Beurteile das Buch nicht nach seinem Cover?! Das trifft hier zu. Alles deutet darauf hin, es mit einem Arztroman zu tun zu haben, doch dieser Roman, der im Original den Titel The Key trägt, ist weitaus mehr - und erzählt vom tragischen Schicksal einer Patientin in der Psychiatrie im England der 50er Jahre.
"Die Kälte raubt mir fast den Atem, als ich die ersten zögerlichen Schritte ins eisige Wasser mache. Die Steine unter meinen nackten Fußsohlen sind scharfkantig, und ein Strang schleimigen Laichkrauts wickelt sich um meine Knöchel."
(Kathryn Hughes, Auszug aus der eBook-Ausgabe von "Die Tochter des Arztes"
Wie so oft bei Büchern dieser Art gibt es eine Erzählebene in der Gegenwart und eine in der Vergangenheit. Eine Frau in der Gegenwart deckt die Geschichte von Amy auf, die in den 50er Jahren durch unglückliche Umstände in die Psychiatrie kam, auf und findet am Ende sogar eine Verbindung zu sich selbst.
Was Die Tochter des Arztes ausmacht, ist nicht unbedingt die Geschichte an sich - Romane über die schwierigen Verhältnisse in früheren medizinischen Einrichtungen und fragwürdige Behandlungsmethoden in der frühen Psychiatrie gibt es genug.
Kathryn Hughes erzählt allerdings überraschen flüssig, kurz und bündig. Die Handlung wird schnell vorangetrieben und es gibt wirklich keine Längen, was selten in historischen Romanen diesen Typs ist. Zudem wechselt die Erzählperspektive unmerklich zwischen mehreren interessanten Charakteren hin und her, sodass zu Anfang gar nicht ganz klar ist, wer nun eigentlich die Protagonistin ist und auf wessen Schicksalsgeschichte es nun tatsächlich hinausläuft.
Die Tochter des Arztes ist definitiv für eine weibliche Zielgruppe geschrieben. Alle Schicksale im Roman sind für diese Zeit typische Frauenschicksale. Und schließlich kommt auch noch ein gutaussehender Arzt vor, sodass der Titel wenigstens ein bisschen Rechtfertigung erfährt (und wer nachher das Buch gelesen hat, weiß auch, wie der Titel gemeint ist).
Erscheinungsdatum: 16.12.2019 - Verlag: Blanvalet - Seitenzahl: 448 - Schlagworte: Schicksal, psychische Krankheit, Familiengeheimnis, Sanatorium, Krankenschwester
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Kommentare
createAuch wenn ich denke, es hätte noch mehr kommen können zu den Problemen dieser Institutionen und seltsamen Praktiken, Stichwort Lobotomie. Geht es für einen Roman sehr gut mit dem Thema um und berührt auf eine ganz andere, ja menschlichere Weise. weniger anzeigen expand_less