Autokratie
Politikum 1/2018
Internationale Politik folgt eigenen Spielregeln. Autokratien spielen – in den vergangenen Jahren sogar vermehrt – mit. Ein Machtvakuum ist in der internationalen Politik
nicht vorgesehen, Macht ist nie 'weg', sondern Machthohlräume werden von anderen gefüllt. Beispiele sind Russlands Rolle in Syrien oder der Einfluss Chinas auf die
Globalisierung. Zugleich gehört es zu den gesicherten Erkenntnissen der Politikwissenschaft, dass die innere Verfasstheit von politischen Systemen auch für die internationale
Politik von Bedeutung ist. Einerseits ist das außenpolitische Verhalten einer Regierung maßgeblich vom Charakter des Herrschaftssystems
im Inneren bestimmt, andererseits sind die Auswirkungen problematischer innenpolitischer Entwicklungen oftmals auch im regionalen Umfeld oder gar im gesamten
internationalen System spürbar. Daher kann es für die Stabilität und die Berechenbarkeit internationaler Politik nicht unerheblich sein, wie Staaten im Inneren verfasst sind
und regiert werden. Ein politisches System ist dann als Demokratie zu bezeichnen, wenn konkurrierende Akteure ihre Normen und Interessen innerhalb klarer Regeln
durchzusetzen versuchen, der Ausgang der politischen Konkurrenz unsicher ist und alle Entscheidungen der politischen Repräsentanten regelmäßig vor den Staatsbürgern und
der Öff entlichkeit zu verantworten sind. In autokratischen Systemen sind diese Voraussetzungen nicht gegeben.
Allerdings befinden sich zahlreiche Systeme in einer Grauzone zwischen Demokratie und Diktatur. Die Autokratieforschung hat dafür Begriffe wie 'defekte Demokratie(n)'
oder 'hybride Regime' entwickelt.
Feiern Autokratien also derzeit tatsächlich ein Comeback in der internationalen Politik und üben sogar wachsende internationale Anziehungskraft aus? Gibt es mithin keine
'internationale Gemeinschaft' mehr, sondern eine globale Spaltung zwischen dem 'Club der Autokraten' und der 'Achse der Demokratien'? Muss das demokratische Lager den
Anspruch aufgeben, internationale Politik zu bestimmen und autokratische Systeme einzudämmen? Ist also Realpolitik angesagt und sollten oder müssen wir uns mit
Autokraten arrangieren? Der Frage, ob Autokratie das neue ¸Betriebssystem der internationalen Politik' ist, widmet sich "Politikum" in diesem Heft. Es will Schneisen in den
Dschungel der Begrifflichkeiten und Konzepte schlagen, das Thema Menschenrechte und Geschlechterrollen thematisieren, anhand von Fallbeispielen – auch mit historischem
Zugriff – Autokratieprävention versuchen sowie Konsequenzen für die politische Bildung ausloten.
Dr. Yaşar Aydin
lehrt an der Evangelischen Hochschule Hamburg, publiziert u.a. in Der Freitag und Vorwärts.de und ist Autor des 2017 erschienenen Buches 'Türkei' in der Reihe 'Analyse
Politischer Systeme' im Wochenschau Verlag.
Simon Ernst
ist Volkswirt mit Lateinamerika-Schwerpunkt und promoviert an der Universität Köln zum Thema: 'Erdölsouveränität. Bilanz und Perspektiven der venezolanischen
Erdölpolitik'. Er ist Stipendiat der Rosa Luxemburg Stiftung.
Dr. Rolf Frankenberger
ist Akademischer Rat am Institut für Politikwissenschaft der Eberhard Karls Universität Tübingen.
PD Dr. Michael Krennerich
lehrt Menschenrechte und Menschenrechtspolitik an der Universität Erlangen-Nürnberg und ist leitender Herausgeber der 'Zeitschrift für Menschenrechte'.
Prof. Dr. Peter Massing
war Professor für Didaktik der Politik an der Freien Universität Berlin und ist Mitherausgeber von POLITIKUM.
Dr. Stefan Meister
leitet das Robert Bosch-Zentrum für Mittel- und Osteuropa, Russland und Zentralasien der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und zählt zu den führenden
deutschen Russlandexperten.
Prof. Dr. Dr. h. c. Karl-Heinz Paqué
war u. a. Finanzminister des Landes Sachsen-Anhalt und ist seit 1996 Professor für Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt internationale Wirtschaft an der der Otto-von-
Guericke-Universität Magdeburg. Seit 2014 ist er stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
Dr. Silke Schneider
ist wissenschaftliche Online-Tutorin an der FernUniversität in Hagen, sie lehrt an der Evangelischen Hochschule Berlin und ist Mitherausgeberin der "Femina Politica".
Botschafter a.D. Dr. Volker Stanzel
war Politischer Direktor des Auswärtigen Amtes sowie deutscher Botschafter in Peking und in Tokio. Er ist Senior Fellow in der Forschungsgruppe Asien der Stiftung
Wissenschaft und Politik.
Dr. Christian Stock ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft und Japanologie an der Universität Halle-Wittenberg.
Prof. Dr. Siegfried Weichlein
ist Professor für Europäische und Schweizerische Zeitgeschichte an der Universität Fribourg/Schweiz.
AUTOKRATIE
Christian Stock
Starke Männer in der internationalen Politik. Totengräber der liberalen Ordnung?
Rolf Frankenberger
"Nachschlagen, was das ist, ein Diktator". Zur politikwissenschaftlichen Analyse von Autokratien
Michael Krennerich
Menschenrechte und Autokratien. Wie damit umgehen?
Silke Schneider
Feministische Perspektiven auf Autokratie
Siegfried Weichlein
Wer widerspricht dem Volkswillen? Autokratie und Demokratie historisch gelesen
IMPULSE
Außenpolitische Experten über aktuelle Autokratien (Russland, China, Türkei, Venezuela)
Von Stefan Meister, Volker Stanzel, Yaşar Aydın und Simon Ernst
Shrinking Spaces – Wie arbeiten mit und in Autokratien?
INTERVIEW mit Karl-Heinz Paqué
FORUM
Peter Massing
Herausforderung Autokratie. Plädoyer für eine Neujustierung politischer Bildung
REZENSIONEN
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- Artikel-Nr.: SW9783734406317110164
- Artikelnummer SW9783734406317110164
-
Mit
Johannes Varwick
- Wasserzeichen ja
- Verlag Wochenschau Verlag
- Seitenzahl 96
- Veröffentlichung 26.02.2018
- ISBN 9783734406317
- Wasserzeichen ja