Antarktis 2020 – Originalausgabe

Wissenschaftlich-fantastischer Roman

Praktikum im Jahr 2020. Als Thomas Monig, Absolvent der Bergakademie Freiberg, das Flugzeug besteigt, denkt er an die drei Einsatzorte: an das Großbergwerk in der Antarktis, die Meerwasser-Enterzungsanlage in der Südsee und das Bewässerungsprojekt Sahara. Er denkt an modernste Lasertechnik, blühende Städte im Eis, an erzsammelnde Mollusken im Ozean, Riesenbagger in der Wüste und an das büschelige Schnellwuchsgras, das bald den Sand bedecken soll. Noch weiß er nicht, dass nicht nur das Abenteuer Technik auf ihn wartet. In der Weißen Finsternis und im Schneesturm bei der Rettung eines Kollegen wird er sich ebenso bewähren müssen... alles anzeigen expand_more

Praktikum im Jahr 2020. Als Thomas Monig, Absolvent der Bergakademie Freiberg, das Flugzeug besteigt, denkt er an die drei Einsatzorte: an das Großbergwerk in der Antarktis, die Meerwasser-Enterzungsanlage in der Südsee und das Bewässerungsprojekt Sahara. Er denkt an modernste Lasertechnik, blühende Städte im Eis, an erzsammelnde Mollusken im Ozean, Riesenbagger in der Wüste und an das büschelige Schnellwuchsgras, das bald den Sand bedecken soll. Noch weiß er nicht, dass nicht nur das Abenteuer Technik auf ihn wartet. In der Weißen Finsternis und im Schneesturm bei der Rettung eines Kollegen wird er sich ebenso bewähren müssen wie beim Streik der ehemaligen Soldaten in den Unterwasserfarmen, bei dem er und der hübsche Kapitän Ann von Mike Paterthick gekidnappt und von den Wasseratmern gesucht werden. Der Überfall der Tuareg auf die Baustelle, die Geschichte mit René Tours’ Freundin und der verderbenbringende Wassereinbruch lassen auch den Aufenthalt in der Sahara zu einer aufregenden Sache werden, und es ist gar nicht so gewiss, ob Thomas Monig rechtzeitig in Timbuktu sein kann, um Evelyn vom Flugplatz abzuholen.

Thomas wird mit den unbegrenzten Möglichkeiten konfrontiert, die eine globale Abrüstung bietet aber auch mit den Problemen für die davon Betroffenen. Alexander Krögers Vision - angedacht 1973 - von einer friedlichen, abgerüsteten Welt im Jahre 2020 war zu kurz gegriffen; dennoch haben seine Denkanstöße in unserer Gegenwart mehr denn je ihre Gültigkeit. Das E-Book enthält die unbearbeitete Fassung aus dem Jahre 1973.



TITANGORA

NEW MAORI

ERG IN ASAKEN



Thomas zwang sich zur Ruhe. Der Orkan ist vorbei, also kann nichts passieren. Und wenn er ...?

Quatsch, so etwas gab es doch nicht. Trotzdem ließ ihn der Gedanke, dass sich Deland etwas angetan haben könnte, nicht gleich los, so absurd er ihm erschien. Deland war verzweifelt ...

Thomas kontrollierte Delands Ausrüstung. Die Kombi hatte er mit. Notbagage, Knall- und Leuchtpistole, eiserne Ration, Handfunkgerät, Verbandszeug lagen unordentlich in seiner Kiste. Aber das war nicht ungewöhnlich. Selbst während des Orkans hatten sie das Zeug nicht mitgeschleppt bis zur Wetterstation.

Schließlich, nach weiteren zehn Minuten, wurde Thomas klar, dass er etwas unternehmen, das er raus musste; denn mit dieser spärlichen Ausrüstung würde Deland nicht lange durchhalten.

Er zog sich langsam an, immer gewärtig, dass Deland kam und er sich lächerlich machte.

Die Luke war ordnungsgemäß geschlossen. Thomas kroch nach draußen. Dort blieb er erschrocken stehen. Was war das? Nebel nicht, wenigstens nicht nur. Es herrschte milchige Helligkeit, aber er konnte kaum seine schneebestäubten Schuhe sehen. Von der Wetterstation keine Spur, keine Spuren von Deland.

Es muss wärmer geworden sein, dachte er und riss Brille und Maske ab. Keine zwanzig Grad, schätzte er. Aber auch jetzt sah er nicht besser.

Thomas begann zu ahnen, was los war: Weiße Finsternis und Nebel. Er hatte davon gelesen, auch von ihrer Gefährlichkeit. Einen, der sie schon kannte, hatte er in TITANGORA nicht getroffen.

Trotz der Eisluft im Gesicht wurde es ihm heiß. Wo war Deland? Er machte einige Schritte in die Richtung, in der er die Station vermutete. Dann hielt er inne. Er dachte daran, wie schnell man in einer solchen Situation die Orientierung verlieren konnte. Er überlegte fieberhaft. Dann rief er laut Delands Namen. Es klang dünn, zu dünn, um weit zu reichen. Er hastete nach drinnen, holte seine Knallpistole und schoss das Magazin leer. Einmal war ihm, als höre er einen Ruf. Da es sich nicht wiederholte, musste er annehmen, dass er sich getäuscht hatte.

Selbst wenn Deland meine Schüsse gehört haben sollte, musste er doch bald die Orientierung wieder verlieren, wenn ich mich nicht mehr melde. Aber ich kann doch nicht immerzu schießen. Trotzdem!

Thomas holte sein und Delands Ersatzmagazin, Delands Knallpistole und die Leuchtpistolen, alles, womit er einen Knall erzeugen konnte - insgesamt noch sechsundzwanzigmal. Er rechnete: In fünf Minuten sollte man bei diesen Verhältnissen dreihundert Meter zurücklegen können. Das war viel. Er beschloss, alle drei Minuten einen Schuss abzugeben. Macht Sechsundsechzig Minuten. In der Zeit müsste Deland hier sein, wenn er mich hört. Wenn ...

Vielleicht ist er in der Wetterstation? Dort müsste er mich auf alle Fälle schon gehört haben, er könnte rufen.

Thomas wagte nicht, sich vom Iglu weiter als fünf Schritt zu entfernen. Er schoss genau alle drei Minuten. Nach einer Weile fiel ihm ein, dass die Verbindung mit TITANGORA fällig war. Er zwängte sich in den Iglu, der Dauerruf stand schon auf dem Gerät. Aha, schon unruhig, dachte er und gab kurz einen Bericht über die Lage.

Es herrschte eine Weile Schweigen, dann erfuhr er, dass auch die Station von Nebel und der Weißen Finsternis umgeben sei, dass er also unter diesen Umständen mit keiner aktiven Suchhilfe rechnen könne.

Er erhielt die Weisung, als einzig Mögliches mit seiner Schießerei fortzufahren, sich aber vom Iglu unter keinen Umständen zu entfernen. Er sollte sich sofort wieder melden, wenn er das Schießen aus Munitionsmangel eingestellt hatte.

In den Pausen zwischen den Schüssen überlegte Thomas. Warum ist er überhaupt losgegangen? Kennt er das Phänomen nicht? Das war möglich, waren doch Außenarbeiten etwas Seltenes.

Das Seil! Warum habe ich daran nicht eher gedacht. Thomas tastete danach und hangelte stolpernd in Richtung Wetterstation. Plötzlich verschwand das Seil in einer Schneewehe. Er stand dicht vor dem Schneeberg, sah aber nur einen kleinen Ausschnitt davon, oben und unten verschwamm er im Weiß. Das wird die Leeseite der Station sein, überlegte Thomas. Die Wehe ist das Werk des Orkans. Verdammter Mist. Soll ich mich an dem Berg entlangtasten? Irgendwo an seinem Ende musste die Station sein.

Nicht doch! Wenn nun die Wehe in die Ebene übergeht und nicht zur Station führt? Aber wenn Deland nicht zu dem gleichen Schluss gekommen war - in seiner Verfassung? Dann konnte von hier aus ein unheimlicher Irrweg einen Anfang genommen haben.

Thomas hielt sich die Uhr vor die Augen und schoss wieder. Etwa eine Stunde war Deland draußen, bevor ich die ersten Schüsse abgab, überlegte er. Im ungünstigsten Fall hat er sich geradlinig vom Iglu entfernt. Wenn ich voraussetze, dass er dreihundert Meter nicht in fünf, sondern in zehn Minuten zurückgelegt hat, ist er trotzdem längst außer Hörweite. Mehr als siebenhundert Meter gab Thomas dem schwachen Knall der Pistole nicht, vor allem nicht in dem wattigen Weiß. Aber es war sehr unwahrscheinlich, dass sich Deland geradlinig fortbewegt hatte.

In der Wetterstation ist er sicher nicht ... Wenn ihm aber dort etwas zugestoßen ist? Oder er ist tatsächlich einfach fortgegangen, in den weißen Tod, freiwillig ... Unsinn! Er hat sich verirrt!

Thomas schoss wieder, aus dem letzten Magazin. Zwischen den Schüssen lauschte er. Noch zweimal vermeinte er, weit in der Ferne einen Ruf zu hören - oder er wünschte sich, es sei ein Ruf gewesen.

Dann war auch die letzte Platzpatrone verschossen. Zu seinen Füßen rieselte, von leichtem Wind getragen, unaufhörlich der Schnee. Verzerrt, wie ein Schemen, war hinter ihm der Eingang zum Iglu. Das einzige, was er wirklich sah und an das er sich hielt.

Er lud die Leuchtpistole. Noch fünfzehn Minuten ... Der Knall war dumpf. Das grüne Licht verzischte oben, verwischte zu einem fahlen Fleck, verschwand.

Er lauschte. Wieder nichts.

Die nächste Kugel war rot. Einen Augenblick sah es aus wie Sonnenuntergang bei starkem Dunst, dann war alles wieder weiß.

Thomas wurde angst. Was wird, wenn die letzte Kugel aus dem Lauf ist? Erst jetzt dachte er daran, dass er sich werde entscheiden müssen. Auf Hilfe von der Station warten? Die konnte erst wirksam werden, wenn wieder normale Sichtverhältnisse herrschten. Noch jemanden herrufen, einen Blindflug riskieren ... Es würden Stunden vergehen.

Ich kann nichts machen! Diese Erkenntnis bedrückte Thomas. Dann erst fiel ihm ein, dass es ja Deland war, jener, der ihm geschadet hatte. Ihn fror. In ihm stritten Wut und Angst. Wut auf Deland, der ihn in eine solche Situation gebracht hatte, Angst vor den nächsten Stunden.

Er hatte die letzte Kugel geladen.

Immer wieder sagte er sich: Ich kann nichts machen, nur hoffen, dass das Wetter umschlägt. Vielleicht haben sie sich auch in der Station etwas überlegt. Daran klammerte er sich.

Dann zischte die letzte Kugel, eine weiße. Es wurde einen Augenblick noch gespenstischer. Wie ein Seidenkokon, umgeben von Sonnenfäden, hing die Kugel Bruchteile von Sekunden über Thomas, verschwand.

Er wartete noch fünf Minuten. Dann ging er niedergeschlagen in den Iglu und funkte Empfangsbereitschaft. Die Kombi zog er aus. Die Gesichtsmuskeln konnte er kaum bewegen. Seine Lippen schienen ihm wie holzige, kalte Kohlrabistücke zu seien. Er hatte die ganze Zeit vor Aufregung keine Gesichtsmaske getragen.

Thomas erhielt die Mitteilung, dass Richard und ein weiterer Kollege trotz des Wetters vorzeitig aufbrechen wollten. Richard rechnete, dass er sechs Stunden brauchte. Er werde sich streng an den Leitstrahl halten und mit Kurzradar fahren, um nicht unvermutet an Hindernissen zu scheitern. Sie würden dann gemeinsam, sobald das Wetter es zuließ, vom Iglu aus Deland suchen, unterstützt von zwei Hubschraubern. Bis zum Eintreffen der Kollegen sollte Thomas nichts unternehmen.

Thomas konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie sich in TITANGORA Gewissensbisse machten, ihn als Neuling hierhergeschickt zu haben. Sollten sie nur. Andererseits gab es in der Abteilung wahrscheinlich sowieso kaum jemanden, der Erfahrungen in der Außenarbeit hatte. Die wichtigsten Messungen wurden vor zehn Jahren hier draußen durchgeführt.

Sie wünschten ihm alles Gute. Als der Funker bereits den Endcode zu senden begann, meldete sich Lewrow.

„Kollege Monig, wie geht es?“, fragte er in einem Tonfall, den Thomas an ihm noch nie gehört hatte. „Mach dir keine Gedanken, du hast bisher getan, was du tun konntest. Behalte die Nerven. Wir verfahren so wie abgesprochen, du kannst jetzt nichts machen.“

Thomas durchströmte einen Augenblick tiefe Befriedigung. Es musste also erst etwas passieren, bevor Lewrow einen für voll nahm.

Dann wiederholte er: „Ich stelle also meinen Sender auf Dauerton für Richard und erwarte ihn hier. Ich unterbreche nur, wenn Deland unterdessen auftauchen sollte. Habe verstanden, Ende.“

Thomas sah zur Uhr. Zweieinhalb Stunden war Deland draußen. Wenn er sich bewegte, war alles gut. Aber wenn er resignierte in seiner Stimmung, sich etwa hinsetzte, wurde es gefährlich.

Das tut er nicht! Schließlich ist er Soldat. Er hält durch. Er hat außerdem mehr Erfahrung als ich.

Thomas stellte seinen Sender auf Dauerzeichen als Leitrichtung für Richard. Dann setzte er sich auf sein Bett, dachte sich in Delands Lage. Was würde ich tun, wenn ich jetzt bereits seit zweieinhalb Stunden dort draußen herumirrte? Ich würde rufen. Und wenn sich niemand meldet? Und immerzu laufen? Sich womöglich immer weiter vom Iglu entfernen? Also warten, bis sich das Wetter bessert. Das bedeutet erfrieren. Ein Teufelskreis!

Ich kann aber hier keine sechs Stunden untätig herumsitzen. Angenommen, er ist in ernster Gefahr. Er wird denken, dass ich ihn bewusst nicht suche. Und er weiß, dass mir bei diesem Wetter niemand einen Vorwurf machen würde.

Noch in Gedanken stand Thomas auf und begann mechanisch die große Außenausrüstung zusammenzusuchen.

Dann hatte er sich entschlossen. Es kam auf jede Minute an. Er sichtete eilig, aber überlegt, die Bestände.



Dr.-Ing. Helmut Routschek, geboren 1934 in Zarch (Tschechoslowakei), gestorben am 7. April 2016 in Heidenau, benutzte für seine literarischen Werke das Pseudonym „Alexander Kröger“. In Mühlhausen in Thüringen machte er sein Abitur und studierte an der Bergakademie Freiberg von 1954 bis 1959 Markscheidewesen und Bergschadenkunde. Als Markscheider arbeitete er im Tagebau Spreetal des VEB Gaskombinat Schwarze Pumpe. Nach einem Zusatzstudium zum Ingenieur für Datenverarbeitung wurde er Experte für Automatisierung und Untergrundgasspeicherung und war mit Forschungs- und Produktionsaufgaben an der Universität, in der Energiewirtschaft und im Umweltschutz leitend tätig. Nach 1981 arbeitete er in der Gebäude- und Wohnungswirtschaft und nach 1990 in der Bauabteilung für Bundesbauten der Oberfinanzdirektion Brandenburg.

Seit 1969 entstanden 33 Romane (einschl. überarbeiteter Neuauflagen) und ein Kurzgeschichtenband, die in sechs Sprachen und in insgesamt 1,65 Millionen Exemplaren erschienen. Nach 1990 erschienen in dem Verlag KRÖGER-Vertrieb, den er gemeinsam mit seiner Frau Susanne gründete, weitere 9 Romane, 5 überarbeitete Neuauflagen und ein Geschichtenband in einer Gesamtauflage von 40 000 Exemplaren.

Bibliografie (Auszug)

Sieben fielen vom Himmel, 1969

Antarktis 2020, 1973

Expedition Mikro, 1976

Die Kristallwelt der Robina Crux, 1977 (überarbeitete Neufassung unter dem Titel Robina Crux, 2004)

Die Marsfrau, 1980

Das Kosmodrom im Krater Bond, 1981

Energie für Centaur, 1983

Der Geist des Nasreddin Effendi, 1984 (überarbeitete Neufassung unter dem Titel Der Geist des Nasreddin, 2001)

Souvenir vom Atair, 1985 (überarbeitete Neufassung zusammen mit Andere unter dem Titel Fundsache Venus, 1998)

Die Engel in den grünen Kugeln, 1986 (überarbeitete Neufassung unter dem Titel Falsche Brüder, 2000)

Der Untergang der Telesalt, 1989 (überarbeitete Neufassung unter dem Titel Die Telesaltmission, 2002)

Andere, 1990 (überarbeitete Neufassung zusammen mit Souvenir vom Atair unter dem Titel Fundsache Venus, 1998)

Vermißt am Rio Tefé, 1995

Das Sudelfaß - eine gewöhnliche Stasiakte, 1996

Die Mücke Julia, 1996

Mimikry, 1996

Das zweite Leben, 1998

Saat des Himmels, 2000

Der erste Versuch, 2001

Chimären, 2002

Begegnung im Schatten, 2003

Robinas Stunde null, 2004

Nimmerwiederkehr, 2009

Ego-Episoden des Alexander Kröger. Wahres, heiter und besinnlich, 2012

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