Krakentang

Wissenschaftlich-fantastische Erzählungen

Haben Sie eine Ahnung, wie man sich vor gut einem halben Jahrhundert die Zukunft vorgestellt hat? Mit diesen wissenschaftlich-fantastischen Erzählungen von Carlos Rasch (1932 bis 2021), einem Science-Fiction-Pionier in der DDR, lässt es sich erahnen, denn die Texte in diesem Buch wurden im Originalton des Erscheinungsjahrs belassen – und das war 1968, übrigens ein Jahr vor der ersten Mondlandung. Und zumindest in einem dieser trotz des großen zeitlichen Abstands immer noch spannend zu lesenden Texte geht es um den Mond – und um ein besonderes Abenteuer dort, wo schon längst Menschen wohnen. In der Titelerzählung „Krakentang“... alles anzeigen expand_more

Haben Sie eine Ahnung, wie man sich vor gut einem halben Jahrhundert die Zukunft vorgestellt hat? Mit diesen wissenschaftlich-fantastischen Erzählungen von Carlos Rasch (1932 bis 2021), einem Science-Fiction-Pionier in der DDR, lässt es sich erahnen, denn die Texte in diesem Buch wurden im Originalton des Erscheinungsjahrs belassen – und das war 1968, übrigens ein Jahr vor der ersten Mondlandung. Und zumindest in einem dieser trotz des großen zeitlichen Abstands immer noch spannend zu lesenden Texte geht es um den Mond – und um ein besonderes Abenteuer dort, wo schon längst Menschen wohnen.

In der Titelerzählung „Krakentang“ bekommt es die Besatzung einer Farm mit „Verdammtem, ekelhaftem schwarzem Teufelspack“ zu tun. Gemeint ist eine Krakeninvasion. Was steckt dahinter? Vorerst gibt es keine Antwort auf diese Frage.

Ein schweres Eisenbahnunglück bei Bagdad verlangt schnelle Hilfe. Doch eine internationale Kapazität der Transplantationsmedizin und eine Ladung Transplantative sind an Bord einer Unterschallmaschine unterwegs zu einer wissenschaftlichen Konferenz in Paris. In „Rekordflug im Jet-Orkan“ versucht ein mutiger kubanischer Pilot das Unmöglichen: einen Überschallflug mit Unterstützung eines Jet-Bands, um noch rechtzeitig helfen zu können.

Bei einer unerklärlichen Explosion im Packeisfeld, wo nach Erdöl gebohrt wird, kommt ein polnischer Ingenieur ums Leben. So beginnt die Erzählung „Polaröl“. Die Aufklärung erweist sich als sehr schwierig. Bis man auf eine geheimnisvolle Formel stößt. Könnte die zur Lösung des Rätsels beitragen?

„Die „Astronautic“ meldete sich nicht mehr“, heißt es zu Beginn von „Der Untergang der „Astronautic“. Sie sei bis zum Rand des Sonnensystems vorgedrungen. Ihr letzter Funkspruch stammte aus dem Jahre 2211. Eine Station auf dem Mars hatte ihn aufgefangen. Er enthielt nichts, was auf eine Katastrophe schließen ließ. Doch dann gibt es Hinweise auf unbekannte Peilzeichen …

In „Das unirdische Raumschiff“ hat sich die Perspektive geändert: Hier erwarten Angehörige einer anderen Zivilisation den ersten Kontakt mit Menschen von der Erde. Wird er tatsächlich zustandekommen? Und wie wird man dort die Menschen von der Erde aufnehmen?

„Die Mondstaubbarriere“ spielt tatsächlich auf dem Mod. Dort ist das „unirdische Raumschiff“ inzwischen gelandet. Doch alle Kosmonauten sind lebensgefährlich erkrankt – an einer Art Sternen-Pest. Wird man sie retten können? Das erweist sich jedoch als schwieriger als gedacht …



Krakentang

Rekordflug im Jet-Orkan

Polaröl

Der Untergang der „Astronautic“

Das unirdische Raumschiff

Die Mondstaubbarriere



Damals, als die erste Nachricht von der „Azimut“ eintraf, stellte sich jedermann einen triumphalen, glanzvollen Empfang für diese Kosmonauten vor. Man traf Vorbereitungen, um die Menge prominenter Persönlichkeiten, die ganz sicher von der Erde zum Mond herüberkommen würden, in Port Selena unterzubringen. Ganze Etagen neuer Kasematten wurden angelegt, denn wohl oder übel musste jedes aus dem Kosmos heimkehrende Raumschiff zuerst den Quarantänehafen anfliegen. Mit einigen vorsichtigen Kompromissen hinsichtlich der medizinischen Sicherheitsbestimmungen wäre ein solch triumphaler Empfang durchaus möglich gewesen. Nun aber hatten die Umstände diese Vorstellung in das Gegenteil verkehrt. Umfangreiche Absperrungen und strenge Isolierung nicht nur der zurückkehrenden Expedition, sondern auch des gesamten Quarantänehafens waren angeordnet worden. Der Arzt seufzte.

Jetzt lag es in der Hand der Mediziner, die Besatzung der „Azimut“ zu retten und die Krankheit niederzuzwingen, bevor sie auf andere Mondbewohner oder gar auf die Erde übergriff. Schon einmal war die Mehrzahl der Wissenschaftler und Techniker einiger Mondstationen an einer vom Mars eingeschleppten Seuche schwer erkrankt. Der Kosmos ließ nicht mit sich spaßen. Die Patienten aus der „Azimut“ waren nicht zu beneiden. Ihnen standen auch nach der Heilung noch monatelange Tests und Isolierungen bevor. Die wegen des Sixtafiebers verschärften Quarantänebestimmungen erlegten diesen Raumfahrern und jedem Mitarbeiter der Kliniken von Port Selena eine schwere Prüfung auf.

Auf der Erde war vor über zweihundert Jahren der generelle Impfschutz verwirklicht worden, und es gab kaum noch Infektionskrankheiten. Mit der Zunahme der kosmischen Expeditionstätigkeit und besonders der Flüge zur Venus und zum Mars bestand aber die Gefahr, dass neue, unbekannte Krankheiten auf die Menschheit übertragen werden konnten. Einzig Professor Halldorn und seine Ärzte hatten es in der Hand, ob Port Selena auch diesmal der wirksame Schutz gegen die Infiltration fremder Krankheitserreger blieb, der er bisher gewesen war.

Drüben auf der Erde an den Bildschirmen bewunderten sicherlich viele Menschen den Mut der Frauen und Männer in den Sanitätstransportern, denn es konnte leicht passieren, dass sie die nächsten Opfer des Sixtafiebers wurden.

Der Arzt schrak leicht zusammen, als eine fremdartige, etwas sirrende Stimme aus dem Lautsprecher ertönte. Sie teilte mit: „Vern 7 Mol gelandet. Gravitron mit Unterdrall geblockt. Einschweben sofort möglich. Galaktische nicht an Bord. Lebende inaktiv. Gebe Unentbehrlichkeitssignal. Erwarte Teleportation. Schleusen öffnen auf Code Null. Kreislaufkammer im Zentrum. Erreichbar über Antigrav zwei.“

Klaus Heise lauschte auf die vielen rätselhaften Worte. Er fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis die Techniker die unbekannten Begriffe, zum Beispiel Code Null und Antigrav, gedeutet hatten. Offenbar war das aber gar nicht so schwierig, denn die Fahrzeuge des Ko-In-Ko, des „Kosmonautischen-Ingenieur-Kontrolldienstes“, standen schon dicht neben dem Kugelraumer und trafen zusammen mit den Mannschaften der Sanitätstransporter Vorbereitungen zum Einschleusen.

Bereits zehn Minuten später öffnete sich die Schleuse der eridanischen Raumkugel. Alle im Chefzimmer versammelten Ärzte beugten sich gespannt vor. Auf dem Hauptschirm wurde das Innere des Kugelraumers sichtbar: zunächst nichts weiter als Gänge oder Schächte, über deren Böden oder Wände magische Lichtpfeile rasten, den Weg markierend, den die Leute zu gehen hatten. Die Ko-In-ko-Techniker hatten eine irdische Telekamera mitgenommen. Man sah, wie die Trupps durch fremdartig geformte Räume gingen und schließlich einen diffus erleuchteten Saal mit eigenartigen Gerätschaften erreichten. Die Raumfahrer der Trans-Sol-Expedition fand man in speziellen Zellen, von Messgeräten umgeben und durch dünne Schläuche mit einer Anlage verbunden. Die Bergungsgruppen lösten sie von diesen Verbindungen und hoben sie aus ihren Medozellen. Sie verschwanden mit den Tragen im Aufzug. Die leuchtenden Markierungspfeile jagten jetzt einander in entgegengesetzter Richtung und zeigten den Weg zur Schleuse. Dort wartete einer der Transporter. Er war über eine inzwischen errichtete Rampe hereingesteuert worden. Schon wurde wieder die Ausschleusung eingeleitet. Zwei Leute des Sanitätsdienstes sprangen den Tragen nach und nahmen im hermetisch schließenden Transporter ihre Sitze ein. Dann rollte das Fahrzeug die Rampe herunter, machte dem nächsten Transporter Platz und fuhr auf einen der Eingangstunnel von Port Selena zu.

Das war der Augenblick, an dem die Arbeit für Professor Halldorn begann. Er gab Klaus Heise und den anderen Ärzten mit der Hand ein Zeichen. Der gesamte medizinische Stab der lunaren Quarantänekliniken setzte sich in Bewegung, um in den bakteriologischen, immunologischen und serumologischen Abteilungen die Arbeit aufzunehmen. Es galt, die erkrankten Raumfahrer zu untersuchen, die Ursache des Sixtafiebers aufzuspüren und ein Medikament dagegen herzustellen.



Carlos Rasch wurde am 6. April 1932 in Curitiba unweit von Sao Paulo und dem Kaffeehafen Santos im brasilianischen Hochland von Parana geboren. Seine Eltern, aus Ostpreußen und der Magdeburger Börde stammend, kehrten 1938 nach Deutschland zurück. Nach seiner Schulzeit in Ostpreußen lernte Rasch in Köthen Dreher, arbeitete aber schon ab 1951 in Berlin ais Reporter und Redakteur in einer Nachrichtenagentur. Er lebte seit 1963 in Falkensee, einem Ort nahe Berlin, ehe er 2000 nach Brieselang bei Nauen zog. Er hat drei Kinder und fünf Enkel.

Seit 1960 ist er schriftstellerisch tätig. In Deutschland und dem angrenzendem Ausland veröffentlichte er mehrere utopische Bücher, darunter auch Kinderbuchtexte, zusammen etwa 50 Auflagen mit 1,5 Millionen Exemplaren. Er hielt über 1 200 Lesungen in Schulen, Kindergärten, Jugendklubs und Buchhandlungen sowie in Gewerkschafts- und Stadtbibliotheken. Nach 1990 war Carlos Rasch für die Märkische Allgemeine Potsdam, einem Imprint der Frankfurter Allgemeinen, als fest eingestellter Redakteur tätig. Er verfasste über 3 000 Artikel, Porträts und Gerichtsberichte zu den Anpassungswehen Ostdeutschlands an die Bundesrepublik. Seit 1997 ist er Ruheständler.

Raschs wichtigste Titel sind die Bücher "Asteroidenjäger" (1961) mit 148 000, "Der blaue Planet" (1963) mit 260 000, "Krakentang" (1968) mit 110 000 und "Magma am Himmel" (1975) mit 80 000 Exemplaren. Hinzu kommen noch 1967 die beiden Kinderbücher "Mobbi Weißbauch" und 1988 "Der verlorene Glühstein". Die "Asteroidenjäger" waren auch Vorlage zum DEFA-Film "Signale - Ein Weltraumabenteuer" (Regie Kolditz), der noch 2001 in Minnesota (USA), in Bradford (England) und in Berlin Sondervorführungen erlebte. Das Fernsehen der DDR übertrug dem Autor 1973 mehrere Folgen der Serie "Raumlotsen", die dann aber wegen des hohen Modellaufwandes nicht in Produktion ging. Rasch hat diese Szenarien in sein vierbändiges Werk „RAUMLOTSEN“ einfließen lassen.

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