Damm und Deich - fruchtbar und reich

Märkische Miniaturen

Am Beginn unserer Betrachtungen zum Jubiläumsjahr 1997, in dem vor 250 Jahren der Plan gefasst und sogleich umgesetzt wurde, das Oderbruch zu regulieren, mag eine Zwischenbilanz Friedrichs II. stehen, der in seinem Politischen Testament von 1752 detaillierte Angaben zur Situation an der Oder macht: „Längs der Oder und Netze, einem kleinen Fluss in der Neumark, zog sich ein Streifen unangebauten, wilden und unzugänglichen Sumpflandes. Ich begann damit, die Sümpfe von Damm bei Stettin zu entwässern. Durch einen Deich wurde die Oder eingedämmt und das neue Land an die Erbauer der dort angelegten Dörfer verteilt. Dieses Werk wird im nächsten... alles anzeigen expand_more

Am Beginn unserer Betrachtungen zum Jubiläumsjahr 1997, in dem vor 250 Jahren der Plan gefasst und sogleich umgesetzt wurde, das Oderbruch zu regulieren, mag eine Zwischenbilanz Friedrichs II. stehen, der in seinem Politischen Testament von 1752 detaillierte Angaben zur Situation an der Oder macht:

„Längs der Oder und Netze, einem kleinen Fluss in der Neumark, zog sich ein Streifen unangebauten, wilden und unzugänglichen Sumpflandes. Ich begann damit, die Sümpfe von Damm bei Stettin zu entwässern. Durch einen Deich wurde die Oder eingedämmt und das neue Land an die Erbauer der dort angelegten Dörfer verteilt. Dieses Werk wird im nächsten Jahre vollendet und das Land mit ungefähr 4000 Seelen besiedelt sein.

Zwischen Freienwalde und Küstrin überschwemmte die Oder die schönsten Wiesen und setzte unaufhörlich ein herrliches Gebiet unter Wasser, das dadurch unbrauchbar wurde. Zunächst erhielt die Oder ein neues Bett durch einen Kanal, der die Windungen abschneidet und die Schifffahrt um vier Meilen verkürzt. Der Kanal wird im kommenden Jahr fertig. Durch die Eindämmung des Flusses wird ein Gebiet gewonnen, wo 6000 Seelen ihre Nahrung, Ackerland und Viehweiden finden. Wenn ich am Leben bleibe, wird die ganze Besiedelung im Jahr 1756 beendet sein.“ (Zwischenbilanz Friedrichs II. von 1752.

Seine Planung beschränkte sich nicht nur auf das Oderbruch, wie so mancher hier annimmt, sondern war ein Teil seiner merkantilistischen Handelspolitik. Was bedeutet, dass die Wirtschaftsbilanz immer ausgeglichen sein musste. Schulden, Negativbilanzen und andere Misswirtschaft versuchte er immer, selbst im Krieg, zu vermeiden. In den Grundsätzen seiner Staatsverwaltung heißt es, dass „zwei Sachen zur Aufnahme und zum wahren Besten eines Landes gereichen: 1. aus fremden Landen Geld hereinzuziehen und 2. zu verhindern, dass das Geld nicht unnötigerweise aus dem Lande gehen müsse“.

Der Handel war für den ersten Punkt, das Gewerbe für den zweiten Punkt verantwortlich. In diesem Zusammenhang also müssen wir die Anstrengungen Preußens für eine gesunde Volkswirtschaft sehen und die einzelnen Aspekte der Arbeiten im Oderbruch betrachten, einer umfangreichen Maßnahme zur Verbesserung der Infrastruktur, wie wir heute sagen würden.

Daher ist es wohl gerechtfertigt, wenn wir - auch angesichts der heutigen desolaten Lage dieses Landstrichs - in diesem Jahr (1997) etwas genauer in die schöne Gegend an der Oder schauen.



Der Ausgangspunkt

Nach Osten, bis ins Land der Burgunder

Vorher — Nachher

Die Vorgeschichte

Der wahre Reichtum

Ausbau der Mark

In der Mitte des Oderbruchs

Oder-Havel-Kanal oder Von Hamburg an die Oder

Östlich der Oder

Der Kopf des Widerstands

Besatzung

Der Tanz beginnt zum letzten Gefecht

Die Russen kamen

Verfallener Stollen

Verscharrt, und wann bestattet?

Wo ist die Erkennungsmarke?

Die Katastrophe 1947

„Nun lernt euch!“

Ein Märker aus Thüringen

Edikt über Holzpantinen

Väter und Söhne

Dichtermuseum

Emanzipiert

Das vernachlässigte Juwel

Der Mann ohne Schatten

„Möglin — damals sehr en vogue …“

Überflüssig?

Dämme und Deiche

Krater, Blöcke, Gletscherschrammen



Östlich der Oder

In der Gedenkstätte „Seelower Höhen“ sah ich eine Ausstellung über den Kreis Königsberg in der Neumark, von dessen Existenz ich nur einen vagen Eindruck hatte. Mit einfachen Mitteln bekommt man eine Übersicht über einen im 13.Jahrhundert besiedelten Landstrich rechts der Oder. Im Wesentlichen dörflich geprägt, verlieren sich seine acht kleinen Städte in der Feld-, Wald- und Seenlandschaft. Küstrin ist die größte Gemeinde mit 24 000 Einwohnern, die Kreisstadt Königsberg zählte nicht viel mehr als 6 000 Einwohner, lag aber etwa in der Mitte des Kreises und war der Verwaltungsort, der Sitz des Landrats für die 100 kleinen Dörfer und Gutsflecken, alles in allem etwa für 100 000 Kreis-Einwohner, die von Landwirtschaft und ihren Nebengewerben lebten. Der Kreis rechnete sich zu Brandenburg und nannte sich „ostbrandenburgischer Landkreis“. Doch Name ist Schall und Rauch, zumal heute, nach mehr als fünfzig Jahren Zugehörigkeit zu Polen.

Die historischen Fotografien zeigen Laubenhäuser und kleine Gastwirtschaften, Gutshäuser kleineren Zuschnitts und die typischen preußischen Marktplätze. Eine kleine Welt beschaulicher Begrenzung bietet sich dar, fast wie eine Abwehr vor den Eingriffen durch das laute Leben. Begehrlichkeiten sah das Land viele, lag es doch als Teil der Neumark zwischen Brandenburg und Posen/Westpreußen und diente daher bereits den Kreuzrittern als Nachschubbasis und Übergangsweg nach Preußen.

Der Deutsche Orden kauft das Land, doch die Märker wehren sich, der immerwährende Streit wird dann durch die Kraft des Faktischen entschieden: die brandenburgischen Markgrafen ergreifen Besitz von dem Kreis, übernehmen die Verwaltung und setzen damit dem Chaos ein Ende. Nun erschüttern die Kriege den Landstrich, zuerst der Dreißigjährige, hundert Jahre später der Siebenjährige, dann kommen die Franzosenzeit und Befreiungskriege. Die Revolution von 1848 hinterlässt nur geringe Spuren, aber um so stärker vernichtet der Zweite Weltkrieg in unserem Jahrhundert die Dörfer und Städte. Nur wenige Steine bleiben aufeinander, unsagbar das Leid derer, die das Opfer für eine Taktik der „Verbrannten Erde“ wurden. Ein paar Tausend gingen auf den Treck. Heute erinnert ein Verein in Braunschweig an die alte Heimat. Die zur Eröffnung der Ausstellung angereisten Gäste waren meist schon betagt. Mit ihnen wird auch die Erinnerung an die Heimat vergehen. Es bleibt spekulativ zu fragen, ob der Plan ihres Landsmanns Henning von Tresckow, Hitler zu beseitigen, die Zerstörung verhindert hätte. Vermutlich. Doch sein Vorgesetzter, ihr Landsmann Fedor von Bock, verweigerte sich dem Werben von Tresckow, dabei mitzumachen, und lud damit auch Schuld auf sich, dass nur 21 Gemeinden links der Oder heute noch zu Deutschland gehören.

Dabei musste man doch wissen, was verlorene Schlachten und Kriege für Folgen haben. Zorndorf mit seinem Schlachtfeld aus dem Siebenjährigen Krieg liegt im Kreis. Damals sah Friedrich sehr wohl, dass die Schlacht gegen die Russen verloren ging. Er hoffte aber auf Seydlitz, den Reitergeneral, und befahl ihm bei seinem Kopf, den Angriff der Russen zu stoppen. Dieser antwortete in bescheidenem Stolz: „Nach der Schlacht; bis dahin brauche ich ihn noch.“ Und wie er ihn einsetzte! Hätte der Feldmarschall von Bock das nicht auch gekonnt?



Geboren 1927 in Greifswald. Volksschule, Lehrerausbildung (LBA). Studium zum Dipl.rer.pol. in Jena und Moskau.

Verschiedene kulturpolitische Funktionen. Kulturminister 1961 - 1966.

Verleger. Rundfunk- und Fernsehmitarbeiter (Leitender Redakteur für Geschichtspublikationen). Zuletzt Generalintendant des Deutschen Fernsehfunks.

Autor von Fernsehfilmen, Theaterstücken, Biographien (Elisabeth von Thüringen, Martin Luther, Thomas Müntzer, Friedrich II. von Preußen, Carl August von Hardenberg, Claus Schenk Graf von Stauffenberg) und Sachbüchern zu Fragen der Zeitgeschichte und der Geschichte Brandenburgs. Autobiographie.

Wohnhaft in Bad Saarow. Verheiratet, drei Kinder. Er verstarb am 18. Mai 2015.

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