Variante Tramper
Kriminalroman
Ein Kind wird von einem PKW überrollt. Der Fahrer, ein Student, braust einfach weiter, bekommt dann allerdings Gewissensbisse. Seine Mutter aber hindert ihn daran, sich zu stellen. Sie will ihrem Sohn die Karriere nicht verderben und erpresst ihren Bruder, damit er ihnen aus der Patsche hilft. Ein teuflischer Plan wird ersonnen, ein Tramper zum Sündenbock erkoren. Die Kriminalisten, Bothe und Kielstein, sehen sich einem Geflecht aus Lügen und Korruption gegenüber, das sie zunächst nicht zerreißen können.
Ein Krimi über Engpässe in der Versorgung und die daraus entstehende Bestechlichkeit. Bei der Aufklärung des raffiniert angelegten Falles werden aber auch das Prestigedenken bestimmter Schichten sowie Jugendprobleme zur Sprache gebracht.
LESEPROBE:
Er erwacht, weil ihn jemand am Arm rüttelt. Wind ist aufgekommen, der Himmel hat sich bewölkt, es sieht nach Gewitter aus.
"Steh auf, wir müssen weg", sagt eine Stimme, die Jochen schon mal gehört hat, fürs erste aber nicht einzuordnen weiß.
"Was ist, wo bin ich?"
"Das mit meiner Frau klappt nicht, wir machen's anders."
"Ach so", sagt Jochen, denn nun kommt ihm die Erinnerung. Er muss fast zwei Stunden geschlafen haben; seine Taschenuhr zeigt halb neun. Der Tisch, die Stühle stehen noch am Haus, aber die Bierflaschen sind bedauerlicherweise verschwunden. Der Mann, der offenbar schon eine Weile zurück ist, muss sie weggeräumt haben.
"Pack deine Decke ein, beeil dich!"
"Mensch, hab' ich gepennt."
"Um so besser für dich."
Die Stimme klingt im Gegensatz zu vorhin unfreundlich, dennoch sagt der Tramper: "Am liebsten würd' ich hier übernachten."
"Das geht nicht. Es wird bald ein Gewitter geben, und wir können nicht ins Haus."
"Irgendwie würden wir's schon schaffen."
"Ich hab' gesagt, es geht nicht."
"Und was soll nun werden?", brummt Jochen.
"Nach Neustanwitz kann ich dich jetzt nicht fahren, das ist zu weit. Ich bringe dich zum nächsten Bahnhof, ein bisschen Geld hast du doch?"
"Naja."
Jochen nimmt sein Bündel, sie schieben das Tor zu und steigen in den Lada. Diesmal finden sie ohne Mühe durch den Wald. So oder ähnlich musste es ja kommen, denkt der Tramper. Aber als der erste Guss niederprasselt, ist er froh, wenigstens im Trockenen zu sitzen.
Sie fahren einige Kilometer, ohne dass sich noch ein Gespräch ergibt. Der Mann scheint verstimmt zu sein, auf Jochens Frage, was seiner Frau dazwischengekommen sei, reagiert er ausweichend und unwirsch.
Er erwacht, weil ihn jemand am Arm rüttelt. Wind ist aufgekommen, der Himmel hat sich bewölkt, es sieht nach Gewitter aus.
"Steh auf, wir müssen weg", sagt eine Stimme, die Jochen schon mal gehört hat, fürs erste aber nicht einzuordnen weiß.
"Was ist, wo bin ich?"
"Das mit meiner Frau klappt nicht, wir machen's anders."
"Ach so", sagt Jochen, denn nun kommt ihm die Erinnerung. Er muss fast zwei Stunden geschlafen haben; seine Taschenuhr zeigt halb neun. Der Tisch, die Stühle stehen noch am Haus, aber die Bierflaschen sind bedauerlicherweise verschwunden. Der Mann, der offenbar schon eine Weile zurück ist, muss sie weggeräumt haben.
"Pack deine Decke ein, beeil dich!"
"Mensch, hab' ich gepennt."
"Um so besser für dich."
Die Stimme klingt im Gegensatz zu vorhin unfreundlich, dennoch sagt der Tramper: "Am liebsten würd' ich hier übernachten."
"Das geht nicht. Es wird bald ein Gewitter geben, und wir können nicht ins Haus."
"Irgendwie würden wir's schon schaffen."
"Ich hab' gesagt, es geht nicht."
"Und was soll nun werden?", brummt Jochen.
"Nach Neustanwitz kann ich dich jetzt nicht fahren, das ist zu weit. Ich bringe dich zum nächsten Bahnhof, ein bisschen Geld hast du doch?"
"Naja."
Jochen nimmt sein Bündel, sie schieben das Tor zu und steigen in den Lada. Diesmal finden sie ohne Mühe durch den Wald. So oder ähnlich musste es ja kommen, denkt der Tramper. Aber als der erste Guss niederprasselt, ist er froh, wenigstens im Trockenen zu sitzen.
Sie fahren einige Kilometer, ohne dass sich noch ein Gespräch ergibt. Der Mann scheint verstimmt zu sein, auf Jochens Frage, was seiner Frau dazwischengekommen sei, reagiert er ausweichend und unwirsch. Schließlich biegen sie in eine Nebenstraße ein und steuern ein dunkles, flach gestrecktes Gebäude an, das einsam in der Landschaft liegt. Im Licht einer flackernden Lampe sieht man Eisenbahngleise blitzen.
Der Regen hat aufgehört; der Fahrer hält an: "Dort ist der Bahnhof, in einer halben Stunde muss ein Zug gehn. Die paar Meter kannst du zu Fuß zurücklegen, ich bin in Zeitdruck."
Jochen steht draußen, er hat sich kaum verabschieden können. Der Wagen rast davon, als ging's um den Großen Preis von Monaco.
War ja wie ausgewechselt, der Onkel, denkt der Tramper, komische Typen gibt's. Missmutig schaut er um sich, die Gegend liegt ausgestorben da. Bis hier mal ein Auto vorbeikommt, faulen einem die Füße ab. Er nimmt sein Bündel über die Schulter und stapft auf das Bahnhofsgebäude zu.
Doch hier erwartet ihn erneut eine Überraschung:
Klaus Möckel, der am 4. August 1934 im sächsischen Kirchberg geboren wurde, erlernte zunächst den Beruf eines Werkzeugschlossers, studierte später in Leipzig Romanistik und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Assistent an der Universität Jena. Danach war er als Lektor für romanische Literatur in Berlin tätig. Beim Verlag Volk und Welt machte er sich bald einen Namen als Herausgeber, Übersetzer und Nachdichter vor allem moderner französischer Dichter. Seine 1963 veröffentlichte Dissertation hatte Möckel über den Autor des Kleinen Prinzen geschrieben: „Die Rolle der bürgerlichen Gesellschaft bei der Herausbildung von Antoine de Saint-Exupérys Weltanschauung“. Seit 1969 arbeitet der Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer als freier Autor. Seither veröffentlichte er fast 50 Bücher: Spannende Krimis, anspruchsvolle Science-Fiction-Bücher, sehr gut recherchierte historische Romane, einfühlsame Lebensberichte und wunderschöne Kinderbücher, darunter Erfolgstitel wie „Hoffnung für Dan“ und „Die Gespielinnen des Königs“ sowie die literarischen Vorlagen für die Polizeiruf-110-Folgen „Drei Flaschen Tokaier“ und „Variante Tramper“. Hinzu kommen 14 Herausgaben und 19 Übersetzungen aus dem Französischen, Spanischen und Russischen. Möckel arbeitete häufig, vor allem bei Übersetzungen, mit seiner Frau Aljonna Möckel zusammen und verfasste gemeinsam mit ihr unter dem Pseudonym Nikolai Bachnow mehrere Fortsetzungsbände zu den Märchenromanen Alexander Wolkows wie „Die unsichtbaren Fürsten“ und „Der Hexer aus dem Kupferwald“.
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- Artikel-Nr.: SW9783863944711