Europa auf der Intensivstation

Heilung oder wirtschaftlicher Niedergang

Als Teile Europas zum Epizentrum der Coronavirus-Pandemie wurden, war der Schock groß. An den Folgen wird Europa noch länger leiden. Der Patient hängt an den Schläuchen vermeintlich grenzenloser künstlicher Liquidität. Dabei geht die medizinische Analogie erstaunlich weit: Komorbidität ist der Begriff der Stunde. Bei der Einordnung des Krankheitsgeschehens muss das Augenmerk den Vorerkrankungen gelten, den Gründen für Immunschwäche und versäumte Prävention. Das Virus offenbart das Versagen der Institutionen, besonders der gesamteuropäischen. Aber auch die nationalen, die sich als handlungsfähige Krisenretter... alles anzeigen expand_more

Als Teile Europas zum Epizentrum der Coronavirus-Pandemie wurden, war der Schock groß. An den Folgen wird Europa noch länger leiden. Der Patient hängt an den Schläuchen vermeintlich grenzenloser künstlicher Liquidität. Dabei geht die medizinische Analogie erstaunlich weit: Komorbidität ist der Begriff der Stunde. Bei der Einordnung des Krankheitsgeschehens muss das Augenmerk den Vorerkrankungen gelten, den Gründen für Immunschwäche und versäumte Prävention. Das Virus offenbart das Versagen der Institutionen, besonders der gesamteuropäischen. Aber auch die nationalen, die sich als handlungsfähige Krisenretter inszenieren, bedürfen einer kritischen Analyse. Die aktuelle Episode wird die Ablösung der Führungsposition des Westens, des Eurodollar-Raums, beschleunigen. Viele ergriffene Maßnahmen werden sich, statt als Löschversuche, als Brandbeschleuniger erweisen. Diese Wirtschaftskrise ist kein vorübergehender Einschnitt. Sie ist Ausdruck der mangelnden Stabilität wirtschaftlicher Kartenhäuser, sinkender Lernfähigkeit und wachsender Erstarrung. Diese Pandemie wird nicht den Untergang bringen. Sie könnte jedoch Anstoß sein, weg von westlicher Selbstüberschätzung zu einem realistischen Selbstverständnis zu gelangen. Nur mit neuer Nüchternheit wird sich echter Optimismus finden lassen.



Rahim Taghizadegan ist Ökonom und Gründer der privaten Hochschule scholarium in Wien (scholarium.at). Sein vielfältiger interdisziplinärer Zugang macht ihn zu einem bedeutenden Wissenschafter und zeichnet seine Position als einen der letzten Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie besonders aus. Er ist Dozent am IMC Krems und der Internationalen Akademie für Philosophie in Liechtenstein. Davor führte ihn sein Werdegang u.a. an die Universität Liechtenstein, die Wirtschaftsuniversität Wien und die Universität Halle. Er ist mehrfacher Bestseller-Autor und gefragter Redner, insbesondere zum Thema Geld und Vermögensanlagen. Mit seinem Titel "Österreichische Schule für Anleger" war er für den Deutschen Finanzbuchpreis 2015 nominiert. Er lebt in Wien.

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