Das Öhmchen
Entdecken Sie die packende Geschichte eines außergewöhnlichen Mannes, bekannt als "Doktor Strohdach", der mit seiner unerschütterlichen Tierliebe und seinem unkonventionellen Lebensstil die Herzen seiner Mitmenschen gewann. In der idyllischen Landschaft der Schwäbischen Alb baute er eine kleine, aber besondere Praxis auf, die für viele Menschen eine Zuflucht war. Doch die friedliche, scheinbar unpolitische Welt von Dr. Meyer-Strohdach wird durch die Grausamkeiten der Nationalsozialisten erschüttert.
Diese Erzählung aus dem Jahr 1944 verbindet die Schönheit der Natur und die Tiefe menschlicher Beziehungen mit den düsteren Schatten der Geschichte. Lassen Sie sich von dieser bewegenden Geschichte in eine vergangene Zeit entführen und erleben Sie die Lebensweisheiten eines Mannes, der in den einfachsten Dingen das größte Glück fand.
Ich war aber, sosehr mir die Raue Alb, Hechingen und das ganze schwäbische Land mit seiner kräftigen, ehrlichen bäuerlichen Bevölkerung gefiel, gegen eine zu schnelle Verankerung in dem kleinen, halb preußischen, halb schwäbischen Städtchen; und meine Frau sekundierte mir wacker hierbei.
So schlug ich auch an jenem Oktobertag den ersten Großangriff des Öhmchens ab, indem ich ihm erklärte, sein Projekt sei eines Wilhelms des Eroberers würdig; aber ich möchte mich nicht für mein Leben mit soviel Land, Haus und Hof und vor allem nicht mit Schulden und Anleihen belasten. Das Öhmchen packte schweigend seine Skizzen mit den farbigen Linien ein. Und seit dieser Stunde fiel der zweite Schatten über unser gegenseitiges Verhältnis.
Er nannte mich danach oft einen „kleinen Kirchturmspolitiker“ ohne jeglichen Weitblick und Wagemut; aber die eigentliche Hemmung sah er in meiner Frau, die „großstadtsüchtig“ sei und nach Stuttgart wolle, ohne dass sie daran denke, welch wunderbarer Boden gerade Hechingen für das gesunde Wachstum und die naturgemäße Erziehung der beiden Buben darstelle! Öhmchen, der fast sechzigjährige Junggeselle, machte es mir zum Vorwurf, dass ich mich „ganz im Banne“ meiner Frau befinde; und als ich ihm lachend dies bestätigte, da wandte er sich enttäuscht und entrüstet von mir.
Dennoch kaufte er die beiden Grundstücke unter Einsatz seiner letzten Ersparnisse und Aufnahmen vieler Schuldverschreibungen und Hypotheken; er hatte sich in den Plan verrannt. Bald jedoch erkannte er selbst, dass er eines Tages von den Schuldenlasten erdrückt würde, wenn er den „Jungborn“ nicht schnell aufbauen und rentabel machen konnte. Er suchte alle Welt dafür zu interessieren. Aber die Leute fragten mit Recht: „Wie steht denn Ihr Neffe zu dem Plan? Er ist doch Arzt! Hat er sich daran beteiligt?“
Mir aber war es einmal gar nicht nach „Lebensabend“ zumute, und zweitens wollte ich letzten Endes doch nach Stuttgart. Mir war es gar nicht so ausgemacht, dass es im „Ländle“ in den nächsten Jahren so ruhig bleiben würde. Ich erklärte das auch ganz offen dem Öhmchen – der ein überzeugter Hindenburg-Wähler war – während ich Ernst Thälmann meine Stimme gab.
Friedrich Wolf (* 23. Dezember 1888 in Neuwied; † 5. Oktober 1953 in Lehnitz) war ein deutscher Arzt, Schriftsteller und Dramatiker, der sich besonders durch seine politische und literarische Arbeit einen Namen machte.
Friedrich Wolf wurde als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geboren. Er studierte von 1907 bis 1912 Medizin, Philosophie und Kunstgeschichte in verschiedenen deutschen Städten und promovierte 1913 in Medizin. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Truppenarzt und entwickelte sich zum entschiedenen Kriegsgegner. Nach dem Krieg engagierte er sich politisch und wurde Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrats in Dresden.
Wolf war ab 1928 Mitglied der KPD und verfasste zahlreiche politisch engagierte Werke. Sein bekanntestes Drama, "Cyankali" (1929), prangerte das Abtreibungsverbot des § 218 an und löste eine breite gesellschaftliche Debatte aus. Neben seiner literarischen Tätigkeit arbeitete er als Arzt und engagierte sich für die Rechte der Arbeiterklasse.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Wolf 1933 in die Sowjetunion, wo er weiterhin literarisch aktiv war und für Radio Moskau arbeitete. Während des Spanischen Bürgerkriegs versuchte er, als Arzt an den Internationalen Brigaden teilzunehmen, blieb aber in Frankreich. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er in Frankreich interniert, konnte jedoch 1941 mit sowjetischer Hilfe nach Moskau zurückkehren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Wolf nach Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR kulturpolitisch. Er war Mitbegründer der DEFA und der Deutschen Akademie der Künste. Zudem diente er von 1949 bis 1951 als erster Botschafter der DDR in Polen. Friedrich Wolf starb 1953 an einem Herzinfarkt und wurde auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde in Berlin beigesetzt.
Wolf hinterließ ein umfangreiches literarisches Werk, das durch seinen politischen und sozialen Einsatz geprägt ist. Seine Söhne Markus und Konrad Wolf setzten sein Erbe als bedeutende Persönlichkeiten der DDR fort.
Staatliche Auszeichnungen
1943: Orden Roter Stern
1949: Nationalpreis der DDR II. Klasse für das Theaterstück Professor Mamlock
1950: Nationalpreis der DDR I. Klasse für den Film Rat der Götter.
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- Artikel-Nr.: SW9783689121242458270
- Artikelnummer SW9783689121242458270
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Autor
Friedrich Wolf
- Wasserzeichen ja
- Verlag EDITION digital
- Seitenzahl 28
- Veröffentlichung 01.08.2024
- ISBN 9783689121242
- Wasserzeichen ja