudolphi – Ein jüdischer Arzt in Schwerin
Gustav und Andreas Hamann – vom Historismus zur neuen Sachlichkeit
Die Wehmeyers – eine Schweriner Bürgerfamilie
Das Bauunternehmen Ludwig Clewe
Gotthilf Sellin – Pädagoge, Schriftsteller, Esperantist
Graffiti sind keine neue Erscheinung oder Ernst Bernhard Christian von Koppelow, Stadtkommandant Schwerin (1851 – 1866) und die Schlosswache
Ludwig Wilhelm Steiner – ein Bankdirektor mit Sinn für Gerechtigkeit
Paul Ehmig – Vertreter einer neuen Baukultur
Die Anlage des Lapidariums – das größte Projekt des Fördervereins Alter Friedhof Schwerin e.V.
Die Brüder Köhler – zwei Lebensbilder zu zwei Steinen auf dem Lapidarium
Autorenverzeichnis
Friedhofsplan mit Liste der Grabstellen
KONRAD VON LOEBEN
Familienwappen von Loeben. ©Familienverband von Loeben e.V.
Wohl eines der imposantesten Grabdenkmale auf dem Schweriner Alten Friedhof ist das der Familie von Loeben. Es gehört einem Zweig der Familie, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Schwerin lebte. Das Geschlecht derer von Loeben lässt sich bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts zurückverfolgen und stellte im Laufe der Jahrhunderte viele hohe Staatsbeamte und Militärs. Begütert anfangs vor allem in der Ober- und Niederlausitz finden wir Mitglieder der Familie im Dienste der Herzöge von Schlesien, der Erzbischöfe von Magdeburg als auch der Markgrafen von Sachsen und Brandenburg und später häufig in preußischen Diensten. Im Jahr 1870 verschlug es auch einen Loeben nach Mecklenburg. Konrad, sein Bruder Richard sollte bald folgen, trat im April des Jahres als Portepee-Fähnrich in das 89. Grenadierregiment zu Schwerin ein.
Konrad von Loeben wurde am 16.1.1852 in Pulsberg in der Niederlausitz geboren. Bereits 1856 zog die Familie auf das Gut Pürben, nahe Freistadt in Schlesien. Nur sechs Jahre später, 1862, folgte ein Umzug nach Liegnitz. Kaum hatte Loeben seinen Dienst beim 89. Grenadierregiment angetreten, brach auch schon der Deutsch-Französische Krieg aus. Nachdem die mecklenburgischen Truppen zunächst für den heimatlichen Küstenschutz eingesetzt waren, ging es im September 1870 nach Frankreich. Bereits im Gefecht von Bellecroix, an dem erstmals Teile des Regiments teilnahmen, konnte Loeben sich auszeichnen. Die Regimentsgeschichte weiß uns mitzuteilen, daß „Fähnrich von Loeben sich durch Eifer und energisches Vorgehen besonders hervortat“ (Geschichte des großherzoglich mecklenburgischen Grenadierregiments 89. Schwerin, Stillersche Hofbuchhandlung 1895, Seite 239), wofür das Militärverdienstkreuz II. Klasse folgen sollte. Auch im Gefecht von Dreux am 17.11.1870, in welchem Loeben durch einen Schuss in den Oberschenkel schwer verwundet wurde, konnte er sich durch besondere Tapferkeit und Umsicht auszeichnen. Für dieses Gefecht erhielt er am 19.12.1870 das Eiserne Kreuz. Allerdings bedeutete diese Verwundung auch das Ende des Feldzuges für ihn. Am 3.1.1871 erfolgte seine Beförderung zum Sekonde-Leutnant und gleichzeitige Versetzung zum Ersatzbataillon.
Am 13.3.1871 hatte Loeben noch die besondere Freude, den Russischen Georgsorden verliehen zu bekommen. Dieses war eine seltene Auszeichnung in diesem Kriege, welche außer ihm im ganzen Regiment nur noch der Feldwebel Ebert erhielt. Unter Kameraden und Vorgesetzten war Konrad von Loeben aufgrund seiner liebenswürdigen persönlichen und guten soldatischen Eigenschaften durchaus geschätzt. Es kursierte damals der Scherz: „Jeden Sonntag würde in der Kirche gebetet, Gott erhalte dem Landesherrn Löben und Wohlfahrt.“ (Stammbaum Franz Leopold von Loeben und seine Nachkommen, Beschreibung aus dem Ergänzungsband Familienarchiv von Loeben) (Barnim von Wohlfahrt war ebenfalls Offizier im Grenadierregiment 89)
Es folgten Jahre des Friedens. Loeben heiratete Anne Marie von Meibom, Tochter eines Regimentskameraden. Sohn Wilhelm wurde geboren und Loeben avancierte zum Bataillonskommandeur in Neustrelitz. Seine letzte Dienststellung sollte ihn zum 92. Infanterieregiment nach Braunschweig führen. 1907 trat Loeben in den Ruhestand und bezog bald darauf, inzwischen zum Generalmajor befördert, sein eigenes Anwesen unweit von Schwerin gelegen.
Konrad von Loeben starb am 4.4.1911 in Ballenstedt im Harz, wo er zu Besuch bei seiner alten Mutter weilte. Die Leiche wurde nach Schwerin überführt. An der Trauerfeier nahmen Deputationen auswärtiger Regimenter, Offiziere der hiesigen Garnison, sowie zahlreiche Herren der Gesellschaft teil. Großherzog Friedrich Franz IV. ließ sich durch seinen Flügeladjutanten Hauptmann von Hirschfeld vertreten. Großherzogin Marie, Witwe von Friedrich Franz II., wurde durch Hofmarschall von der Lühe vertreten. Leutnant von Karstedt trug die Orden des Verstorbenen auf einem Kissen und unter drei Ehrensalven wurde der Sarg mit dem Verblichenen in die Gruft gebettet.
Anne Marie von Loeben zog nach dem Tod Ihres Gatten nach Schwerin in den Jägerweg 5. Sie starb am 7.7.1924, nachdem sie vier Jahre zuvor ihren einzigen Sohn Wilhelm verloren hatte. Dieser war am 9.2.1920 einer Grippe erlegen, da sein Körper durch eine Kriegsverletzung bereits geschwächt war. Dessen einziger Sohn Wolf Wilhelm fiel als Leutnant und Kompanieführer in Jelabuga/Russland Mitte April 1943.
Der Förderverein ALTER FRIEDHOF Schwerin e.V.
Der Verein setzt sich für die Bewahrung des ältesten noch genutzten Friedhofes in Schwerin ein. Dabei arbeitet er eng mit der Landeshauptstadt zusammen.
Ziele:
- Erweiterung der Liste der erhaltenswerten Grabanlagen
- Bestandsaufnahme der gefährdeten Grabanlagen und deren Sicherung
- Wiederherstellung und Pflege von Grabanlagen
- Gewinnung von „Grabpaten“, Fördermitgliedern und von Unternehmen und Institutionen
- langfristig die Wiederherstellung der alten parkartigen Struktur des Alten Friedhofes
Um diese Ziele zu erreichen, brauchen wir auch Ihre Hilfe.
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Förderverein Alter Friedhof Schwerin e.V. Obotritenring 245, 19053 Schwerin
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- Artikel-Nr.: SW9783965218253458270
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Mit
Förderverein Alter Friedhof Schwerin e.V., Lutz Dettmann
- Wasserzeichen ja
- Verlag EDITION digital
- Seitenzahl 152
- Veröffentlichung 01.12.2022
- ISBN 9783965218253
- Wasserzeichen ja