Geisterstädte im amerikanischen Westen
Minencamps und einsame Highways der Pionierzeit
In den Saloons klimperten die Orchestrions, Can-Can-Girls schwangen ihre Beine. Zigarettenrauch, Whiskeydunst. Berufsspieler schnippten die Pokerkarten über die samtbespannten Tische. Jede Nacht krachen Schüsse. Hinter den bunten Fassaden der Kneipen und Bordelle spielten sich Dramen ab.
Jetzt herrscht Stille. Vergessen, verfallen, am Rande alter Postkutschenrouten, die heute ins Nichts führen, liegen die verlassenen Städte. Nichts charakterisiert die amerikanische Lebensart besser.
Gold- und Silberrausch, Eisenbahnbau, Landspekulation – vorbei! Gestorbene Träume. Wer sich heute in solche Siedlungen verirrt, geht auf eine Zeitreise und findet Geschichte und Seele Amerikas.
Dieses Buch des erfahrenen Amerika-Kenners dokumentiert über 30 charakteristische Geisterstädte des Wilden Westens. Von Montana bis zur mexikanischen Grenze.
In den Saloons klimperten die Orchestrions, Can-Can-Girls schwangen ihre Beine. Zigarettenrauch, Whiskeydunst. Berufsspieler schnippten die Pokerkarten über die samtbespannten Tische. Jede Nacht krachen Schüsse. Hinter den bunten Fassaden der Kneipen und Bordelle spielten sich Dramen ab.
Jetzt herrscht Stille. Vergessen, verfallen, am Rande ...
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Was ist eine Geisterstadt?
Einige Ratschläge
Ein persönliches Wort zuvor
Montana
Bannack
Virginia City
Hughesville – Barker
Garnet
Colorado
Cripple Creek und Victor
St. Elmo
Hancock
Buena Vista
Vicksburg
Independence
Ashcroft
Leadville
Arizona
Oatman
Goldroad
Ehrenberg
Gleeson
Tombstone
Nevada
Goldfield
Tonopah
Kalifornien
Bodie
New Mexico
Kelly
Magdalena
Elizabethtown
Lincoln
Idaho
Bonanza und Custer
Wyoming
South Pass City - Atlantic City
Hinweise auf zusätzliche Literatur
... über den Autor
Vorwort
Es sind Klischees, die das „typische“ Amerika beschreiben: Kaugummi, Wolkenkratzer, Cowboys, Straßenkreuzer, Fast Food und tausend Dinge mehr … Wie alle Klischees enthalten sie ein Körnchen Wahrheit, aber nicht mehr. Tatsächlich gibt es kein „typisches Amerika“. Dafür ist dieses große Land zu vielfältig, sind seine Menschen zu unterschiedlich. Und doch es gibt etwas, was „typisch“ amerikanisch sein könnte, zumindest eher „untypisch“ für den Rest der Welt. Etwas, das den amerikanischen Charakter, die Lebensart, die Weltsicht der Amerikaner in unvergleichlicher Weise repräsentiert: Es sind die verfallenen, verlassenen Siedlungen inmitten einsamer Wildnis, die sogenannten „Geisterstädte“.
Wer jemals eine verlassene Stadt betreten hat, wird sich der eigenartigen Atmosphäre, der er hier begegnet, kaum entziehen können. Sie umfängt jeden Besucher mit unwiderstehlicher Macht.
Es ist eine Faszination des Morbiden, verbunden mit der schwer zu beschreibenden Anziehungskraft, die auch alte Friedhöfe ausüben, und verbunden mit einer Form der Neugier, die in den meisten Menschen vorhanden ist: Man möchte durch die Fenster in anderer Leute Wohnzimmer schauen, man möchte einen Blick in ihre Küchen tun, in ihre Hinterhöfe … In Geisterstädten kann man dieser Neugier freien Lauf lassen. Niemand kommt und fragt, was der ungebetene Gast treibt. Niemand weist ihm die Tür, versperrt ihm den Weg. Und doch wird man das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.
Die alten Dielen knarren unter den Absätzen, die Schritte klingen hohl. Der Wanderer erschrickt vor dem eigenen Spiegelbild in den zerbrochenen Fensterscheiben. Sein eigener Schatten scheint ihn zu verfolgen und zu verspotten. Tausend Augen blicken aus Winkeln, Ecken und Ritzen. Verblichene Schilder, Beschriftungen an morschen Holztafeln zeugen von einstiger Geschäftigkeit, von Arbeit und Fleiß. Von Ladenbesitzern, die mit weißen Schürzen stolz hinter ihren wuchtigen Theken standen und ihren Kunden die Waren einpackten. Von Handwerkern, in deren Werkstätten die Drehbänke knarrten, der Hammer auf dem Amboss klirrte. Von Saloonkeepers hinter messingbeschlagenen Tresen, die Brandy in dickwandige Gläser einschenkten.
Manchmal stehen nur noch Grundmauern, manchmal nur noch verrottete Reste von Bretterwänden. Manchmal sind die einzigen Spuren menschlichen Lebens ironischerweise rostige Eisenkreuze oder zerbröselnde steinerne Grabplatten auf einem überwucherten Friedhof.
Seit hundert Jahren und länger unberührte zerbrochene Flaschen, Metallkessel und Werkzeuge liegen zwischen Salbeibüschen, Mesquite und Yuccapflanzen. Befestigte Straßen gibt es sowieso nicht, hat es meist nie gegeben. Oft sieht man noch die Spuren der Postkutschentrails.
Die Ruinen können unendlich viele Geschichten erzählen, und wer gelernt hat, zu beobachten, wer sich eine gewisse Empfindsamkeit, ein Gefühl für Schwingungen, für Energien, wie sie überall da entstehen, wo menschliches Leben konzentriert war, bewahrt hat, bringt sie „zum Reden“.
Darüber hinaus sind Geisterstädte markante Zeugen des „american way of life“, der amerikanischen Alltagskultur – charakteristisch für dieses Volk, das seit seiner Gründung ständig unterwegs ist, die Zukunft zu erobern. Das rastlos nach vorn drängt, selten zurückschaut. Was nicht mehr benötigt wird, lässt man hinter sich. Auch ganze Städte.
Einst waren sie erfüllt von hektischem Leben, von Arbeit und Streben. Aber alles geht zu Ende. Alles ändert sich. Ständig. Die einzige Zuverlässigkeit im Leben ist der Wandel. Nichts bleibt, wie es ist.
Ein Boom kommt und geht irgendwann – und dann gehen auch die Menschen. Sie eilen der nächsten Chance hinterher. Und sie lassen alles zurück – ganze Häuser, Straßen, Träume.
Man kann neu bauen, man träumt neue Träume. Wer will das Alte … ?
Es gibt Tausende von verlassenen Städten im amerikanischen Westen. Manchmal entstanden sie im Gold- und Silberrausch, manchmal waren andere Bodenschätze – Öl, Kupfer, Zink, Kohle, Marmor, Uran, was auch immer – die Ursache für ihre Gründung.
Manchmal entstanden sie am Rande von Eisenbahnlinien, hofften auf eine Zukunft als florierende Verladestation im Farmland. Dann wurde das Gleis verlegt; eine Dürre vertrieb die Siedler – Hoffnungen verwehten im ewigen Wind der Prärie.
„Städte in der Nähe von Militärposten starben, wenn die Forts aufgegeben wurden. Eine Holzfällersiedlung ging unter, wenn die Wälder abgeholzt waren. Der Traum eines Landspekulanten scheiterte, und ein Ort, der es nicht schaffte, zu prosperieren, wurde verlassen. An solchen Plätzen sind die Zeugnisse vom einstigen Leben so unterschiedlich wie die Gründe der ehemaligen Existenz einer solchen Stadt.“ (Philip Varney, 1999: xi)
Manche Siedlungen existierten 10, 20 oder 50 Jahre, andere nur ein oder zwei, einige nicht einmal ein paar Wochen. Die meisten starben im 19. Jahrhundert, manche aber auch erst vor einer oder zwei Generationen. Gelegentlich gibt es sogar noch ein paar Bewohner in ansonsten verlassenen Siedlungen.
„Die Gründe dafür, dass diese Orte entstanden, verloren im Wandel der Zeit ihre Bedeutung. Die Städte starben, und ihre Skelette blieben zurück. Die Siedlungen versanken im Grasland … Diese Geisterstädte bieten eine sonderbare Möglichkeit der unmittelbaren Berührung mit der Vergangenheit. Wir stehen in ihrem Staub und versuchen, unsere Fantasie ins Gestern zu projizieren, um herauszufinden, was hier vor langer Zeit gewesen ist.“ (Tony Hillermann, Foreword: New Mexico’s Best Ghost Towns, 1999: vii)
„Die meisten Geisterstädte sind das Erbe des Minenbooms, der 1849 in Kalifornien begann, als Männer von überall in der Welt in die Sierra Nevada strömten, um nach schnellem Reichtum zu suchen. Einige davon, die 1849 in den Westen zogen, machten große Vermögen. Den meisten gelang das nicht. Sie gingen wieder, enttäuscht, aber doch optimistisch und bereit, jedem neuen Gerücht von Goldfunden zu folgen. Unstetig und leicht den Verlockungen verfallend, blieben diese Prospektoren selten lange an einem Ort. Städte schossen wie Pilze aus dem Boden und wuchsen, solange die Minen etwas hergaben, aber sie konnten ebenso schnell untergehen. Das Muster wiederholte sich immer wieder: Die Entdeckung von Gold, ein Ansturm von Goldsuchern, die Geburt eines geschäftigen Camps. Dann kamen jene, die hofften, reich zu werden, indem sie die Minenarbeiter versorgten: Die Saloonkeepers, die Bankiers, die Wäschereibesitzer, die Lebensmittelhändler, die Landvermesser und Ingenieure, die Spieler. Rasch wurde aus dem Minencamp eine Siedlung. Die Siedlung wurde zur Stadt. Innerhalb von drei oder vier Jahren entwickelte sich eine Ansammlung von Zelten vielleicht zu einer Großstadt mit Opernhaus, Luxushotels und florierender Geschäftsstraße. Und dann versiegte der Fluss des Reichtums aus dem Boden. Oder jemand tauchte auf, der Geschichten von noch leichter zu erlangendem Reichtum anderswo erzählte. Sofort zogen die Minenarbeiter davon. Lachend, streitend, der Bonanza in der nächsten Bergkette entgegen. Sie ließen eine sterbende Stadt zurück. Vielleicht würden spätere andere Prospektoren kommen und neue Schätze hier finden – Silber oder Kupfer, anstelle von Gold. Vielleicht … Und ein zweiter Zyklus fieberhaften Wachstums würde einsetzen. Einige dieser Minencamps durchliefen auf diese Weise drei oder vier Lebensphasen, bevor sie in ihren letzten Schlaf versanken.“ (Silverberg 1994: 4-5)
Und Geisterstädte entstehen noch heute. Kleine Orte in einsamen Gegenden: Die Bewohner finden kein Auskommen mehr, sie ziehen weg, und ihre einfach gebauten Häuser verfallen. Jeffrey City am Highway 287 in der Mitte Wyomings am ehemaligen Oregon Trail: In den 1940er Jahren blühte das Nest aufgrund von Uranvorkommen auf. Als Nachfrage und Preise von Uran sanken, setzte das Sterben des Ortes ein. Heute gibt es noch ein desolates Motel, in dem gelegentlich Trucker auf ihrem langen Weg durch die Rocky Mountains für eine Nacht absteigen, und vielleicht noch drei, vier Bewohner.
Die meisten Geisterstädte, die wirklich restlos verlassen sind, befinden sich in Gegenden, die nur mit Geländefahrzeugen oder gar nur zu Fuß oder zu Pferde erreicht werden können. Derartige Ruinen sind nicht ungefährlich. Der Weg dorthin kann zum Problem werden. Verrottete Gebäude, die ständig vom Zusammenbruch bedroht sind, ungesicherte Minenschächte, alte Bergwerksgerätschaften, nicht abgedeckte Brunnen, wilde Tiere – und eventuell sogar Menschen, die sich hier aus irgendwelchen Gründen verkrochen haben, sollten allzu abenteuerlustige Reisende warnen, lassen es zumindest ratsam erscheinen, sich nicht allein auf den Weg zu machen.
In diesem Buch werden repräsentative Geisterstädte vorgestellt, die zwar teilweise fernab der regulären Straßen liegen, die aber mit einem Normalfahrzeug erreichbar sind. Auch hier ist der Besuch nicht immer ganz ohne Risiko – aber das Risiko ist kalkulierbar.
Dietmar Kuegler, geb. 1951 in Dolberg (Westfalen) und beheimatet auf der Nordseeinsel Föhr (Schleswig-Holstein) ist Publizist seit 45 Jahren und beschäftigt sich ebenso lange mit der amerikanischen Pionierzeit. Er schrieb fast 60 Bücher und an die 2.000 Artikel und Aufsätze zu diesem Thema. Er hält regelmäßig Vorträge vor deutsch-amerikanischen Institutionen, deutschen Museen und vor amerikanischen Historischen Gesellschaften.
Er ist ständiger Mitarbeiter des „Deutschen Waffen-Journals“ und der österreichischen militärwissenschaftlichen Zeitschrift „Pallasch“. Viele seiner Arbeiten wurden in Frankreich übersetzt, und er schrieb für amerikanische Magazine wie „Western Pennsylvania History“.
2006 verlieh ihm die Stadt Northfield (Minnesota) für seine Verdienste um die Verbreitung der amerikanischen Pioniergeschichte den „Lost Spur“. Die Historische Gesellschaft der Stadt ernannte ihn als einzigen Ausländer zum Mitglied der „James-Younger-Gang“ auf Lebenszeit mit dem Recht, an der jährlichen Aufführung des historischen Bankraubs von 1876 teilzunehmen – dem mehrfach ausgezeichneten besten Pionierzeit-Reenactment der USA. Der Sheriff des Rice County (Minnesota) ernannte ihn zum „Special Deputy“. Für seine Arbeiten zur Justizgeschichte des amerikanischen Westens wurde er von den Texas Rangers und vom FBI mit Abzeichen geehrt.
Kuegler ist Verleger und Herausgeber des MAGAZIN FÜR AMERIKANISTIK. Er verfaßte zuletzt die Bestseller „In der Wildnis die Freiheit – Der amerikanische Pelzhandel“ und „Sucht mein Herz in der Prärie: Jim Bridger, Mountain Man“.
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- Artikel-Nr.: SW9783945248218
- Artikelnummer SW9783945248218
-
Autor
Dietmar Kuegler
- Verlag Semitarius Verlag
- Veröffentlichung 28.04.2016
- ISBN 9783945248218
- Verlag Semitarius Verlag