Freitags beim Angeln

Jeden Freitag nach der Schule steht Klaus am Fluss und angelt. Eigentlich geht es ihm gar nicht so sehr darum, Fische zu fangen – er braucht diese eine Stunde, um sich zu erholen – vor allem von der stressigen Mathematik, die nun wirklich nicht sein Lieblingsschulfach ist. Zufällig macht er die Bekanntschaft mit einem jungen Mann, der ihm eine Weile zuschaut und dann behauptet: „Angeln ist langweilig!” Worauf Klaus prompt erwidert: „Mathematik ist langweilig!“ – ohne zu wissen, dass er das zu einem Mathematiker sagt. Aus der zufälligen Begegnung wird eine regelmäßige, wobei einer dem anderen beweisen will, was... alles anzeigen expand_more

Jeden Freitag nach der Schule steht Klaus am Fluss und angelt. Eigentlich geht es ihm gar nicht so sehr darum, Fische zu fangen – er braucht diese eine Stunde, um sich zu erholen – vor allem von der stressigen Mathematik, die nun wirklich nicht sein Lieblingsschulfach ist. Zufällig macht er die Bekanntschaft mit einem jungen Mann, der ihm eine Weile zuschaut und dann behauptet: „Angeln ist langweilig!” Worauf Klaus prompt erwidert: „Mathematik ist langweilig!“ – ohne zu wissen, dass er das zu einem Mathematiker sagt. Aus der zufälligen Begegnung wird eine regelmäßige, wobei einer dem anderen beweisen will, was tatsächlich langweilig ist. Am Ende der Geschichte haben beide voneinander gelernt und am Hobby des anderen Freude gefunden. Angeln ist nicht langweilig. Und Mathematik muss es auch nicht sein.

Ein Buch aus der Reihe "Die kleinen Trompeterbücher" für Leser ab 8 Jahre.



LESEPROBE:

„Na, beißen sie?" Klaus drehte sich um. Der junge Mann vom letzten Freitag stand vor ihm. Klaus wollte allein sein mit seinem Kummer. Deshalb antwortete er schroff: „Nein!"

Der Mann blieb an seiner Seite. „Warum?”, fragte er nach einer Weile. „Warum ist Mathematik langweilig?“

Klaus wollte gleich eine patzige Antwort geben, aber ihm fiel nichts ein. Das ärgerte ihn, und er sagte trotzig: „Weil sie eben langweilig ist.“

Der Mann lachte. „Du bist mir ein Spaßvogel! Und eine Angel ist eine Angel, weil man damit angeln kann, stimmt’s? Exakt: Du behauptest, Mathematik ist langweilig. Wer das behauptet, muss es beweisen können.“

Und genau das konnte Klaus nicht. „Ich hab eine Fünf geschrieben, die dritte in diesem Schuljahr", sagte er kleinlaut. Er dachte an Frau Bergholz, die ihn enttäuscht angesehen hatte: Die dritte Fünf, Klaus! Der Ingenieur pfiff leise durch die Zähne. „Oh!", sagte er, „das ist oberfaul. Drei Fünfen in Mathematik!" Und er schüttelte bedächtig den Kopf. Plötzlich streckte er aufgeregt den Finger zum Fluss und rief: „Da, pass doch auf!"

Der Schwimmer tauchte in kurzen Abständen unter das Wasser. „Zieh doch !", sagte der Ingenieur aufgeregt. Aber Klaus ließ sich Zeit. „Zieh doch!“, wiederholte der Mann dringend. Aber erst, als der Schwimmer ganz unter Wasser blieb, zog Klaus mit einem leichten Ruck an.

„Ruhig bleiben", kommentierte er seine Arbeit. „Der sitzt.“ Langsam spulte er die Angelsehne auf. Der Schwimmer kam wieder an die Oberfläche und dann, zappelnd, der Fisch.

„Wir haben ihn!", rief der Ingenieur fröhlich. In dem Moment fuhr sein Bus ab.



„Na, beißen sie?" Klaus drehte sich um. Der junge Mann vom letzten Freitag stand vor ihm. Klaus wollte allein sein mit seinem Kummer. Deshalb antwortete er schroff: „Nein!"

Der Mann blieb an seiner Seite. „Warum?”, fragte er nach einer Weile. „Warum ist Mathematik langweilig?“

Klaus wollte gleich eine patzige Antwort geben, aber ihm fiel nichts ein. Das ärgerte ihn, und er sagte trotzig: „Weil sie eben langweilig ist.“

Der Mann lachte. „Du bist mir ein Spaßvogel! Und eine Angel ist eine Angel, weil man damit angeln kann, stimmt’s? Exakt: Du behauptest, Mathematik ist langweilig. Wer das behauptet, muss es beweisen können.“

Und genau das konnte Klaus nicht. „Ich hab eine Fünf geschrieben, die dritte in diesem Schuljahr", sagte er kleinlaut. Er dachte an Frau Bergholz, die ihn enttäuscht angesehen hatte: Die dritte Fünf, Klaus! Der Ingenieur pfiff leise durch die Zähne. „Oh!", sagte er, „das ist oberfaul. Drei Fünfen in Mathematik!" Und er schüttelte bedächtig den Kopf. Plötzlich streckte er aufgeregt den Finger zum Fluss und rief: „Da, pass doch auf!"

Der Schwimmer tauchte in kurzen Abständen unter das Wasser. „Zieh doch !", sagte der Ingenieur aufgeregt. Aber Klaus ließ sich Zeit. „Zieh doch!“, wiederholte der Mann dringend. Aber erst, als der Schwimmer ganz unter Wasser blieb, zog Klaus mit einem leichten Ruck an.

„Ruhig bleiben", kommentierte er seine Arbeit. „Der sitzt.“ Langsam spulte er die Angelsehne auf. Der Schwimmer kam wieder an die Oberfläche und dann, zappelnd, der Fisch.

„Wir haben ihn!", rief der Ingenieur fröhlich. In dem Moment fuhr sein Bus ab. „Macht nichts, ich nehme den nächsten. Ist das eine Forelle?"

Klaus sah den Mann argwöhnisch an. „Eine Forelle“, sagte er gedehnt, „in diesem Wasser und mit Regenwurm am Haken? Exakt: Wo soll die herkommen?" Unwahrscheinlich, wie wenig Ahnung manche Erwachsene vom Angeln hatten. „Eine Plötze ist es, das sieht man doch. Katzenfisch.“

„Man kann nicht alles wissen", verteidigte sich der Ingenieur. „Also eine Plötze, aha.“

„Für mich ist es aber ein Wrackbarsch. Der wird bis zu zwei Meter lang. Er kommt im Mittelmeer vor und an den Küsten des Atlantik."

„Das versteh ich nicht", sagte der Ingenieur. „Ich hielt den Fisch für eine Forelle. Du sagst, es ist eine Plötze. Aber für dich wäre es ein Wrackbarsch, zwei Meter lang aus dem Mittelmeer. Wie das?"

„Mein Vater ist Kapitän. Er befährt die Meere der Welt. Aus jedem Hafen schickt er Ansichtskarten. Ich stelle mir vor, wo er ist. Und dort angle ich", erklärte Klaus.

„Ah, ich verstehe. Zurzeit fährt dein Vater auf dem Mittelmeer, und deshalb angelst du einen Wrackbarsch", sagte der Mann. „Du hast immerhin Fantasie."

„Ja", sagte Klaus, „und deshalb ist Mathematik langweilig. Da gibt es keine Fantasie. Nur Zahlen."



Ulrich Völkel

1940 in Plauen/Vogtland geboren, Abitur 1959, danach zwei Jahre Militärdienst (NVA).

1961 Praktikum am Theater Putbus, 1962 Kulturreferent der Stadt Saßnitz, Leiter des Stadtkabinetts für Kulturarbeit in Schwerin

1963/65 Studium, Institut für Literatur „Johannes R. Becher“, Leipzig

1966 Oberreferent beim Rat des Bezirkes Schwerin, Abteilung Kultur, 1967/69 Dramaturg und Regieassistent am Staatstheater Schwerin

1969/71 künstlerischer Mitarbeiter des Generalintendanten am Volkstheater Rostock

Seit 1971 freier Schriftsteller, Herausgeber und Lektor, 1993 Gründung des RhinoVerlages (verkauft: 2006), seit 2013 Cheflektor im Eckhaus-Verlag Weimar

Seit November 2001 in Weimar ansässig

Autor, Mitverfasser oder Herausgeber von ca. 60 Büchern

Verheiratet, zwei Kinder.

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