Earthventure in Las Vegas
Die erfolgreiche Geschäftsfrau Ulionk vom Planeten Angrodan sehnt sich nach Abenteuerurlaub auf einem unberührten Planeten. Wie gut, dass Odiklu die Erde entdeckt hat, die noch nicht unter Schutz steht. Im verrückten Las Vegas findet er in dem langweiligen und normalen Erdenbürger Josh den perfekten authentischen Fremdenführer für Ulionk. Die Reisevorbereitungen zwingen Josh dazu, seine Komfortzone weit hinter sich zu lassen. Er hat es plötzlich mit Gangstern, illegalen Hahnenkämpfen, Hüpfburgen, Schlammvulkanen und tonnenweise Süßigkeiten zu tun. Und dann wird auch noch die Polizei auf die laute „Tante Uli“ aufmerksam. Ein Glück, dass ihm sein Freund Henry zur Seite steht. Schafft es Josh, seinen außerirdischen Gast zufriedenzustellen, ohne dass sie als das entlarvt wird, was sie ist? In „Earthventure in Las Vegas“ lernt der Leser gemeinsam mit der schillernden Alien-Diva Ulionk die Wunder der Sin City kennen.
Ein rasanter, humorvoller und unvorhersehbarer Trip durch Las Vegas. Ein Abenteuer, das so noch nie erzählt wurde.
Josh hatte ein stinknormales Leben. Er hatte einmal in einem Magazin im Wartezimmer seiner Zahnärztin gelesen, dass der 11. April 1954 der langweiligste Tag im 20. Jahrhundert gewesen sei. Wissenschaftler hatten dies durch die Analyse von 300 Millionen Daten zu historischen Ereignissen herausgefunden. Josh fühlte sich mit dem 11. April 1954 sehr verbunden.
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Ulionk ließ ihren Blick über das Feuilleton der Angrodan International News gleiten und las ein paar Abschnitte eines Reiseberichts über den Planeten Paphyrion Delta, auf dem sich die Bewohner der beiden größten Landmassen seit über 16 Generationen bekriegen.
„Genießen Sie blutige Schlachten zwischen den Kilonen und den Kilanen, die sich in Sachen Grausamkeit in nichts nachstehen. Aus sicherem Orbit können Sie auch das kleinste Detail hautnah miterleben, sehen die Äxte fliegen und hören das Kreischen der Kettensägen.“
Der Reisebericht ging nahtlos in eine Werbeanzeige für Reisen nach Paphyrion Delta über. Ulionk verzog leicht die Mundwinkel und wunderte sich wieder einmal darüber, wie es so weit hatte kommen können, dass sich alle Bewohner des Planeten Paphyrion Delta nur einem Ziel verschrieben hatten: Der bestialischen Ermordung aller Lebewesen auf dem Kontinent, der jeweils nicht ihr eigener war. Eigenartig. Ulionk hatte oft Langeweile, seit sie in den letzten Monaten immer mehr Bereiche ihres Jobs als Leiterin der intergalaktischen Raumfahrtbehörde von Angrodan an zwei ihrer Untergebenen delegierte. Aber so langweilig, dass sie anderen Leuten die Köpfe einschlagen wollte, war es ihr auch wieder nicht. Ein blutrünstiger Kampf wäre dennoch etwas, wobei sich Ulionk entspannen könnte. In dieser Frage war sie eine typische Angrodanerin. Sie war bereits mehrfach nach Paphyrion Delta gereist, um sich für ein paar Stunden ein unterhaltsames Gemetzel anzusehen. Aber durch die große Entfernung zum Geschehen auf dem Planeten wurde auch dieses Vergnügen irgendwann langweilig.
Vielleicht bin ich einfach zu alt für diesen Quatsch, dachte Ulionk.
Sie blickte wieder hinab auf ihr Datenpad und las eine Anzeige für Ferien in einem romantischen All-Inclusive-Resort auf Beta Kerion Prime, wo riesige pinkfarbene Zitterale am Abend das Meer in ein elektrisierendes Naturschauspiel verwandeln. Mit der Romantik war Ulionk durch. Ihr Eheleben hatte sich schon seit Jahren in eine gleichförmige Routine verwandelt, in der sie nur noch eine Nebenrolle spielte.
Da fiel Ulionks Blick auf eine Anzeige für etwas, das als „Abenteuerurlaub auf der Erde“ angepriesen wurde.
„Tauchen Sie ein in das ursprüngliche und authentische Leben eines noch unbekannten, nahezu unberührten Planeten, dessen Bewohner einen enormen Unterhaltungswert haben. Lassen Sie sich von einem echten und naturbelassenen Einheimischen in die Kultur der Erde einführen und erleben Sie einen unvergesslichen Kurzurlaub auf diesem abgelegenen und exotischen Planeten! Earthventure – Abenteuer in der Wildnis. Authentisch und ursprünglich. Rufen Sie uns gleich an!“, stand da zu lesen.
Ulionk blickte von ihrem Datenpad auf und richtete ihren Blick durch das große Fenster auf den Pool und den Garten. Naturbelassen. Das sprach Ulionk genau aus der Seele. Sie sehnte sich nach einer großen Reise mit viel Abwechslung. Sie wollte endlich mal wieder etwas erleben. Erde. Davon hatte Ulionk noch nie gehört. In letzter Zeit war es auf Angrodan Mode geworden, für Planeten die Namen der Einheimischen zu nutzen. Bestimmt war es einer dieser kleinen Planeten in dieser neu entdeckten Galaxie, die noch nicht vollständig kartografiert und daher auch noch nicht unter Schutz gestellt war. Erde. Das klang nach Romantik, Wilden und Abenteuer, dachte Ulionk.
Sie hatte während der vergangenen Jahre viele dieser Safaris unternommen, die in der Hydrion-Galaxie angeboten wurden. Ulionk hatte es genossen, den Lebewesen auf den einzelnen Planeten bei ihren täglichen Routinen zuzusehen, ihre religiösen Rituale zu verfolgen, Auseinandersetzungen mitzuerleben und ihnen mit etwas Glück sogar bei der Paarung zusehen zu können. Aber auf all diesen Planeten in der Hydrion Galaxie durften Touristen schon seit Jahrzehnten nicht mehr aus den getarnten Shuttles aussteigen. Der echte Kontakt zu den Planetenbewohnern war nicht möglich.
Ulionk fasste in diesem Moment den Entschluss, im Datenstrom mehr Informationen über die Erde zu suchen und sich bei Earthventure zu erkundigen. Sie berührte den Bildschirm ihres Datenpad mit dem kleinsten der sechs Finger ihrer rechten Hand, damit die Anzeige von Earthventure gespeichert wurde.
In dem Moment öffnete sich die Tür der Veranda und Buklu, einer von Ulionks drei Ehemännern betrat den Raum. Er grüßte höflich aber knapp und ging schnurgerade auf den Schrank zu, in dem die Süßigkeiten aufbewahrt wurden. Als Buklu den Raum wieder verließ, um zurück zu Turklu und Guriglu zu gehen, lächelte er Ulionk etwas verlegen an.
Buklu hatte noch immer seinen fülligen Körper. Hätte Ulionk die Erde besser gekannt, dann wäre ihr sicher aufgefallen, dass Buklus Körperform am besten mit der eines ausgewachsenen Walrosses vergleichbar war. Ulionk fand ihn noch immer attraktiv, aber sie hatte sich längst daran gewöhnt, das fünfte Rad am Wagen zu sein. Sie war nach so vielen Jahren kaum noch enttäuscht darüber, dass ihre drei Ehemänner sich fast jeden Tag im Gartenhaus aufhielten, gemeinsam biranischen Poker spielten und Unmengen von Kuchen in sich hineinstopften. So war das wohl, wenn man schon lange verheiratet war. Dank Ulionks fast schon unverschämt hohem Gehalt als Chefin der intergalaktischen Raumfahrtbehörde von Angrodan ging es den vier Eheleuten finanziell und materiell richtig gut. Sie hatten ein schönes Haus, das kleine Poolhaus und den riesigen Pool, der stets mit kühlem blubberndem Schlamm gefüllt war. Sie besaßen mehrere Raumgleiter, sogar einen mit offenem Verdeck und die Kinder waren auf guten Universitäten oder arbeiteten an ihren eigenen Karrieren.
Ulionk war sowas von bereit, sich endlich mal wieder in ein Abenteuer zu stürzen. Erde, dachte sie erneut. Das klingt aufregend. Sie startete auf ihrem Datenpad eine Suche, um möglichst viele Informationen über diesen entlegenen Planeten zu bekommen.
„Die Erde gehört zu einer Gruppe von Planeten, die im siebzehnten Jahr des Schwanzlurches von dem Team um den Raumforscher Pubulliak III entdeckt wurde. Die Kartografierung der Erde hat bisher mangels Finanzierung der Forschung noch keine wesentlichen Fortschritte gemacht. Über die Bewohner der Erde ist bisher bekannt, dass sie sich auf einer unteren Entwicklungsstufe im Zeitalter der Verbrennungsmotoren befinden und einen primitiven Geldhandel betreiben. Dem Zeitalter der Kriege ist die Erde weitestgehend, aber nicht vollständig, entwachsen. Es sind sogar zögerliche Bemühungen zu erkennen, die fortgeschrittene Zerstörung des eigenen Planeten zu verlangsamen…“
Sehr interessant, dachte Ulionk und holte sich noch einen süßen Drink, bevor sie erneut die klobigen Füße hochlegte und weiter las.
2
Odiklu legte den Schalter für den Autopiloten ein. Er flog in sicherer Entfernung über eine dieser ewig langen Ausfallstraßen der Stadt, welche die Erdenbewohner als Las Vegas bezeichneten. Er hatte diese Stadt für sein erfolgversprechendes neues Tourismusprojekt auserkoren, weil es dort aus noch nicht geklärten Gründen extrem viele ungewöhnliche Erdenbewohner gab. Die Stadt schien schräge Typen in lustigen Kostümen geradezu magisch anzuziehen, weshalb es in Las Vegas am leichtesten war, als Angrodaner unterzutauchen und dabei selbst dann nicht aufzufallen, wenn man sich üble Patzer leistete.
Odiklu dachte nicht weiter darüber nach, was wohl die Gründe dafür sein mochten. Er konnte einfach sein Glück nicht fassen und war fest entschlossen, diese Gelegenheit endlich stinkreich zu werden, nicht ungenutzt zu lassen.
Über dem Zentrum von Las Vegas passte er die Geschwindigkeit seines in die Jahre gekommenen Raumgleiters den Fahrzeugen an, die auf dem langen, breiten und unglaublich bunten Boulevard entlang fuhren, welchen die Erdenbewohner liebevoll und manchmal nahezu ehrfürchtig den „Strip“ nannten. Odiklu fühlte sich fast schon ein wenig zu Hause.
Nach langen Monaten der Recherche auf der Erde hatte Odiklu den perfekten Plan. Daher war er in diesem Moment auf der Suche nach einem passenden Gastgeber für seinen ersten Touristen. Die Anzeigen in der Angrodan International News waren geschaltet und es war nur eine Frage der Zeit, bis sich ein wohlhabender Tourist für sein Angebot interessierte. Odiklu war fest entschlossen, diesmal erfolgreich zu sein und nichts dem Zufall zu überlassen. Nach einer Reihe von erfolglosen Unternehmungen – die Erdenbewohner würden es Schnapsideen nennen – war dies die geniale Businessstrategie, nach der er sein Leben lang gesucht hatte.
Odiklu parkte seinen getarnten Raumgleiter oberhalb eines dieser gigantischen Parkplätze, von denen Las Vegas mehr als genug hatte. Er ließ sich in einem unbeobachteten Moment hinab auf die Erde gleiten, strich sein Superman-Kostüm glatt und steuerte dann auf das Convention Center zu, in dem die Comic Con stattfand.
Diese ungewöhnliche Veranstaltung, deren Sinn er trotz umfassender Recherche und großer Bemühungen noch immer nicht vollständig begriffen hatte, war der perfekte Ort, um einen Gastgeber zu finden. Das hatten seine Studien eindeutig ergeben. Odiklu hatte eine Liste der Kriterien, die ein idealer Gastgeber erfüllen musste und interessanterweise kamen alle Lebewesen, die diese Kriterien erfüllten, auf der Comic Con zusammen. Sein erster Ansatz war es gewesen, auf gut Glück Menschen anzusprechen und ihnen Fragen zu stellen, welche ihre Tauglichkeit schnell beweisen oder widerlegen konnten.
„Guten Tag. Finden Sie Windows oder Linux besser?“ war einer seiner Ansätze gewesen. „Guten Abend. Finden Sie, dass Leonard Nimoy oder Zachary Quinto der bessere Spock ist?“ Diese Art von Herangehensweise hatte ihm in den meisten Fällen ratlose Blicke, in manchen Fällen langatmige Vorträge und einmal sogar eine Ohrfeige eingebracht. Er hatte auf diese Weise aber von einer sehr eleganten jungen Dame in einem rosa Cocktailkleid den entscheidenden Hinweis erhalten: „Scheren Sie sich zum Teufel, Sie Nerd. Gehen Sie zurück auf die Comic Con oder wo auch immer Sie hergekommen sind!“ Er war dieser Dame noch immer dankbar.
Odiklu rieb sich die Hände und trat in das Gebäude ein. Vor ihm erstreckte sich ein heilloses Durcheinander von Menschen in Kostümen. Viele davon konnte er mittlerweile zuordnen. Odiklu wusste, wer Chubakka war, er kannte die Star Trek Uniformen, die Superhelden von Marvel und eigentlich jeden Actionhelden der vergangenen 50 Erdenjahre. Odiklu hatte seine Hausaufgaben gemacht und viele Tage damit zugebracht, Flash Gorden, Kampfstern Galactica, die X-Akten, Superman, Raumschiff Enterprise, Babylon 5, Stargate, Star Wars und alle Comicverfilmungen von Hulk bis Batman zu sehen.
Nun war er davon überzeugt, dass nur ein sogenannter Nerd seinem Profil entsprach. Er hatte sogar herausgefunden, dass nicht alle Nerds es schätzten, als Nerd bezeichnet zu werden. Also benutzte er das N-Wort nicht mehr im direkten Kontakt mit seinen potentiellen Gastgebern.
Odiklu fiel auf der Comic Con überhaupt nicht auf. Überdurchschnittlich viele Besucher hatten eine Figur, die leicht in Richtung Walross neigte. Sie alle trugen lustige Kostüme und stopften kiloweise zuckerhaltige Lebensmittel in sich hinein.
In den vergangenen fünf Tagen hatte sich Odiklu mehrmals täglich mit Dr. Düklus Greenaway-Lotion eingerieben, welche seine angrodanische Hautfarbe der der Menschen anpassen konnte. Das Produkt war jedoch noch nicht ganz ausgereift und so sahen Angrodaner, welche auf der Erde unterwegs waren, stets so aus, als hätten sie einen äußerst schmerzhaften Sonnenbrand. Die Tatsache, dass Odiklu, wie alle Angrodaner, keine Haare, sondern grünliche Knubbel und Dellen am Kopf hatte, versteckte er mit Hilfe einer Perücke. Ihm war schnell klar geworden, dass Perücken auf der Erde alles andere als ungewöhnlich waren. Einer seiner ersten kleinen Fehler war es gewesen, sich eine dieser Perücken auszusuchen, wie sie vielleicht Mozart zu einem festlichen Anlass getragen hätte. Darin hatten ihn sogar einige Leute in Las Vegas ausgelacht. Nun. Man lernt nie aus.
Schon nach wenigen Metern konnte Odiklu einige potentielle Businesspartner in der Menge ausmachen.
Beatrice Sonntag, Jahrgang 1979, lebt mit ihrem Mann im Saarland. „Earthventure in Las Vegas“ ist ihr
erster Roman.
Zwischen 2011 und 2022 hat Beatrice Sonntag acht Bücher mit Reisegeschichten, eine humorvolle Anekdotensammlung aus der saarländischen Kneipenszene („Ich weiß, was du letzten Sonntag getan hast“, erschienen 2015 im Telescope Verlag, neue Auflage 2021 bei BOD) und mehrere Reiseführer (im Selfpublishing, BOD) veröffentlicht.
Beatrice Sonntag hat bisher 133 Länder besucht und betreibt einen Reiseblog. Sie befasst sich auch in „Earthventure in Las Vegas“ auf gewisse Weise mit dem Reisen, auch wenn es sich diesmal um einen humorvollen Roman mit Science-Fiction-Elementen handelt. Die Handlung spielt in Las Vegas, einer Stadt, mit der sich Beatrice Sonntag eng verbunden fühlt, da ihr Mann einen großen Teil seines Lebens dort verbracht hat und das Paar die Stadt seit Jahren regelmäßig besucht.
Die 43-jährige Autorin hat 2021 bei der Romanschule die zweijährige Ausbildung zur Romanautorin begonnen und will auch in Zukunft ihre beiden Leidenschaften, das Reisen und das Schreiben, miteinander verbinden. Weitere Romane mit exotischem Setting sind in Arbeit, unter anderem mit der Unterstützung der Romanschule.
Im Frühjahr 2021 drehte der Saarländische Rundfunk einen kurzen TV-Beitrag über Beatrice Sonntag beziehungsweise Dagmar Schirra, der am 26.04.2021 im SR in der Sendung „Grenzenlos“ und in der Sendung „Kaffee oder Tee“ am 29.06.2021 im ARD deutschlandweit ausgestrahlt wurde.
Im Zuge der Ausschreibung „Far Years II“ von Modern Phantastik 2022 wurde der von Beatrice Sonntag eingereichte Beitrag „Flucht in die Realität“ in die Anthologie von Sci-Fi-Kurzgeschichten aufgenommen.
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