"Der Astronaut" von Andy Weir ist zwar schon vor einer ganzen Weile erschienen, aber zum Lesen bin ich erst vor kurzem gekommen. Und ich habe mich sehr geärgert, dass ich diesen Roman erst jetzt für mich entdeckt habe. Wie schon bei "Der Marsianer" schafft Weir es erneut, wissenschaftliche Präzision mit einer guten Portion Humor und einer sehr interessanten Vision für die Zukunft der Erde zu verknüpfen.
Wieso ich dieses Buch jetzt ausgrabe? Weil im April die Verfilmung des Romans angekündigt wurde. 2026 kommt "Project Hail Mary" (so heißt das Buch im Original) in die Kinos, zumindest wenn alles nach Plan läuft. Verantwortlich für den Film sind die Amazon MGM Studios, inszeniert wird alles von Phil Lord und Chris Miller. Ryan Gosling übernimmt die Hauptrolle.
Erscheinungsdatum: 10.05.2021 - Verlag: Heyne - Seitenzahl: 560
Als Ryland Grace erwacht, muss er feststellen, dass er ganz allein ist. Er ist anscheinend der einzige Überlebende einer Raumfahrtmission, Millionen Kilometer von zu Hause entfernt, auf einem Flug ins Tau-Ceti-Sternsystem. Aber was erwartet ihn dort? Und warum sind alle anderen Besatzungsmitglieder tot? Nach und nach dämmert es Grace, dass von seinem Überleben nicht nur die Mission, sondern die Zukunft der gesamten Erdbevölkerung abhängt.
Rezension zu "Der Astronaut" von Andy Weir:
"Der Astronaut" ist meiner Meinung nach ein ziemlich nichtssagender Titel. So mancher verwechselt diesen Roman vielleicht sogar mit Weirs Debüt "Der Marsianer", in dem es schließlich auch um einen Astronauten geht. Aber während Mark Watney auf dem Mars strandet und sich seiner Umstände mehr als bewusst ist, wacht Ryland Grace eines Tages auf und hat absolut keine Ahnung, wo er ist oder gar wer er ist. Er weiß nur, dass er sich augenscheinlich im Weltraum befindet und dass er dort ganz alleine ist. Aber was soll er dort? Warum ist er überhaupt hier? Und wo ist "hier" eigentlich genau? Der englische Titel "Project Hail Mary" gibt ein wenig mehr Aufschluss darüber, um was es gehen könnte.
Ein "Hail Mary" beschreibt einen allerletzten Versuch mit kaum bis keiner Chance auf Erfolg. Aber wenn man es gar nicht erst versucht, kann man es ja erst recht nicht schaffen, daher ist ein allerletztes Aufbegehren gegen scheinbar hoffnungslose Umstände allemal besser als Untätigkeit. Im Deutschen lässt sich das vielleicht am besten als "Himmelfahrtskommando" übersetzen. "Projekt Himmelfahrtskommando" wäre meiner Meinung nach ein deutlich besserer Titel gewesen als "Der Astronaut". Aber wahrscheinlich wollte man mit dem Titel an den Hit "Der Marsianer" erinnern und hoffentlich an den Erfolg anküpfen.
Fakten und Personen: Worum es in "Der Astronaut" geht
Es ist ein bisschen schwer, hier alle wichtigen Personen aufzulisten, ohne direkt die Handlung zu spoilern. Ryland Grace kennt man ja schon aus der Buchbeschreibung. Er ist der Astronaut, der auf einem Schiff irgendwo im Weltall aufwacht, umsorgt von Robotern und einer sehr fortgeschrittenen KI. Dann wäre da noch Eva Stratt, die Verantwortliche für das Project Hail Mary. Die Vereinten Nationen haben Stratt unbegrenzte Ressourcen und Befehlsgewalt übertragen, um die Erde zu retten. Ryland Grace ist eine der Personen, die aufgrund ihres Wissens dazu ausgewählt wurden, an der Rettung der Erde mitzuwirken. Jemand ganz bestimmten lasse ich aber aus Spoilergründen an dieser Stelle absichtlich weg. Ansonsten kommt der Roman ohne viele namentlich bekannte Personen aus. Der Reiz der Geschichte liegt eben genau in der Tatsache, dass Ryland auf sich alleine gestellt ist. Was alles zuvor geschehen ist, wird in der Form von Flashbacks abgehandelt, als Rylands Erinnerungen Stück für Stück zurückkommen. Seine Aufgabe ist nicht mehr oder weniger, eine Lösung für die Rettung der Erde zu finden, koste es, was es wolle.
Ich bin nun wirklich keine Expertin in Sachen Astrophysik, Physik allgmein oder Mathematik. Eher wache ich heute noch schweißgebadet auf, weil ich mal wieder geträumt habe, dass ich eine Physikprüfung schreiben muss und keine Ahnung von gar nichts habe. Aber Andy Weir erklärt selbst abstrakte Konzepte auf eine Art und Weise, dass ich beim Lesen gut folgen konnte und an keiner Stelle das Gefühl hatte, etwas Wichtiges nicht zu verstehen. Zum Beispiel die Art und Weise, wie Ryland den Ortsfaktor bestimmt, um herauszufinden, wo er sich gerade befindet. Oder die Nutzung von Spektroskopie bei Experimenten.
Die Erde stirbt - aber nicht an Überhitzung
Die Prämisse des Romans ist, dass die Erde dem Untergang geweiht ist. Aber tatsächlich liegt es diesmal nicht an den Menschen, die Schuld sind, sondern die Sonne verliert einfach auf einmal an Kraft. Sämtliche Prognosen rechnen mit einer Eiszeit innerhalb von wenigen Jahren. Daher schließen sich die besten Wissenschaftler der Welt zusammen, um die Gründe für die schwächelnde Sonne herauszufinden. Vielleicht gibt es ja etwas, das getan werden kann. Denn nicht nur unsere Sonne wird schwächer, auch andere Sternen scheinen an Kraft zu verlieren. Ist die Sonne vielleicht - in Ermangelung eines besseren Wortes - krank? Und wenn ja, wie kann man sie heilen? Antworten scheint es in einem anderen Sonnensystem zu geben, denn die dortige Sonne ist die einzige in dem Quadranten, die noch gesund zu sein scheint, während alle Nachbarn von demselbem Leid befallen sind.
Toto, ich glaube wir sind nicht mehr in Kansas
Schnell wird Ryland klar, dass er sich nicht mehr in dem ihm bekannten Sonnensystem befindet. Was etwas komisch ist, denn soweit er sich erinnern kann, war die Menschheit noch nicht so weit entwickelt, dass intergalaktische Reisen eine Möglichkeit waren. Fragen kann er auch niemanden, die die anderen beiden Crewmitglieder sind tot (und zwar scheinbar schon seit Jahren) und Kontakt zur Erde kann er auch nicht einfach so herstellen, da er im wahrsten Sinne des Wortes außer Reichweite ist. Aber so ganz alleine ist er auch nicht: Es stellt sich heraus, dass die Menschheit nicht als einzige auf die Idee gekommen ist, jemanden in das fremde Sonnensystem zu schicken, um nach einer Lösung für das Sonnenproblem zu suchen. Und schon entwickelt sich eine weitere Ebene in dieser Geschichte, die Andy Weir ganz hervorragend durchdachte hat: Wie kommuniziert man am besten mit außerirdischen Lebensformen, deren Sprache so gar nicht der unseren ähnelt? Kann man vielleicht trotzdem irgendwie erfolgreich zusammenarbeiten?
Spannendes Weltraumabenteuer
Durch eine sehr geschickte Mischung aus Rückblenden und gegenwärtigen Herausforderungen sowie spannenden Enthüllungen wird die Spannungskurve konstant hochgehalten. Ich war wirklich zu keinem Zeitpunkt gelangweilt. Alles, was in dem Roman passiert, war für mich schlüssig, aber auch gleichzeitig ein bisschen beängstigend. Denn so schön alles in dieser Geschichte klingt: Ich glaube kaum, dass wir es als Planet Erde hinbekommen würden, in diesem Maße zusammenzuarbeiten und erst mal andere Konflikte beiseite zu legen. Weir entwirft hier eine Zukunft, die ethische, aber auch philosophische Fragen aufwirft und den Einfallsreichtum und die Suche nach Antworten und Lösungen feiert, die die Menschheit schon auf den Mond gebracht hat. Das alles geschieht mit richtig viel Humor, sodass ich beim Lesen mehrfach laut lachen, aber auch das eine oder andere Mal eine Träne verdrücken musste. Von mir gibt es daher eine uneingeschränkte Leseempfehlung für "Der Astronaut.
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