Das Verhängnis der Müllerstochter. Sänge und Reime
Aus etlichen Jahrhunderten deutscher Volksdichtung ausgebuddelt und fürwitzig zurechtgemacht oder füglich neu erdacht
»Wer sich nicht lustig macht, der nimmt ein schlimmes Ende«, behauptet hier ein weiser Tor. Und recht hat er! Man sieht es ja an den Tränen der schönen Müllerstochter; vernimmt von Herrn Strunk, der sich erhunk; ahnt‘s aus dem Amtsleben des »Pflichtbürgers« oder dem Klagelied einer Brombeerpflückerin. Wer dagegen mit dem Autor möchte, »dass als wesentliche Form des Geistes uns die Heiterkeit bald leichter fällt« auf dieser Welt, der wird aus diesem Büchlein vergnüglich erfahren, in welcher Weise Liebe und Leid mit Scherz und Ernst gepaart sein können.
G. Branstner, der sich auch immer wieder um die Weiterführung bewährter oder um die Wiederbelebung vergessener traditioneller Kunstformen bemüht, hat in seiner Version verschiedenste Themen und Formen, Motive und Stimmungen mehrhundertjähriger Volksdichtung erstehen lassen. Der Vorzug ist dem Sangbaren, Liedhaften gegeben - und all den kräftigen, deftigen, schaurigen oder witzigen Geschichten, die für das Vorlesen oder Vortragen noch besonderen Spaß versprechen.
Liebe im Scherz
Jungfer ade!
Ein Obstgärtner, ein Lagerhalter und ein Totengräber loben ihre Frauen
Liebesdienst
Der geplättete Zorn
Wie lang mag das noch gehen
In jedem Mann steckt ein Tyrann
Verständliche Vergesslichkeit
Umkleideter Wunsch
Das Schäfchenspiel
Des Jägers Wunderhorn
Die Gefechtsordnung
Treu und Glauben
Die nasse Wahrheit
Das Verhängnis der Müllerstochter
Der Gatte ging – der Buhle kam oder Lindas Tränen
Am murmelnden Bach
Herr Theophil und Frau
Wie Herr Strunk sich erhunk
Der arme Mann
Hund und Katze im Liebesduett
Das ganze noch ma
Ein deutsches Schicksal
Liebe im Ernst
Das Mittelding
Der Gefoppte
Ein gutes Mundwerk
Vom Beerenpflücken
Freundliche Verwechslung
Besorgnis
Ach, Liebster, lass uns eilen
In Wartestellung
Eine Stellungssache
Tragik
Ja, die Zeit ändert viel
Ein schöner Mann
Moritat von den schwarzen und den grauen Haaren
Elf Liebchen und eins
Es ist ein eigen Dingen
Die kleine Liebelei
In Erwartung des Liebsten
Die Liebe
Leid im Ernst
Humoristische Wahrheit
Ballade vom lachenden Affen
Hinterhofballade
Die umgekehrte Todesangst
Dein schwerster Brocken bist du selber
Schnakenballade
Des Sophistratos astronomische Antwort auf die gastronomische Frage, weshalb es volle und leere Bäuche gibt
Das ungerade Schaf
Denn der Herr ist ein Hirte!
Der Pflichtbürger
Klage um einen verdienten Toten, der im Leben nichts getaugt hat
Wohin gehst du, kleines Wort?
Das Was und das Warum
Eine Frage an Gott den Herrn
Pulver und Blei
Ein gutbürgerliches Schlaflied
Das Lied vom kleinen Feigenbaum
Dschungelballade
Das Merklied
Zeitfehler
Klagelied eines Rothaarigen
Wem die Jacke passt – ist selbst ein Schwein
Der ausgehakte Widerspruch
Oma, erzähl uns was
Das Zustandekommen der kleinen Arschkriecher
Die ernsthafte Heiterkeit
Von Loch zu Loch
Leid im Scherz
Narrenweisheit
Freue dich, kein Tier zu sein
Solo für elf Damen
Urteil über ein Gedicht
Das scheintote Kind
Die Zwickmühle Gottes
Zum Schießen
Das geschüttelte Doppelstockbett
Beschreibung einer Weltumfahrt
Eine kastrierte Welt
Der Tor in Knittel
Elegie auf den Biss eines tollen Hundes
Der Geselle in der Fremde
Der Wirtshäusler
Wie eine Haremsdame verlustig ging und drei deutsche Matrosen zu unbefleckten Helden wurden
Dilemma
Eine herbstliche Elegie
Gut ist jede Jahreszeit
Stilles Verdienst
Lass sausen, Kind, lass sausen
Tragik des Genies
Ein Teufelskreis
Der umgekehrte Hellseher
Menschliche Unvollkommenheit
Betriebsblind
Lebensregeln
Ein Wort zum Schluss
Die nasse Wahrheit
nach A. L. Karsch
»13«
Ein Ehemann von sanftem Wesen
ertrug sein Weib mit viel Geduld.
„Ich bring mich um“, so rief sie ständig,
„und daran hast nur du die Schuld!“
Er bat sie stets in sanftem Ton:
„Hör auf mit dieser dummen Grille.“
Doch sie schrie immer heftiger:
„Das ist mein absoluter Wille!“
Da blieb ihm keine andre Wahl:
Er trug sie an ein nahes Wasser.
Sie hörte bald zu schreien auf
und wurde blass und blasser.
Er ließ sie, ganz in seiner Art,
sanft fallen in das kühle Fließ
just da, wo es am tiefsten war,
damit sie sich nicht unten stieß.
„Das“, sprach er, „war doch nur dein Wille.
Da rief sie in der Wassernot:
„Mein lieber Mann, mach mich nicht tot,
glaub mir, es war nur eine Grille!“
Dann war sie endlich stille.
Die Wahrheit ist die:
Das Weib schweigt nie.
Das Verhängnis der Müllerstochter
nach einer echten Moritat
»14«
In einem grünen Tale,
nicht weit vom tiefen Wald,
steht eines Müllers Mühle,
darin ein Kindlein lallt.
Und am Ende von dem Tal
rauscht ein großer Wasserfal.
Nach sechzehn, siebzehn Jahren,
da lallt das Kind nicht mehr.
Da ist’s ’ne ranke Jungfer,
die trällert froh umher.
Und am Ende von dem Tal
rauscht ein großer Wasserfal.
Ein Förster wollt’ sie freien,
der ihr die Liebe bot.
Ein Wilddieb kam gegangen
und schoss den Förster tot.
Und am Ende von dem Tal
rauscht ein großer Wasserfal.
Der Wilddieb, schön und heftig,
nahm sie in seinen Arm.
Da endigte sein Leben
ein Schuss von dem Gendarm.
Und am Ende von dem Tal
rauscht ein großer Wasserfal.
Sie glaubt’, mit dem Gendarme
war sie aus allem Leid.
Doch in einem Gemenge
schlug ihn ein Räuber breit.
Und am Ende von dem Tal
rauscht ein großer Wasserfal.
Der Räuber nahm sie mit sich
auf seine Lagerstatt.
Da stahl sie ihm das Messer
und dolcht’ ihn, bis er matt.
Und am Ende von dem Tal
rauscht ein großer Wasserfal.
Nun sitzt sie bei der Mühle
und weint in sich hinein.
Wie kann nach so viel Liebe
man so alleine sein.
Und am Ende von dem Tal
rauscht ein großer Wasserfal.
Und am Ende …
Der Gatte ging – der Buhle kam oder Lindas Tränen
»15«
Ihr zarten Herzen, hört ein Trauerlied,
wenn mir dabei nicht Stimm’ und Atem flieht.
Ein Lied von all dem Kummer, Gram und Schmerz,
der traf der ungetreuen Linda Herz.
Fort ging der Gatte, und der Buhle kam.
Sie öffnet ihm, er in den Arm sie nahm.
Da kommt zurück, kommt schneller als er soll,
der eigne Mann. Er tritt herein wie toll.
Er zieht den Dolch, und sonder Wort und Scherz
stößt er ihn in des bösen Buhlen Herz.
Er starb, der feige Buhle, und sein Blut
ward noch geehrt mit Lindas Tränenflut.
Doch jedermann nennt ihn mit Schand und Graus.
Und damit ist auch die Romanze aus.
Geboren am 25.Mai 1927 in Blankenhain/Thüringen, Volksschule, drei Jahre Verwaltungslehre.
1945 Soldat im 2. Weltkrieg, bis 1947 in amerikanischer, französischer und belgischer Kriegsgefangenschaft.
1949 – 1951 Abitur an der ABF Jena, 1951 bis 1956 Studium der Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin, 1963 Promotion (Dr. Phil.).
1956 - 1962 Dozent an der Humboldt-Universität, 1962 – 1964 Lektor, 1966 - 1968 Cheflektor Eulenspiegelverlag/ Das Neue Berlin.
Ab 1968 freiberuflicher Schriftsteller.
2008 in Berlin verstorben.
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- Artikel-Nr.: SW9783965211735458270
- Artikelnummer SW9783965211735458270
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Autor
Gerhard Branstner
- Wasserzeichen ja
- Verlag EDITION digital
- Seitenzahl 198
- Veröffentlichung 14.10.2019
- ISBN 9783965211735
- Wasserzeichen ja