Die 20er und 30er Jahre sind eine spannende Zeit für das Kino: Nicht nur passen die Kinos gut in eine Zeit, in der die Menschen gerade nach dem Ersten Weltkrieg nach Zerstreuung und Unterhaltung suchen - auch die technische Weiterentwicklung schreitet schnell voran. Die folgenden Romane fangen die Kinostimmung dieser Zeit ein.
Die tragische Geschichte eines Filmstars
Charlotte Roth: Ich bin ja heut' so glücklich
Mit dem gleichnamigen Lied wurde Renate Müller Anfang der 30er Jahre schlagartig bekannt und galt als Hoffnung des deutschen Tonfilms. Ihre freundliche, tadellose Ausstrahlung widersprach zwar dem damalig beliebten Frauenbild des verruchten Vamps, jedoch fand die blonde Schauspielerin dafür Aufmerksamkeit bei den Nazis. Joseph Goebbels wollte sie sogar mit Adolf Hitler verkuppeln. Doch Renate Müller wehrte sich gegen die politische Vereinnahmung und starb unter bis heute ungeklärten Umständen.
Ich bin ja heut' so glücklich ist nicht der erste historische Roman der Autorin Charlotte Roth. In vielen ähnlich gestalteten Romane, beispielsweise zuletzt in Die Königin von Berlin, erzählt Roth vom Schicksal junger Frauen, das durch den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg beeinflusst wird. Die Protagonistinnen ihrer Bücher sind sich dabei durchaus ähnlich: Die jungen Frauen sind glücklich und sprühen nur so vor Lebensfreude - bis die Geschichte sie eines besseren belehrt. Trotz des immer wieder ähnlichen Stoffes zeichnen sich Roths Romane durch eine sehr einfühlsame Sprache und eine lebendige Schilderung aus, die anders als andere historische Romane nicht zu langatmig gestaltet ist. Ich bin ja heut` so glücklich ist in der langen Reihe ihrer Romane kein wirklich vollkommen neuer, dafür aber wie immer qualitativ sehr hochwertiger und sehr unterhaltsamer Roman, der am Ende auch ein wenig traurig macht.
Zum eBook "Ich bin ja heut' so glücklich"
Ebenfalls 2022 wurde übrigens auch von Katja Wolf ein Roman über Renate Müller veröffentlicht.
Die Geschichte einer Kino-Dynastie
Heidi Rehn: Das Lichtspielhaus - Zeit der Entscheidung
Nicht Berlin und seine UFA, sondern München ist dieses Mal Schauspiel eines historischen Romans, der die Geschichte der fiktiven Münchner Kinobetreiberfamilie der Donaubauers erzählt. Diese müssen sich und ihre Kinos nicht nur immer wieder neu erfinden, um mit dem Zeitgeist Schritt zu halten, sondern sich auch mit den Nationalsozialisten arrangieren. Protagonistin Elsa ist dabei weitestgehend auf sich selbst angewiesen, nachdem ihr Ehemann sie verlässt. Auch wenn Das Lichtspielhaus mit inhaltlich und mit seinem Untertitel Zeit der Entscheidung auch für eine Serie ausgelegt sein könnte, ist seit dem Erscheinen 2019 bisher leider keine Fortsetzung angekündigt. Denn auch wenn Heidi Rehns Romane zuweilen etwas langatmig sein können - Das Lichtspielhaus war Zeile für Zeile unterhaltsam zu lesen und die Familiengeschichte in Verbindung mit den Entwicklungen des Kinos wirklich abwechslungsreich gestaltet.
Von Schauspielern und der UFA
Michaela Saalfeld: Als wir im Regen tanzten
Wer dieses Buch liest, sollte wissen, dass die Geschichte eigentlich nur komplett ist, wenn man auch den ersten Teil Was wir zu hoffen wagten (aktuell nicht als E-Book verfügbar) gelesen hat. Dieser erzählt die Geschichte dreier Geschwister, von denen einer - Willi - zum Film möchte. Während Willi im ersten Teil noch vornehmlich in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs eingesetzt wird, erzählt Als wir im Regen tanzten schließlich von seiner Karriere beim Film. Als Regisseur bei der UFA sind für Willi der Stummfilm, zunehmender Antisemitismus und auch die Erstarkung der Nazis ein Thema - insbesondere da seine Frau Reche, die als Schauspielerin bei der UFA arbeitet - Jüdin ist. Auch wenn der Plot von Als wir im Regen tanzten manchmal etwas übertriebene Wendungen nimmt und in der Erzählqualität nicht immer ganz an den Was wir zu hoffen wagten heranreicht, so ist der Roman doch für Filmfans der späten 20er und frühen 30er Jahre ein unterhaltsamer Roman, der aus der Masse heraussticht.
Kommentare
create