Schwarzer Dezember

Roman

München, Dezember 1973. Vier Filmleute finden sich zusammen, um irgendwo in der Dritten Welt einen ehrlichen, nichtkommerziellen Fernsehfilm zu drehen: die Aufnahmeleiterin einer Werbeagentur und ihr sehr viel älterer, vitaler Chef, ein Soziologiestudent — Fabrikantensohn mit linken Neigungen — und ein Regisseur, Krimi-Routinier von Ende Vierzig, der sieben Jahre zuvor die DDR verlassen hat. Sie alle suchen das Wagnis oder wollen sogar ihr Leben ändern, ihm wieder einen Sinn geben, der im Glanz und Gedränge des BRD-Alltags, bei der Jagd nach Erfolg unmerklich verloren ging. Dies ist die Geschichte einer Filmproduktion, die als Ausbruch aus... alles anzeigen expand_more

München, Dezember 1973.

Vier Filmleute finden sich zusammen, um irgendwo in der Dritten Welt einen ehrlichen, nichtkommerziellen Fernsehfilm zu drehen: die Aufnahmeleiterin einer Werbeagentur und ihr sehr viel älterer, vitaler Chef, ein Soziologiestudent — Fabrikantensohn mit linken Neigungen — und ein Regisseur, Krimi-Routinier von Ende Vierzig, der sieben Jahre zuvor die DDR verlassen hat.

Sie alle suchen das Wagnis oder wollen sogar ihr Leben ändern, ihm wieder einen Sinn geben, der im Glanz und Gedränge des BRD-Alltags, bei der Jagd nach Erfolg unmerklich verloren ging. Dies ist die Geschichte einer Filmproduktion, die als Ausbruch aus gesicherter Existenz beginnt: Aufbruch ins Unbekannte, ins Abenteuer. Jeder der vier hat sein eigenes Ziel — man will Freiheit, Selbstverwirklichung, Ruhm, Liebe oder einfach wieder Geld —, wie soll aus vier verschiedenen Träumen ein gemeinsames Filmwerk werden?

Im Mittelpunkt steht der Regisseur Bernsdorff, den der Drang nach Wahrheit, nach freiem und wirksamem künstlerischen Ausdruck von einem Land ins andere treibt — bis über den Ozean, in eine fremde Welt, an den Rand physischer Vernichtung. Der Weg führt in eine gut getarnte Falle. In der Gefahr zerbricht sein Team, doch außer ihm hält noch jemand — wenn auch anders als er — der unerhörten Drohung stand.

»Das letzte, was man verliert, ist immer die Hoffnung«, so schließt das Buch.



"Wovon sprechen Sie, Exzellenz?"

"Das wissen Sie sehr gut."

"Erlauben Sie mir, zur Sache zu kommen. Ich rufe an, um Sie zu warnen, Herr Minister. Uns liegt ein Bericht vor, nach dem Ihre Person das Ziel eines Anschlags ist. Stadtguerilleros wollen zum Auftakt des Wahlkampfes offenbar einen Kandidaten entführen."

"Und wieso gerade mich?"

"Weil Sie, Exzellenz, schwächer bewacht sind als General Ríos und Oberst Matarrazo. Sie haben auf Personenschutz durch uns ja ausdrücklich verzichtet."

"Seien Sie unbesorgt, meine Leibwache passt auf."

"Vermutlich steht der geplante Anschlag in Zusammenhang mit den Filmaufnahmen auf Ihrem Grundstück. Dies bedeutet akute Gefahr!"

Toledos Stimmung hob sich. Ponce besaß – obschon nur Direktor, also drei Besoldungsklassen unter ihm – mehr Macht als er; trotzdem konnte er ihn unmöglich ernst nehmen. "Bei mir, ist alles dicht, Major. Niemand kommt vor Abschluss der Dreharbeit hinaus oder herein."

"Ich weiß! Aber wenn nun der oder die Täter schon drin sind, was dann?"

Toledo lachte leise; 'ich weiß' – das war dem so entschlüpft. Auch noch ein schlechter Lügner! Polizisten widerstanden schwer der Versuchung, mit ihrem Wissen zu prahlen... Der Grund des Anrufs war nun klar. Ponce hatte erfahren, dass er bei ihm vor verschlossenen Türen stand, und wollte sich Zutritt verschaffen, damit sein Coup doch noch über die Bühne ging. "Wenn Anlass zu solchen Befürchtungen ist, warum verständigen Sie mich dann erst jetzt?"

"Es ist eine ganz frische Spur", erwiderte Ponce schrill, mit einem Stich ins Hysterische. "Ich rate Ihnen dringend, Exzellenz, bleiben Sie im Haus, meiden Sie den Garten – schließen Sie sich in Ihrem Zimmer ein, bis wir da gewesen sind!"

"Und wie ist's mit beten? Zu beten empfehlen Sie mir nicht?"

"Bei Gott, dies ist kein Scherz!"

"Das glaube ich Ihnen, mein Lieber. Ihre späte Warnung passt genau ins Bild. Sie haben Extremisten in das Team geschleust – so plump, dass sogar mir, der solche Tricks nicht kennt, einiges aufgefallen ist. Und diese Leute möchten Sie nun hier ergreifen, um mich gehörig in Verruf zu bringen. Da aber sagt man Ihnen, meine Tür ist zu..."

"Ich verwahre mich schärfstens gegen diese Unterstellung!"

"Ach, geben Sie sich keine Mühe. Das Haus steht Ihnen ab zehn Uhr offen, falls Sie einen richterlichen Durchsuchungsbefehl mitbringen. Andernfalls begehen Sie Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch, das ist Ihnen doch bewusst? Natürlich, Sie sind ja Jurist wie ich. Und noch eins: verändern Sie nicht das Tonband. Ich nehme meine Gespräche selber auf und will Ihnen einen peinlichen Vergleich ersparen, später vor Gericht. Haben wir uns verstanden?"

"Sie verkennen die Lage, Herr Minister." Die Antwort kam dumpf. "Ich hab getan, was ich konnte... Gott schütze Sie."



Wolfgang Schreyer, geboren 1927 in Magdeburg. Oberschule, Flakhelfer, Soldat, US-Kriegsgefangenschaft bis 1946. Debütierte mit dem Kriminalroman "Großgarage Südwest" (1952), seitdem freischaffend, lebt in Ahrenshoop. 1956 erhielt er den Heinrich-Mann-Preis für den Kriegsroman "Unternehmen Thunderstorm". Schreyer zählt zu den produktivsten und erfolgreichsten Autoren spannender Unterhaltungsliteratur in der DDR, schrieb Sachbücher, Szenarien für Funk und mehr als zwanzig Romane mit einer Gesamtauflage von 6 Millionen Exemplaren.

weniger anzeigen expand_less
Weiterführende Links zu "Schwarzer Dezember"

Versandkostenfreie Lieferung! (eBook-Download)

Als Sofort-Download verfügbar

eBook
8,99 €

  • SW9783863941048

Ein Blick ins Buch

Book2Look-Leseprobe

Andere kauften auch

Andere sahen sich auch an

info