Der Sternenkavalier
oder Die Irrfahrten des ein wenig verstiegenen Großmeisters der galaktischen Wissenschaften Eto Schik und seines treuen Gefährten As Nap
Die Irrfahrten des Großmeisters der galaktischen Wissenschaften Eto Schik und seines Gefährten As Nap bieten manche Überraschung. Schon der Anlass dieser Reise ist utopisch und ungewöhnlich: Weltall und Sternbilder sollen nach „ästhetischen Grundsätzen“ umgemodelt werden. Das stiftet unter den Planetenbewohnern, die hier angetroffen werden, zumeist bemerkliche Verblüffung. Denn feste Grundsätze und unumstößlich geglaubte Ordnungen geraten ins Wanken oder werden mittels eines mühelos gehandhabten Zauberstöckchens kurzfristig über den Haufen geworfen.
In dieser Erzählung kommen Könige, Ketzer, Akademiker, Prinzessinnen und mancherlei Gespenster vor. Zu ihnen gesellen sich auch Wesen, die der bekannten Märchenwelt noch fremd sein mögen: Fantasten und gemütvolle Entdecker des Einfachen, das schwer zu machen ist.
Gerhard Branstner erzählt mit heiterer Stimme von Stillstand und Irrtum der Theoriten und Praximanen, und er führt seine beiden Abenteurer auch zum Stern der Verlässlichkeit. Dort freilich werden selbst sie, die manches zu bieten hatten, von Unüblichem überwältigt und — kraft verblüffender Lebensweise der dortigen Bewohner — eines Irrtums belehrt.
Ein Stern zu viel
Himmel und Menschen
Das Schiff der lustigen Leute
Die tanzenden Roboter
Das Land unter der Erde
Kartoffelgespenster untern Regenschirm
Der gewendete Planet
Die Entstehung eines Tabus
Das Leben ein Traum
Das historische Dilemma
Eine Sandwüste wird trockengelegt
Ein Planet wird halbiert
Das Land der Verlässlichkeit
Die Probe aufs Wort
Die selbstmörderischen Nestbeschmutzer
Der Gordische Knoten
Es war gewiss ein selten erlebbarer und ebenso denkwürdiger wie merkwürdiger Anblick, als die ängstlichen und doch zugleich neugierigen Insassen des Planeten aus ihm hervorstiegen und das erste Mal in ihrem Leben einen richtigen Himmel und die Sonne erblickten. Mehr als über all das staunten sie jedoch über den Regen, den Eto zu Ehren des historischen Vorganges, auch um den Zweck der Schirme sinnfällig zu machen, mittels des Stöckchens herbeigezaubert hatte. Wasser, das noch dazu vom Himmel fällt, überstieg das Fassungsvermögen der Kartoffelgespenster, und statt die Regenschirme aufzuspannen, ließen sie sie fallen und rannten schreiend, als ob ihnen das Wasser wie Feuer auf der Haut brenne, hin und her und wussten nicht, wohin. Eto und As hatten alle Mühe, einige der Gespenster einzufangen und ihnen einen aufgespannten Schirm in die Hand zu drücken. Das tat endlich seine Wirkung. Die jetzt nicht mehr vom Regen Getroffenen standen, als seien sie vom Tode auferstanden und neugeboren, in kindlicher Verwunderung da und konnten sich nicht genugtun in der Äußerung ihrer Freude über den Besitz eines Schirms. Nun begriffen auch die übrigen den Sinn dieser Einrichtung und stürzten sich, statt weiterhin im Regen umherzurennen, wie wild auf die fortgeworfenen Schirme. Alsbald stand die gesamte Gesellschaft der Kartoffelgespenster wohlbeschirmt im Regen und freute sich ihres Daseins.
„Das hätten wir“, meinte Eto, „jetzt müssen wir ihnen nur noch den Nutzen des Regens erklären, aber dazu brauchen wir die Sonne.“
Eto erhob sein Stöckchen und stellte den Regen ab. Als die Sonne erschien und die Spuren des Regens auslöschte, erklärte Eto den Kartoffelgespenstern die Notwendigkeit des Wechsels von Nässe und Trockenheit. Doch bevor er damit zu Ende war, ging die Sonne unter, sodass er das Thema fallen lassen und, um die Kartoffelgespenster nicht neuerlich in Panik geraten zu lassen, den Wechsel von Tag und Nacht erklären musste, wofür die Zeit allerdings nicht mehr ganz ausreichte. Und als er am nächsten Morgen in seiner Lektion fortfahren wollte, musste er sogleich wieder das Thema fallenlassen und stattdessen den Wechsel von Wärme und Kälte erklären, denn die Kartoffelgespenster waren, da sie sich an den Temperaturabfall nicht so schnell gewöhnen konnten, über Nacht beinahe erfroren. Auf diese Weise rannte Eto dem Kreislauf der Natur hinterher, und er hätte ihn nie eingeholt, wenn er nicht schließlich zu der Erkenntnis gekommen wäre, dass er ihn auf diese Weise nie einholen würde. Also nahm er sein Stöckchen und hielt, nachdem er sich von As den Schlüssel hatte errechnen lassen, den Planeten einfach an. Jetzt konnte er in Ruhe erklären, welche Naturerscheinungen bei diesem Stande des Planeten auftraten; und wenn das erledigt war, rückte er den Planeten ein Stück weiter und erklärte die nun waltenden Naturerscheinungen. So passte Eto die Vorgänge der Natur den Möglichkeiten ihrer Beschreibung an, was allerdings nicht heißt, dass er die Beschreibung auch dem Fassungsvermögen seiner Zuhörer anpasste. Was selbst ein normaler Mensch nur begreifen kann, wenn er von Kind auf damit vertraut gemacht wird, konnten die über Jahrtausende degenerierten Kartoffelgespenster natürlich nicht auf der Stelle begreifen. Daher wurden sie, statt durch Etos Erklärungen schlauer zu werden, nur immer verwirrter und wollten sich, als sie nicht mehr aus noch ein wussten, wieder ins Innere des Planeten verkriechen. Dass es nicht dazu kam, ist allein dem Umstand zu danken, dass As zufällig sein linkes Auge öffnete, um einen Blick auf die übrigen Planeten dieses Sonnensystems zu riskieren.
„Da wohnen ja auch welche!“, rief As und deutete auf den der Sonne am nächsten stehenden Planeten. „Und wenn mich nicht alles täuscht, dann sind das keine bleichen Gespenster, sondern geradezu rosig aussehende Geschöpfe!“
Diese Entdeckung änderte die Situation auf dem gewendeten Planeten grundlegend.
Geboren am 25.Mai 1927 in Blankenhain/Thüringen, Volksschule, drei Jahre Verwaltungslehre.
1945 Soldat im 2. Weltkrieg, bis 1947 in amerikanischer, französischer und belgischer Kriegsgefangenschaft.
1949 – 1951 Abitur an der ABF Jena, 1951 bis 1956 Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin, 1963 Promotion (Dr. Phil.).
1956 - 1962 Dozent an der Humboldt-Universität, 1962 – 1964 Lektor, 1966 - 1968 Cheflektor Eulenspiegelverlag/ Das Neue Berlin.
Ab 1968 freiberuflicher Schriftsteller.
2008 in Berlin verstorben.
Bibliografie
IST DER APHORISMUS EIN VERLORENES KIND? Literarische Miniaturen, Aufbau-Verlag Berlin 1959.
ZU BESUCH AUF DER ERDE. Unwahre Begebenheiten, Mitteldeutscher Verlag Halle (Saale) 1961.
NEULICHKEITEN. Geschichten mit und ohne Spaß, Eulenspiegel Verlag Berlin 1964.
DER VERHÄNGNISVOLLE BESUCH. Kriminalroman, Verlag Das Neue Berlin 1967.
DIE REISE ZUM STERN DER BESCHWINGTEN. Utopischer Roman, Hinstorff Verlag Rostock 1968.
DIE WEISHEIT DES HUMORS. Sprüche und Aphorismen zur Lebenskunst, Hinstorff Verlag Rostock 1968.
NEPOMUKS PHILOSPHISCHE KURZANEKDOTEN, Hinstorff Verlag Rostock 1969.
DER FALSCHE MANN IM MOND. Utopischer Roman, Hinstorff Verlag Rostock 1970.
DER NARRENSPIEGEL, Hinstorff Rostock 1971.
DER ASTRONOMISCHE DIEB. Utopische Anekdoten, Verlag Das Neue Berlin 1973.
VOM HIMMEL HOCH oder Kosmisches Allzukosmisches, Verlag Das Neue Berlin 1974.
DER STERNENKAVALIER. Eine Utopie, Verlag Das Neue Berlin 1976.
DER ESEL ALS AMTMANN oder Das Tier ist auch nur ein Mensch, Buchverlag Der Morgen Berlin 1977.
DER HIMMEL FÄLLT AUS DEN WOLKEN. Heitere Spiele, Buchverlag Der Morgen Berlin 1977.
KANTINE. Eine Disputation in fünf Paradoxa, Hinstorff Verlag Rostock 1977 (2., die Bühnenfassung berücksichtigende Auflage: 1981).
PLEBEJADE oder Die wundersamen Verrichtungen eines Riesen, Buchverlag Der Morgen Berlin 1978.
HANDBUCH DER HEITERKEIT, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1979.
DER INDISKRETE ROBOTER. Utopische Erzählungen, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1980.
DIE OCHSENWETTE. Anekdoten nach dem Orientalischen geschrieben, Hinstorff Verlag Rostock 1980
KUNST DES HUMORS - HUMOR DER KUNST. Beitrag zu einer fröhlichen Wissenschaft, Mitteldeutscher Verlag Halle-Leipzig 1980.
GERHARD BRANSTNERS SPRUCHSÄCKEL, Buchverlag Der Morgen Berlin 1982.
DIE UNMORALISCHE TUGEND Nepomuks, Mitteldeutscher Verlag, Halle - Leipzig
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- Artikel-Nr.: SW9783956557255.1
- Artikelnummer SW9783956557255.1
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Autor
Gerhard Branstner
- Wasserzeichen ja
- Verlag EDITION digital
- Seitenzahl 130
- Veröffentlichung 07.09.2016
- ISBN 9783956557255
- Wasserzeichen ja