Labyrinth im Kaoko-Veld

Doktor Konrad Grimm, Historiker und Ethnologe, tritt seine Reise nach Namibia mit gemischten Gefühlen an. Natürlich freut er sich auf das Wiedersehn mit Land und Leuten, und wenn es sich bewahrheitet, dass es in den Felsmassiven des Kaoko-Velds Zeugnisse moderner Buschmannskunst gibt, wird diese Exkursion auch ein wissenschaftlicher Erfolg. Andererseits ist Grimm ausgerüstet wie ein Geheimagent. Seine Geldgeber verlangen nämlich, dass er Proben eines bestimmtes Minerals außer Landes schmuggelt. Das bedrückt und verunsichert ihn, und es macht ihn misstrauisch. Gibt die attraktive Lu seinem Werben nach, weil sie ihn mag, oder will sie ihm... alles anzeigen expand_more

Doktor Konrad Grimm, Historiker und Ethnologe, tritt seine Reise nach Namibia mit gemischten Gefühlen an. Natürlich freut er sich auf das Wiedersehn mit Land und Leuten, und wenn es sich bewahrheitet, dass es in den Felsmassiven des Kaoko-Velds Zeugnisse moderner Buschmannskunst gibt, wird diese Exkursion auch ein wissenschaftlicher Erfolg.

Andererseits ist Grimm ausgerüstet wie ein Geheimagent. Seine Geldgeber verlangen nämlich, dass er Proben eines bestimmtes Minerals außer Landes schmuggelt. Das bedrückt und verunsichert ihn, und es macht ihn misstrauisch.

Gibt die attraktive Lu seinem Werben nach, weil sie ihn mag, oder will sie ihm nachspionieren? Und van Draken, der angebliche Reporter! Warum hängt er sich an Grimm? Auch der Herero Jesaya und der Buschmann Kungóro, Fahrer und Führer Grimms, benehmen sich eigenartig. Es wird eine Fahrt voller Gefahren, weil jeder sein besonderes Ziel verfolgt und weil sie in einen Krieg führt.



Es war ein dumpfer Knall, der fast unterging in den Motorgeräuschen des Rovers. Im ersten Moment meinte Grimm sogar, sich verhört zu haben. Aber hatten nicht auch Jesaya und Kungóro aufgehorcht?

Jesaya nahm, vielleicht unwillkürlich, Gas weg. Da rollte ein gedämpftes Grollen, das Echo, über die Hügel. Es klang unter dem gelblichen Himmel wie der Vorbote eines fernen Gewitters.

Über der Pad schwebten noch Auspuffgase und Streifen der Staubfahne des Jeeps. Vorn, wo das "Wellblech" rötlichgelb in einer rostroten Senke verschwand, war es still. Stille auch im Innern des Rovers, der vorsichtig weiterholperte.

Jesaya saß geduckt am Steuer, Kungóro aufgerichtet auf dem Beifahrersitz. Beide spähten voraus, und Grimm ertappte sich dabei, wie er ebenfalls angestrengt den staubigen, zerfurchten Weg vor der Motorhaube musterte.

Gesprochen wurde kein Wort, doch meinte Grimm zu spüren, dass auch die Gedanken seiner Begleiter um ein und dasselbe kreisten: um den Knall, die Detonation. War es ein Anschlag gewesen, der Abschuss einer Bazooka oder die Explosion einer Mine? Hatte es dem Jeep gegolten, ihn erwischt? Was würden sie hinter der nächsten, der übernächsten Krümmung erblicken?

Weiterzudenken weigerte sich Grimm. Er sah vor sich auftauchen wie in einem Traum die Runde unter den Sykomoren, sah den schattigen Hain, zwischen den Stämmen zwei reglose Gestalten; er schob diese Bilder beiseite.

Und dann beschleunigte Jesaya. Sie rumpelten jetzt durch die Senke, die sich als flaches, leicht gewundenes Tal erwies. Vor einer der Windungen ein Autowrack, der umgekippte, zerfetzte Jeep.

Jesaya hatte sich aufgerichtet, Kungóro geduckt. Jesaya achtete kaum mehr auf die Unebenheiten der Pad; Kungóro schien noch angespannter auszuspähen.

Plötzlich seine Stimme. "Janda! Jandeka! - Stopp! Halt an!"

Jesaya trat auf die Bremse, und Grimm wurde erst nachträglich bewusst, dass Kungóro Otjiherero benutzt und Jesaya die Worte wie einen Befehl befolgt hatte.

Sie stiegen aus, und Kungóro, nun wieder schweigsam, übernahm die Führung. Den Blick auf der Pad, ging er rasch voran. Grimm und Jesaya setzten auf dem harten, staubbedeckten Sand die Füße, wo sie die Abdrücke seiner Sandalen sahen, und achteten darauf, nicht danebenzutreten.

Am Jeep blieb Kungóro stehen, und sie standen gleichfalls eine Weile vor dem Wrack und den verkrümmten, reglosen Gestalten darin. Wieder zuckten Grimm Bilder durchs Hirn, und abermals wich er vor Schlussfolgerungen zurück. Erst ein Laut, ein Stöhnen, das aus den Trümmern drang, machte ihm die Situation voll bewusst.

Die Polizisten - verletzt, aber am Leben. Wenn sie durchkamen, sich an das Kommen und Gehen, das Treiben am Rastplatz erinnerten...

Kungóro fasste sich als erster. Er bedeutete Grimm und Jesaya, mit anzupacken. Ächzend richteten sie das Wrack auf; während sie hoben und stemmten, hörte Grimm das Stöhnen, vermischt mit dem Hämmern des eigenen Blutes.

Endlich kippte der Jeep wieder auf drei der Räder. Das vierte, links vorn das, war weggerissen, der Wagen unter und neben dem Fahrersitz völlig zerstört. Grässlich - die Verletzungen des Fahrers.

Das Stöhnen kam von dem Mann daneben. Am Leben war also nur noch der vierschrötige Polizist; der Spitznasige, der nach der Kontrolle gegrüßt hatte, war tot.

Der Erträgliche tot und der Vierschrot am Leben und wir in dieser gottverlassenen Gegend allein mit einem Verletzten...

Grimm unterdrückte den Gedanken, der ihn bedrängte, sah zu Kungóro, zu Jesaya. Die beiden verschnauften sich nicht anders als er, und beide schienen ihn und einander genauso wie er sie abzuschätzen.

Was tun? Wer gibt einen Anstoß, den Anstoß - wozu?

Kungóro räusperte sich, und Grimm nickte.

Und ich, ging es ihm durch den Kopf, wollte mich raushalten.

Da hatte er schon mit angepackt, mit Hand gelegt an den wimmernden, schwergewichtigen Polizisten. Gemeinsam mit Kungóro und Jesaya hob er den Verletzten aus dem Wrack und lagerte ihn auf einer der Planen, die sie im Fond gefunden hatten.

In die andere Plane hüllten sie den Leichnam.

Während Jesaya den Rover holte und Grimm sich um den Verletzten kümmerte, suchte Kungóro die Pad vor dem Wrack ab. Um eine Stelle im staubigen Sand zog er einen Kreis. Weitere Minen schien er nicht zu vermuten.

Zu dritt betteten sie den Verletzten der äußerlich nur Platzwunden aufwies, nicht bei Bewusstsein war und unablässig stöhnte, auf die Rückseite des Rovers. Davor legten sie die Plane mit dem Toten. Kungóro zwängte sich zwischen die Vorräte im Heck.

Zuvor hatte er auf den Kreis im Sand gezeigt und zu Jesaya gesagt: "Kona aró! - Gib dort Acht!"

Es waren seit jenem "Halt an!" die ersten Worte gewesen.

Bis Ohopoho hatten sie noch knapp vierzig Kilometer zurückzulegen. Sie benötigten dafür auf dem "Wellblech", mit dem stöhnenden Verletzten im Fond, fast anderthalb Stunden. Erst gegen sechs, als es schon dämmerte, kamen sie an.



Dietmar Beetz

Geb. 1939 in Neustadt am Rennsteig. Oberschulbesuch in IImenau; Medizinstudium in Leipzig und Erfurt. 1965/66 Schiffsarzt; Ausbildung zum Hautarzt und Spezialisierung für Betriebsmedizin;

1973 als Arzt in Guinea-Bissau. Wohnt in Erfurt und arbeitet bis zur Stunde in seinem Beruf.

Wissenschaftliche Publikationen und seit 1971 an die 60 Buchtitel in hoher Gesamtauflage.

Einige Preise literarischer Art. Einspänner seit dem Austritt aus diversen Vereinen.

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