Kasse knacken
Krimi für Kinder, Eltern und Großeltern
Die zehnjährige Lia ist verzweifelt. Sie und ihre Freunde sind bei der Verfolgung von Umweltverschmutzern an eine gefährliche Diebesbande geraten, aber nur sie weiß, dass ihr älterer Bruder dazugehört. Wie soll sie sich entscheiden? Soll sie den anderen davon erzählen, ihre Mutter einweihen oder womöglich gar zur Polizei gehen? Markus würde verhaftet und eingesperrt werden. Doch wenn sie nichts tut, gerät er bestimmt endgültig auf die schiefe Bahn.
Lia zögert lange. Als sie endlich einen Entschluss fasst, ist es fast zu spät. Markus und sie sitzen in der Falle. Doch zum Glück gibt es die Freunde, die sie in der Not nicht allein lassen.
Eine packende Geschichte aus dem Berlin der neunziger Jahre, in der Rowohlt-Rotfuchs-Reihe erschienen, aber inzwischen vergriffen.
Sie scheinen die richtige Spur zu verfolgen; manchmal gelingt es Ulli mit seinen überspannten Ideen doch, ins Schwarze zu treffen.
Wo stecken die beiden bloß, denkt Lia. Aber vielleicht ist es wegen Markus besser, sie nicht aufmerksam zu machen, vielleicht entdecken sie den Kiosk und Hottes Wagen gar nicht.
Dann hält plötzlich ein anderes Auto neben dem Lieferwagen, ein blauer VW, und Senkel steigt aus. Er knallt die Tür zu, die offenbar schwer schließt, und geht zu dem Kiosk, den Lia beobachtet. Er wechselt ein paar Worte mit der Frau; Lia ist jetzt sicher, dass es sich um seine Mutter handelt. Die Verkäuferin zeigt hinüber zum großen Stadion. Der Bärtige schlägt die Richtung ein, die sie gewiesen hat.
Lia zögert: Soll sie auf Jan und Ulli warten oder Senkel folgen? Aber wozu eigentlich? Um zu erfahren, mit wem er sich vielleicht trifft? Obwohl sie darauf keine klare Antwort geben könnte, geht sie dem Bärtigen hinterher.
Senkel ist ihr ein ganzes Stück voraus, ist schon ziemlich am Ende des Wegs mit den Verkaufsständen. Dort ist ein Bierzelt aufgebaut, und in diesem Zelt verschwindet er.
Lia überlegt. Dieser Senkel hat keine Ahnung von ihr, weshalb soll sie da nicht mal einen Blick in das Zelt werfen? Sie führt Gonni ein Stück zur Seite, bindet die Leine an einen Baum. «Bleib schön ruhig und wart auf mich, ich bin gleich wieder da.» Um ihm noch eine Freude zu machen, holt sie ein Gummibärchen aus der Tiefe einer Tasche in ihrem Jogginganzug. Das Zuckerzeug ist mindestens ein halbes Jahr alt, Gonni nimmt es trotzdem schwanzwedelnd entgegen.
Hinter dem Zelt ist niemand zu sehen, nur vorn am Eingang stehen ein paar Männer. Lia bringt doch nicht den Mut auf, einfach hineinzugehen, sie schlendert vorbei, und dann, als würde sie spielen, an der Zeltwand entlang. An einer Ecke, wo die Segeltuchbahnen zusammengeschnürt sind, findet sich ein Spalt, durch den sie hineinblicken kann.
Das Zeltinnere ist nicht groß, es bietet gerade Platz für den Ausschank und drei, vier Tische. Nur wenige Gäste sind da, deshalb sieht Lia Senkel sofort, und nicht nur ihn. Er sitzt mit einem Mann am Tisch, den sie an seinem Ring im Ohr sogar von hinten erkennt, mit Hotte.
Hotte redet aufgeregt auf den anderen ein. Von ihrem Platz aus kann Lia nichts verstehen, die beiden sprechen zu leise. Wenn sie dagegen ein paar Meter bis zur nächsten Zeltstange schleichen und dort lauschen würde...
Gedacht, getan. Zwar kann sie die beiden nun nicht mehr beobachten, dafür hört sie aber ganz gut ihre Stimmen: die krächzende von Hotte, die helle Senkels, die eigentlich gar nicht zu seinem Typ passt.
«Ich bin doch nicht dämlich», sagt Hotte gerade, «ich weiß, dass ich die Lampe nicht in der Hand hatte, als diese Gören auf dem Hof auftauchten.»
«Du sagst, die Schwester von Markus hat das behauptet?»
«Das hat er mir jedenfalls erzählt. Deshalb kam er ja gestern Mittag bei mir an. Der war völlig durcheinander. Wir haben die Lampe dann aus dem Keller geholt, damit er Ruhe gab und sie ihr zeigen konnte.»
«Zeigen, zeigen. Ein paar hinter die Löffel sollte er ihr geben. Was mischen sich diese Gören in unsere Angelegenheiten?»
«Deine Faulheit ist dran schuld», blafft Hotte. «Du solltest das Gerümpel aus der Stadt rausbringen und nicht bei dir um die Ecke in die Anlagen schmeißen.»
«Ich dachte, die räumen da sowieso auf», sagt Senkel. «Die machen doch alles neu.»
«Du siehst ja, was passiert. Ich hätte mir den Bengel neulich schnappen sollen und ihm eine hinter die Ohren geben. Von wegen Wohnung renovieren. Schnüffeln wollten die. Haben alle große Flausen im Kopf, Umweltschutz und so.
Und die Mädchen heutzutage sind am schlimmsten. Schon mit zwölf ausgebuffte kleine Biester. Raffiniert bis dorthinaus.»
Lia, die das von draußen mitanhört, ist empört. Was bildet der sich ein, so zu reden. Am liebsten würde sie jetzt reingehen und ihm die Meinung geigen.
Die beiden sprechen nun leiser, und Lia kann nichts mehr verstehen. Mit einem Mal wird sie furchtbar traurig. Was sie vermutet hat, ist tatsächlich die Wahrheit. Markus ist gestern wegen der Taschenlampe zu Hotte gelaufen. Er steckt mit diesen Ganoven unter einer Decke.
Lia möchte losheulen, sich am liebsten irgendwo verkriechen, aber die Stimmen drinnen werden wieder lauter, und der Name Markus fällt erneut.
«...aussteigen will er, umso besser», zischt Senkel. «Warum haben wir ihn überhaupt mitmachen lassen? Der ist ja noch grün hinter den Ohren. Wir hätten das auch alleine geschafft.»
«Er war uns von Nutzen und steigt aus, wann wir es wollen. Heute Abend brauchen wir ihn auf jeden Fall noch mal. Dann sehn wir weiter.»
Lias Herz klopft bis zum Hals. Heute Abend haben die Kerle demnach was Neues vor! Und Markus soll mitmachen! Sie presst ihr Ohr noch fester an die Zeltwand und hört, so leise, dass sie es mehr erahnt als versteht: «...neun im 'Anker'. Und jetzt hau ab... lange genug gequatscht.»
Klaus Möckel, der am 4. August 1934 im sächsischen Kirchberg geboren wurde, erlernte zunächst den Beruf eines Werkzeugschlossers, studierte später in Leipzig Romanistik und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Jena. Danach war er als Lektor für romanische Literatur in Berlin tätig. Beim Verlag Volk und Welt machte er sich bald einen Namen als Herausgeber, Übersetzer und Nachdichter vor allem moderner französischer Dichter. Seine 1963 veröffentlichte Dissertation hatte Möckel über den Autor des Kleinen Prinzen geschrieben: „Die Rolle der bürgerlichen Gesellschaft bei der Herausbildung von Antoine de Saint-Exupérys Weltanschauung“. Seit 1969 arbeitet der Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer als freier Autor. Seither veröffentlichte er fast 50 Bücher: Spannende Krimis, anspruchsvolle Science-Fiction-Bücher, sehr gut recherchierte historische Romane, einfühlsame Lebensberichte und wunderschöne Kinderbücher, darunter Erfolgstitel wie „Hoffnung für Dan“ und „Die Gespielinnen des Königs“ sowie die literarischen Vorlagen für die Polizeiruf-110-Folgen „Drei Flaschen Tokaier“ und „Variante Tramper“. Hinzu kommen 14 Herausgaben und 19 Übersetzungen aus dem Französischen, Spanischen und Russischen. Möckel arbeitete häufig, vor allem bei Übersetzungen, mit seiner Frau Aljonna Möckel zusammen und verfasste gemeinsam mit ihr unter dem Pseudonym Nikolai Bachnow mehrere Fortsetzungsbände zu den Märchenromanen Alexander Wolkows wie „Die unsichtbaren Fürsten“ und „Der Hexer aus dem Kupferwald“.
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- Artikel-Nr.: SW9783863944674.1