Die Strafjustiz in Mainz und Frankfurt/M. 1796 - 1803
Unter besonderer Berücksichtigung des Verfahrens gegen den Serienstraftäter Johannes Bückler, genannt Schinderhannes, 1802/03.
Am 21.11.1803 endete die kriminelle Karriere des berüchtigten Serien-straftäters Schinderhannes unter der Mainzer Guillotine. Von der Presse war er bald als deutscher Baron, bald als Freiheitskämpfer an der Spitze von 600 Aufständischen oder als Räuberhauptmann mit 1.000 Gefolgs-leuten tituliert. Das eigens zu seiner Verurteilung eingerichtete Tribunal criminel spécial konnte nichts von alledem feststellen: Vor sich hatte es „nur" einen Dieb, Erpresser und Räuber. Selbst die heute so oft genannte Schinderhannes-Bande gab es nicht.
In dem vorliegenden Buch wird zum einen die Strafakte Schinderhannes einer vollständigen Bearbeitung unterzogen − erstmals seit dem Prozeß vor über 200 Jahren.
Zum anderen dient der Fall der Aufarbeitung der Strafjustiz von Mainz und Frankfurt, als der Rhein zur Grenze zwischen dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und dem revolutionären Frankreich wurde. Beide Städte waren zu dieser Zeit auch die Zentren, um die sich die Aktivitäten des bekannten Straftäters abspielten. Es werden die Strafgerichtsbarkeit in Aufbau und Verfahren detailliert beschrieben und die Praxis der Gerichte durch die Aufarbeitung aller 1.080 Aktenvorgänge beleuchtet. Damit entsteht nicht nur ein bisher unbekanntes Bild von der Kriminalität im Rhein-Main-Gebiet zur Zeit des Schinderhannes, sondern es werden auch die Unterschiede zwischen den Strafrechtssystemen der beiden Städte deutlich. So war in Frankfurt noch das alte deutsche Inquisitionsgericht tätig, währenddessen in Mainz bereits der reformierte Prozeß, Grundlage für unser heutiges deutsches Strafrecht, eingeführt worden war.
Mark Scheibe, Jahrgang 1972, promovierter Jurist mit den Forschungsschwerpunkten Unterschichtenkultur und Strafjustiz am Rhein zur Zeit der Französischen Revolution und Napoleons. Die gedruckten Akten zu dem bekanntesten rheinischen Gauner Johannes Bückler, genannt Schinderhannes, hatte Scheibe bereits für den gleichnamigen studentischen Spielfilm (1993-2000) verwertet. Seiner Dissertation "Die Strafjustiz in Mainz und Frankfurt/Main 1796-1803 unter besonderer Berücksichtigung des Verfahrens gegen den Serienstraftäter Johannes Bückler, genannt Schinderhannes (1802/03), folgte die umfangreiche Biographie Bücklers "Schinderhannes - Nichtsnutz, Pferdedieb, Räuberhauptmann?" (6. erweiterte Auflage 2015), laut Frankfurter Rundschau das "Standardwerk" zu dieser Person. Scheibe ist ehrenamtlicher Treuhänder und Leiter der 2011 gegründeten Stiftung Historische Kommission für die Rheinlande 1789-1815.
Einleitung
I. Johannes Bückler, genannt Schinderhannes
1. Lebenslauf und Straftaten
2. Mythos Schinderhannes
II. Gesellschaft
1. Demographische Daten
2. Das Ständesystem
a) Rechtsrheinisches Untersuchungsgebiet
aa) Bürger
bb) Beisassen
cc) Leibeigene
dd) Juden
ee) Fremde
ff) Die „Unehrlichen“ als Sondergruppe
b) Linksrheinische, ab Ende 1797 unter französischer Verwaltung stehende Gebiete
c) Das Durchbrechen der Standesschranken durch die Wahl der Kleidung
3. Parallel- und Gegengesellschaften ?
a) Die Hausgemeinschaft
b) Nachbarschaft und durch Beruf oder Freizeitverhalten zusammengeführte
Gruppen
c) Juden
d) „Gaunerortschaften“
e) Vaganten
f) Räuberbanden
g) Sinti und Roma („Zigeuner“)
4. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse zu Kapitel II
III. Strafrecht im Untersuchungsgebiet
1. Rechtsrheinische Gebiete
a) Das gesamtdeutsche Strafrecht im Überblick
aa) Strafgerichte
bb) Strafprozeßrecht / Formelle Strafvorschriften
cc) Materielle Strafvorschriften
dd) Die salvatorische Klausel der Constitutio Criminalis Carolina
b) Strafrecht in Frankfurt am Main
aa) Strafgerichte (Aufbau und Zuständigkeiten)
bb) Delikte in der Praxis des Verhöramtes
cc) Strafprozeßrecht / Formelle Strafvorschriften
dd) Prozeßverfahren in der Praxis des Verhöramtes
ee) Materielle Strafvorschriften
– Delikte nach dem Beyerbachschen Regelkatalog
– Strafen nach dem Beyerbachschen Regelkatalog
ff) Urteile und Strafen in der Praxis des Verhöramtes
2. Linksrheinische, ab Ende 1797 unter französischer Verwaltung stehende Gebiete
a) Die Einführung der französischen Staatlichkeit
b) Strafrecht
aa) Strafgerichte (Aufbau und Zuständigkeiten)
– Tribunal de police
– Tribunal correctionnel
– Tribunal criminel
– Sonderstrafgerichte
– Revisions- und oberste Berufungsgerichtsbarkeit in Trier und Paris (Tribunal de
cassation und Tribunal d'appel)
bb) Delikte in der Praxis der Strafgerichte
cc) Strafprozeßrecht / Formelle Strafvorschriften
dd) Prozeßverfahren in der Praxis der Strafgerichte
ee) Materielle Strafvorschriften: der Code pénal, der Code des délits et des peines und gesondert ergangene Regelungen
ff) Urteile und Strafen in der Praxis der Mainzer Strafgerichte
3. Zusammenfassung und Bewertung der Ergebnisse zu Kapitel III
a) Aufbau und Zuständigkeiten der Strafgerichte
aa) Übersicht
bb) Bewertung
b) Formelle Strafvorschriften und Prozeßverfahren in der Praxis
c) Materielle Strafvorschriften
d) Urteile und Strafen in der Praxis
e) Materielle Strafvorschriften und Strafpraxis im Vergleich
IV. Resumée und Ausblick
V. Quellen- und Literaturverzeichnis
ANHANG
Straftaten, Mittäter und Opfer des Johannes Bückler, genannt Schinderhannes
1. Vorbemerkung
2. Aufarbeitung der Straftaten
3. Beteiligte Personen
a) Täter, Tatverdächtige und Freigesprochene
b) Hehler
4. Die Straftaten Bücklers
5. Liste der Verurteilten
Epilog
323
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- Artikel-Nr.: SW96738
- Artikelnummer SW96738
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Autor
Dr. Dr. Mark Scheibe
- Wasserzeichen ja
- Verlag Stiftung Historische Kommission für die Rheinlande 1789 - 1815
- Seitenzahl 334
- Veröffentlichung 04.04.2016
- ISBN 9783981783117