Wenn die Reichen und Schönen unglücklich sind, buchen Sie für viel Geld teure Wellness-Aufenthalte, um sich selbst wieder aufzubauen und weiter zu optimieren. Liane Moriarty, die Autorin von Big Little Lies, thematisiert diesen Selbstoptimierungswahn in ihrem neuen Roman Neun Fremde.
Neun Fremde nehmen an einem 10-wöchigen Retreat im Tranquillum House teil, um zu sich selbst zu finden. Was sie erwartet, weiß vorher niemand, aber die Therapie muss gut sein, denn sie ist sehr teuer. Die Teilnehmer sind Menschen, denen wir bei Instagram folgen könnten: Auf den ersten Blick führen die ein gutes, privilegiertes Leben, doch auf den zweiten Blick sind sie einsam und unglücklich.
Da ist zum Beispiel die alternde Schriftstellerin Frances, deren Bücher sich immer schlechter verkaufen und die zudem auf einen Heiratsschwindler reingefallen ist. Oder Ben und Jessica, die ein unglückliches Leben führen, seit sie im Lotto gewonnen haben. Und natürlich gibt es auch eine Figur wir die Vierfachmutter Carmel, die - von ihrem Mann verlassen - der Ansicht ist, sie sei zu dick, obwohl sie eine normale Figur hat.
Anfangs liest es sich ganz nett, diese Menschen mit ihren Problemen heimlich wie durch ein Schlüsselloch zu beobachten. Ein genugtuendes Gefühl über ihr „schweres“ Schicksal stellt sich aber nicht richtig ein, denn alle Charaktere sind ziemlich flach gezeichnet. Niemandem kommen bahnbrechende Erkenntnisse, niemand wendet sich letztlich ab von seiner oberflächlichen Lebensweise.
Ein wenig Dynamik kommt in die Geschichte aber dafür durch die unkonventionelle Therapie von Tranquillum House. Dessen Besitzerin ist selbst eine Meisterin in Selbstoptimierung und nutzt ihre neun Teilnehmer als Versuchskaninchen für eine neue Therapie. Doch diese läuft aus dem Ruder. Auch wenn die Ereignisse vielleicht etwas stark dramatisiert geschildert werden, spannend ist die Geschichte ab der zweiten Hälfte des Buches auf jeden Fall, sodass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Auch wenn die Geschichte inhaltlich nicht absolut brillant ist, ist es doch Moriartys Erzählweise. Diese lässt sich am besten vergleichen mit der Dramaturgie einer guten, fesselnden Fernsehserie: Viele Figuren, kleine Szenenwechsel, viel Dramatik zum Ende hin. Schon beim Lesen konnte ich mir das Buch gut als Fernsehserie vorstellen. Solange es Neun Fremde aber nur als Buch gibt, ist es eine Empfehlung für alle, die unterhaltsame, spannungsgeladene Bücher mögen, die schnell zur Sache kommen und einfach ungehalten statt große, komplizierte Plots zu entwickeln.
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