Die Rechnung
Die Tony Cassella-Trilogie - 1
Tony Cassella ist mehr als ein Privatdetektiv. Er ist ein Mann mit einer Mission: er will ehrlich bleiben gegenüber sich selbst, den Menschen, die er liebt, und einem Ehrenkodex, dem er nicht immer genügen kann. Er hat die Seele eines Straßenjungen, beste Kontakte zum Mob und die Haltung eines erstklassigen Gauners … alles Dinge, die ihm bei seiner täglichen Arbeit sehr zugute kommen.
Als ein Anwalt alter Schule bei der Börsenaufsicht auspacken will über die schmutzigen Geheimnisse seiner Kanzlei, um selbst nicht ins Gefängnis zu müssen, wird Tony von der Wall Street-Firma angeheuert, um diese geheime Aussage abzuhören.
Als dann aber der hochbezahlte Kanarienvogel tot auf einem Parkplatz liegt, will Tony den Hintergründen auf die Spur kommen. Er weiß er, dass er der Wahrheit nahe gekommen ist, als er selbst in Lebensgefahr gerät. Um zu begreifen wie nahe, muss er die Lügen der Vergangenheit aufdecken und die ehrenwerten Männern, die jeden Preis zu zahlen bereit sind, um die Vergangenheit ruhen zu lassen, aus ihrem bevorzugten Halbdunkel ans Licht der Öffentlichkeit zerren.
Brillant, witzig, wunderbar lebendig ... Hervorragende Dialoge … Außerordentlich kenntnisreich, was die Polizeiarbeit und das Sicherheitsgewerbe angeht. Ein Held, der gleichzeitig sehr dunkle Seiten hat und sich abquält damit, seinem Ehrenkodex zu genügen.
So furchterregend wie die Schlagzeilen von heute ...
Für »No One Rides for Free«, die Originalausgabe dieses Romans, erhielt Larry Beinhart 1986 den begehrten Edgar Allan Poe Award der Mystery Writers of America für das beste Debüt. »Die Rechnung« ist die neu lektorierte Übersetzung von Werner Waldhoff, die 1989 im Rowohlt Verlag unter dem Titel »Kein Trip für Cassella« zum ersten Mal auf Deutsch erschien.
Die beiden nächsten Romane der Tony Cassella-Trilogie sowie weitere, teils auch bislang unveröffentlichte Romane von Larry Beinhart folgen …
Für die Verteidigung: Paul Dean Whitney, Harvard 1940, Nummer Drei in seiner Klasse, Law Review, Assistent von Paul C. Chillgren III, Harvard ’49, Nummer Fünf, Law Review, und Andrew Lande Depue, Yale ’73, Nummer Sieben, Law Review. Eine stärkere und hochkarätigere Verteidigung konnte man sich nicht wünschen.
Das Team der Staatsanwaltschaft Manhattan, der prestigeträchtigste Platz für öffentliche Ankläger, wurde angeführt von Franco DeMattresse (Columbia, ’69, Nummer Vierzehn) und unterstützt von Leonard Ginsberg (NYU, ’79, Nummer Vier, Law Review) sowie Roosevelt Long (NYU, ’82, Nummer Siebenundzwanzig). Was ihnen an Klasse und Beziehungen fehlte, machten sie durch Aggressivität wett.
Auf der Richterbank: Seine Ehren Paul Stewart McCarthy, Brooklyn Law School. Abendstudium.
Der Angeklagte war eindeutig schuldig. Doch die Gerichtswelt reflektiert die reale Welt durch zwei Linsen, die mit gleicher Intensität verschärfen und verzerren. Regeln der Gesellschaft, fehlerhafte Verknüpfungen des Schicksalsfadens, zufällige Ereignisse, Können und Inkompetenz und Unterlassungssünden, all das kollidiert mit beängstigender Irrationalität und erzeugt etwas, das mit den Gesetzen der Logik nichts zu tun hat. Es gab deshalb keinen Grund, mit einem Schuldspruch zu rechnen.
Nichtsdestoweniger lautete der Spruch: »Schuldig.«
Seine Ehren P. S. McCarthy verkündete das Urteil: »Drei bis fünf Jahre. Attica.«
Das gesamte Verteidigerteam verfiel in einen Schockzustand, der noch tiefer zu gehen schien als damals, 1957, als der erste Jude in die Kanzlei Whitney, Whitney, Stanley und White aufgenommen worden war. Man hätte einen Nadelstreifen fallen hören können.
Die Staatsanwälte mit ihrer Überheblichkeit und ihrem hässlichem Großstadtslang, von dem Sieg bereits beschwingt, waren geschockt. Selbst die Gerichtssaalbesucher, begeisterte Anhänger von Verirrungen und Fehlurteilen, waren geschockt.
Doch am tiefsten saß der Schock bei dem Angeklagten. Attica. Ein Alptraum. Attica. Warum nicht gleich die Hölle? Warum nicht Auschwitz? Er war sechzig. War das nicht alt genug, um seinen blassen weißen Arsch vor Vergewaltigung zu beschützen? Große, schwarze, in Straßenkämpfen gestählte Leiber würden seinen schreibtischbleichen, schreibtischweichen nackten Leib unter der Dusche gegen die gekachelten Wände knallen. Große fette Fäuste. Schwere Füße. Bösartiges, gehässiges Gelächter, während sie ihn vornüberbeugten und schändeten. Kichern und Gelächter aus Freude an der Zerstörung (fünfte Folge von Joy of Sex, sechzehn Wochen auf der Bestseller-Liste der New York Times). Attica. Alptraum. Messer aus Bettfedern in den Händen von Punkern. »Her mit deinen Zigaretten, her mit deinem Geld. Ich quetsch dir die Augen raus, Pop.«
Hier handelte es sich um Wirtschaftskriminalität. Erste Straftat. Er war Anwalt. Anwälte der gehobenen Mittelklasse in mittleren Jahren kommen nicht nach Attica. Kam John Mitchell nach Attica? Dean? Haldeman? Erlichman? Attica war etwas für Tiere. Der Richter musste verrückt sein, dass er einen Vogel in den Katzenkäfig sperrte. Die Dschungelbestien würden ihn bei lebendigem Leib fressen. Ihn zerreißen. Ihm das Blut aussaugen. Und dann bloß so zum Vergnügen die Federn ausreißen.
At-ti-ca! At-ti-ca! At-ti-ca!
»Niemals! Nie! Da geh ich nicht hin!«, kreischte der Angeklagte. Er schaute zu seinen ehemaligen Partnern hinüber, den Anstiftern dieser Barbarei. »Dafür krieg ich euch dran. Ich reiß euch mit rein und diesen Schwanzlutscher Charlie ebenfalls!«
Seine Ehren P. S. McCarthy schlug mit seinem Hämmerchen auf die Tischplatte. Die Verteidigung versuchte den Angeklagten zu beruhigen. Als es wieder ruhiger im Gerichtssaal geworden war, begründete der Richter — was sein Recht und seine Pflicht war -, wie er zu diesem Urteil gelangt war. Seine Logik war klar und präzise. Seine Argumentation war zwingend und verständlich. Auch das war ungewöhnlich.
Seine Ehren sagten: »Ich schicke Kerle dorthin, die ein Radio für fünfzehn Dollar gestohlen haben. Dieser Kerl hier hat acht Millionen Dollar gestohlen. Er kommt nach Attica.«
Im Kopf des Angeklagten tobten Wut und Angst.
Larry Beinhart wuchs in Brooklyn auf und lebt heute — nach einem sechsjährigen Zwischenspiel in Miami — mit seiner Familie in Woodstock. Jener idyllische Ort im Staat New York gelangte 1968 durch das gleichnamige Festival zu weltweiter Berühmtheit.
Larry Beinhart lacht oft und gern, deshalb spielt in seinen Büchern Humor eine so große Rolle. Er vergisst nie, seine Leser auch zum Schmunzeln zu bringen, selbst wenn der Tenor einer Geschichte ernst ist — etwa in seinem hierzulande vermutlich bekanntesten Roman »American Hero«, wenn er den Schlafanzug von Präsident Bush beschreibt: weißes Flanell mit Seehunden, die kleine Präsidenten auf den Nasen balancieren.
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- Artikel-Nr.: SW9783945684047