Die Königsberg-Saga: Auf keinen Fall ein Roman über Königsberg

Nachdem Familiensagas momentan immer beliebter werden, entdecken die Autoren und Autorinnen nun auch Ostpreußen als Schauplatz für ihre Geschichten. Wie man allerdings diesem Roman gerade den Titel Königsberg geben konnte, ist schwer verständlich.

Zunächst einmal spielt die Handlung nicht in Königsberg, sondern auf zwei Anwesen irgendwo in der Nähe auf dem Land. Zwei Familien, die sich eigentlich nicht gut verstehen, werden durch das Schicksal miteinander verbunden: Da Leonhard von Schletter Adela heiraten muss, muss Karl von Reichenbach auf seine große Liebe verzichten. Um sich zu rächen, lässt Leonhard sich auf eine Affäre zunächst mit der einen, dann mit der anderen Schwester von Leonhard ein.

Dieser Roman hat wirklich alles, was man sich in solchen Konstellationen vorstellen kann: ungewollte Schwangerschaften, einen tragischen Todesfall, verarmten Adel und Affären. Es gibt eigentlich keine Figur, die nicht in irgendeiner Schwierigkeit steckt und ein normales, zufriedenes Leben führt.

Nora Elias konzentriert sich beim Erzählen allein auf die adeligen Gutsbewohner. Anders als in anderen Familiensagas kommen die Hausangestellten nicht vor, obwohl diese zu jener Zeit einen beträchtlichen Anteil am Leben der feinen Herrschaften gehabt haben dürfen. Doch die Szenerie rund um die Protagonisten wirkt seltsam leer. Ganz anders als bei Ulrike Renks Ostpreußen-Saga Das Lied der Störche, wo ein wirklich plastisches Bild vom Gutsleben gezeichnet wird, könnte die Königsberg-Saga eigentlich überall spielen. Da hilft selbst ein Ausflug der Protagonisten nach Königsberg nicht, denn die Beschreibungen der Stadt sind so kurz und nichtssagend, dass auch hier wieder keine Atmosphäre entsteht.

Das ist natürlich enttäuschend für alle, die sich auf eine Familiengeschichte aus Ostpreußen gefreut haben. Zusätzlich enttäuschend ist auch die Erzählung, die sich eher auf Arztroman-Niveau bewegt. So findet man Sätze wie diesen:

„Adela löste sich aus Carls Kuss und stieß einen tiefen Seufzer aus. Konnte sich das Leben vollkommener anfühlen?“ (Zitat aus: Königsberg. Glänzende Zeiten von Nora Elias, E-Book-Ausgabe)

Während im Roman vor allem zu Beginn auf eine altmodisch-verschwurbelte Sprache geachtet wird, um wohl etwas plastischer zu machen, dass die Geschichte sich in der Vergangenheit bewegt, wird der Roman in der fortschreitenden Handlung etwas lesbarer. Zwischenzeitlich schwankt die Sprache aber auch stark zwischen altmodisch und modern, wie in diesem Beispiel:

„»Ich bin nicht sein einziger Sohn, du vergisst Friedrich.«
»Der zukünftige Theologiestudent? Dein Ernst?« “ (Zitat aus: Königsberg. Glänzende Zeiten von Nora Elias, E-Book-Ausgabe)

Nichts an diesem Roman fühlt sich so richtig stimmig an, außer dem Cover, das aber wiederum dem Inhalt nicht entspricht.

Zur Reihe

Die Königsberg-Saga ist in zwei Teilen veröffentlicht. Dabei stellt der zweite Teil keine Ergänzung dar, sondern erzählt den ersten Teil einfach weiter. Wem die Figuren im ersten Teil ans Herz gewachsen sind und wer vor der Erzählweise nicht zurückschreckt, der wird sich auch mit dem zweiten Teil gut unterhalten fühlen.

 


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