Die Weingut-Trilogie: Der neue Bestseller unter den Familiensagas

Drei Mal 700 Seiten. Das Weingut ist eine Trilogie, die es nicht nur vom Umfang in sich hat: Endlich gibt es wieder Nachschub für Fans historischer Familiensagas.

Familiensagas rund um herrschaftliche Häuser sind seit einigen Jahren im Trend. Zu den beliebtesten Serien dieses Genres unter den deutschen Romanen gehört sicher Die Tuchvilla von Anne Jacobs. Das Weingut könnte diesem Titel nun ernsthafte Konkurrenz machen.

Das Weingut spielt in einem interessanten Setting

Die meisten Familiensagas spielen zu nahezu ähnlichen Zeitpunkten: Die Romane beginnen fast immer kurz vor dem Ende des 19. Jahrhunderts oder zumindest vor dem Ersten Weltkrieg und enden in der Regel spätestens mit dem Zweiten Weltkrieg. Das Weingut aber wählt einen anderen Schauplatz, an der deutsch-französischen Grenze und rund um den deutsch-französischen Krieg 1870/71.

Charaktere mit Potenzial

Die Charaktere des Weinguts sind in gewisser Weise natürlich stereotyp gezeichnet: Es gibt den Sohn des Hauses, der sich für die Arbeiterklasse einsetzt und klein Problem damit hat, ein Dienstmädchen zu heiraten. Seine feiste, pummelige Schwester intrigiert, wo sie nur kann. Und die gutmütige Köchin versucht, zu helfen, wo sie nur kann. Trotzdem sind die Figuren spannend, denn sie haben, was nicht alle Figuren in diesem Genre haben: die Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln. So wechseln die Charaktere durchaus von Böse zu Gut und andersherum. Wo zuvor noch Zwietracht herrscht, besteht Einigkeit. Dass sich das Blatt jederzeit wenden kann, macht die Geschichte dynamisch. Insbesondere die beiden Protagonisten, Irene und Franz, verändern sich über die drei Bände stark.

Die Geschichte ist nicht immer vorhersehbar

Eigentlich ist klar, worauf alles hinausläuft: Wir begleiten die deutsch-französische Weinbauernfamilie Gerban durch Höhen und Tiefen. Im Zentrum der Geschichte steht die unerwünschte Beziehung des Erstgeborenen Franz mit dem Dienstmädchen Irene. Doch anders als man denken könnte, endet der erste Band nicht mit einer Hochzeit. Die Autorin Marie Lacrosse hält immer wieder überraschende Wendungen bereit und integriert die verschiedensten Themenfelder in ihren Roman: Krieg, die Arbeit auf einem Weingut, Verlobungen, psychische Erkrankungen, Fabrikarbeit und soziale Ungleichheiten. Ähnlich wie in einer Daily Soap erzählt sie die Geschichte in unterschiedlichen Handlungssträngen, die immer dann unterbrochen werden, wenn es am spannendsten wird. Die einzelnen Episoden wechseln sich in kurzen Abständen mit einer Lesezeit von jeweils nur wenigen Minuten ab und machen die Handlung dabei erstaunlich kurzweilig, obwohl jeder Band für sich mit rund 700 Seiten doch einen ordentlichen Umfang hat.

Lohnt es sich, alle drei Bände zu lesen?

Da das Ende jeweils nicht absehbar ist, lohnt es sich zunächst auf jeden Fall, zuvor den Klappentext von Band 2 (Aufbruch in ein neues Leben) und Band 3 (Tage des Schicksals) nicht zu lesen, um sich die Spannung nicht zu nehmen. Der erste Band beginnt dynamisch und weist schon auf das Potenzial dieser Serie hin, hat aber in der zweiten Hälfte einige Längen. Das macht der zweite Band aber wieder wett, der erzählerisch noch einmal deutlich gegenüber dem ersten Band zulegen kann. Das Ende des zweiten Bandes kommt dann leider doch etwas schnell und bietet für manchen Geschmack vielleicht eine zu einfache Lösung. Durch dieses Ende wird deutlich Dramatik aus der Geschichte genommen, von der insbesondere der zweite Teil profitieren konnte. Der dritte Band ist somit eher ein Nachhall, der es zwar wieder schafft, gut zu unterhalten, bei dem man aber sehr schnell ahnt, worauf es hinausläuft. Wer die Charaktere ins Herz geschlossen hat und unbedingt weiterlesen möchte, kann nichts verkehrt machen. Und auch im dritten Band werden wieder so viele neue Charaktere eingeführt, dass sicher auch noch eine Fortsetzung möglich wäre.

Das Weingut geht in vielen Dingen seinen eigenen Weg und ist deshalb nicht direkt mit der Tuchvilla vergleichbar. Das Weingut ist aber eine absolutes Muss für alle Fans von Familiensagas wie der Tuchvilla: Beim Lesen fiebert man mit den Charakteren mit, möchte alle Geheimnisse lüften, aber zugleich doch am liebsten nie das Ende des Romans erreichen.

Reihenfolge der Weingut-Trilogie von Marie Lacrosse:

  1. Das Weingut: In stürmischen Zeiten
  2. Das Weingut: Aufbruch in ein neues Leben
  3. Das Weingut: Tage des Schicksals

 


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