Mord in der Distel-Bar. Der letzte Gast
Kriminalroman
In einer Sommernacht wird Hilde Reichelt, Mitbesitzerin der zwielichtigen Weimarer »Distel-Bar«, in ihrer Küche brutal ermordet. Der Mörder sticht wie besessen auf die Frau ein. Gehen die Männer der K um Hauptmann Seibt anfangs von einer Beziehungstat aus, müssen sie schnell erkennen, dass sie es mit einem Psychopathen zu tun haben. Und schlimmer noch: Der zu Brutalität und Grausamkeit neigende Täter könnte jederzeit wieder zuschlagen!
Der Kriminalroman von Wolfgang Held beruht auf einem wahren Kriminalfall aus dem Jahr 1964. Der Viehpfleger Lothar W., 25 Jahre alt, schnitt einer 53-jährigen Küchenhilfe, die ihn bei einem Einbruch in der Weimarer »Distel-Bar« überraschte, mit einem Hirschfänger die Kehle durch. Der Roman erschien 1968 unter dem Titel »Der letzte Gast« und wurde 2011 vom Verlag Kirchschlager unter dem Titel "Mord in der Distel-Bar" neu aufgelegt.
LESEPROBE:
»Genug!«, sagte Hendrich so laut, als wäre Runge zehn Meter entfernt. Sein Blick ließ den erschrockenen zusammenzuckenden Mann nicht mehr los. »In der vergangenen Nacht zwischen zwölf und zwei wurde eine Frau getötet. Sie haben zugegeben am Tatort gewesen zu sein. Wir fanden dort Ihre Fingerabdrücke. Sie sind geflohen und versuchten, unseren Streifen zu entgehen. Sie hatten Angst, dass man Sie beim Einkaufen von Lebensmitteln erkennt, und haben die Mädchen vorgeschickt, die Ihnen aber hinter die Schliche kamen. Was auf dem Feldweg geschehen ist, werden wir bald wissen. - Sie sind in der >Distel-Bar
»Das ist eine Lüge!« Runge war kreidebleich geworden. Furcht verzerrte sein Gesicht. »Ich habe nichts damit zu tun, hören Sie, nichts! Ich hätte mich doch nie freiwillig gemeldet, wenn ich ... Ich kann kein Tier töten, ich ... Glauben Sie mir doch!«
»Neunzehnhundertvierundfünfzig zwei Jahre und drei Monate wegen Betruges, Heiratsschwindels und Körperverletzung, Sie Unschuldslamm. Körperverletzung! Und heute Nachmittag die Mädchen! Und in der vergangenen Nacht eine Frau namens Hedwig Rost. - Legen Sie doch endlich ein Geständnis ab, Mann!«
Runge holte tief Luft, dann sackte er in sich zusammen, und seine Stimme war wie ein flackerndes Talglicht. »Ja«, sagte er leise. »Ja, ich habe Sie belogen. Als der Streifenwagen kam, war ich noch in den Schrebergärten. Ich dachte, dass Sie hinter mir her sind, weil ich ein paar Dumme geneppt habe.« Er stockte einige Atemzüge lang,
»Genug!«, sagte Hendrich so laut, als wäre Runge zehn Meter entfernt. Sein Blick ließ den erschrockenen zusammenzuckenden Mann nicht mehr los. »In der vergangenen Nacht zwischen zwölf und zwei wurde eine Frau getötet. Sie haben zugegeben am Tatort gewesen zu sein. Wir fanden dort Ihre Fingerabdrücke. Sie sind geflohen und versuchten, unseren Streifen zu entgehen. Sie hatten Angst, dass man Sie beim Einkaufen von Lebensmitteln erkennt, und haben die Mädchen vorgeschickt, die Ihnen aber hinter die Schliche kamen. Was auf dem Feldweg geschehen ist, werden wir bald wissen. - Sie sind in der >Distel-Bar
»Das ist eine Lüge!« Runge war kreidebleich geworden. Furcht verzerrte sein Gesicht. »Ich habe nichts damit zu tun, hören Sie, nichts! Ich hätte mich doch nie freiwillig gemeldet, wenn ich ... Ich kann kein Tier töten, ich ... Glauben Sie mir doch!«
»Neunzehnhundertvierundfünfzig zwei Jahre und drei Monate wegen Betruges, Heiratsschwindels und Körperverletzung, Sie Unschuldslamm. Körperverletzung! Und heute Nachmittag die Mädchen! Und in der vergangenen Nacht eine Frau namens Hedwig Rost. - Legen Sie doch endlich ein Geständnis ab, Mann!«
Runge holte tief Luft, dann sackte er in sich zusammen, und seine Stimme war wie ein flackerndes Talglicht. »Ja«, sagte er leise. »Ja, ich habe Sie belogen. Als der Streifenwagen kam, war ich noch in den Schrebergärten. Ich dachte, dass Sie hinter mir her sind, weil ich ein paar Dumme geneppt habe.« Er stockte einige Atemzüge lang, ehe er seinen jüngsten Trick preisgab. Aus den Tageszeitungen hatte er die Adressen abgeschrieben, die in den schwarz umrandeten Danksagungsannoncen standen. Er war zu den Hinterbliebenen gegangen, hatte sich als Angestellter des Bestattungsinstituts ausgegeben und die Beerdigungskosten kassiert. Er machte das erst seit einer Woche. Wie in den beiden Städten vorher, war auch hier niemand so klug gewesen, ihn nach seinem Ausweis zu fragen. Den Quittungsblock hatte er für ein paar Pfennige in einem Schreibwarengeschäft gekauft.
»Mit dem Kassieren sind sie in den Beerdigungsinstituten meistens nicht so schnell, wie mit dem Begraben. Ich hatte mir ausgerechnet, dass es noch eine Woche dauern würde, ehe die Sache platzt und ich mir was anderes einfallen lassen muss. Deswegen war mir auch schleierhaft, wieso ihr plötzlich so einen Wirbel veranstaltet. Dann hing der Zettel vor meiner Nase. Mein Name, mein Bild und Mordverdacht. Bei mir dämmerte es. Bei so was bleibt einem doch kein sicherer Winkel. Die Bullen, die Leute, sogar die Kinder hetzen einen, als würde man die Pest verbreiten. Und dass ich es nicht gewesen bin, nimmt mir kein Aas ab, wenn ich endlich geschnappt werde. Deshalb habe ich angerufen. Das ist alles. Nun verschaffen Sie mir in drei Teufels Namen meinen Knast und greifen Sie den Kerl, der mir das eingebrockt hat. Die Rübe gehört so einem Schwein 'runter!«
»Und das mit den Mädchen?«
»Da wusste ich noch nichts von dem Mord. Ich wollte sie abschütteln. Blut und Wasser habe ich geschwitzt aus Angst, dass sie einfach vor mir türmen würden. Nicht ums Verrecken hätte ich ihnen etwas antun können ... Ich bin doch ein Mensch!«
Geboren 1930 in Weimar, aufgewachsen und erzogen in einem konsequent sozialdemokratischen Elternhaus, stark geprägt vom Erlebnis KZ Buchenwald im April 1945 auf der Suche nach einem von der Gestapo verhafteten Onkel.
Volksschule und Handelsaufbauschule in Weimar, 1948/49 als Volkspolizist freiwilliger Aufbauhelfer (Enttrümmerung, Wasserleitung Maxhütte, u.a.).
Erkrankung an Tuberkulose. Im Sanatorium für den weiteren Lebensweg entscheidende Begegnung und monatelanges, gemeinsames Zusammenleben in einem Zimmer mit gleichaltrigem Vikar.
Journalistische Ausbildung. Tätigkeit als Redaktionsassistent. Erste Buchveröffentlichung 1959.
Ab 1964 freischaffender Schriftsteller. Im literarischen Schaffen beeinflusst von Louis Fürnberg, Hans-Joachim Malberg, Bruno Apitz und Walter Janka. Zahlreiche Romane, Kinder- und Jugendbücher (u.a. Autor des Weimarer Knabe-Verlages), Drehbücher für Film und Fernsehen.
Literarische Auszeichnungen: Literatur-und Kunstpreis der Stadt Weimar, Nationalpreis der DDR, Preis der Filmkritiker, u.a. als erster deutscher Drehbuchautor für den Europäischen Filmpreis Felix nominiert, Goldene Ehrennadel der Stadt Weimar 2005.
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- Artikel-Nr.: SW9783863949600